Traumjäger und Goldpfote
von Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby
| 25. Mai 2012
Man kann sich eine Menge Gedanken darüber machen, welche Abenteuer Katzen erleben, wenn man einmal nicht so genau hinsieht. Manchmal hat man auch den Eindruck, in ihren Leben maximal eine untergeordnete Dienerrolle zu spielen. Tad Williams hat dieses Thema in seinem ersten Roman "Traumjäger und Goldpfote" verarbeitet und dabei eine ganz eigene Welt der Katzen erschaffen. Eine Welt, in der Menschen nicht die Krone der Schöpfung darstellen.
Fritti Traumjäger ist ein junger Kater, der - wie sein Name auch sagt - immer ein wenig seinen eigenen Phantasien hinterher jagt. Als jedoch immer mehr Katzen verschwinden und schließlich auch die von ihm angebetete Katze Goldpfote nicht mehr aufzufinden ist, fällt er eine folgenschwere Entscheidung. Er macht sich auf die Suche nach ihr, begleitet nur vom noch jüngeren Kater Raschkralle. Doch die Reise in die Fremde ist selbstredend kein Kinderspiel. Einer ersten Begegnung mit Eichhörnchen, die ein kompliziertes Schuld-Verhältnis zu Folge hat, muss sich Traumjäger mit älteren Katzen-Familien auseinandersetzen. Und schließlich versucht er zum Königshof vorzustoßen und dort eine Aktion zu erbitten, um das weitere Verschwinden treuer Gefährten zu verhindern. Doch nirgendwo findet er das, was er sucht, obwohl er viel über sich, die Welt und ihre (wahren) Legenden herausfindet. Lediglich die Fela Dachschatten will ihn in seinen Bemühungen unterstützen, war sie doch mit dem gleichen Anliegen an den Königshof herangetreten. Doch als er die Lande betritt, aus welcher die Gefahr stammt, muss er feststellen, dass diese noch weit größer als befürchtet ist. Doch in den Händen des Feindes wird aus einem mutigen Kater schnell ein kraftloser und schwacher Gefangener. Außer man schafft es, sich seine Ziele und Träume zu bewahren...
Wie viele Frühwerke von bekannten Autoren zeigt auch "Traumjäger und Goldpfote" bereits viel von dem Potenzial, das der Autor später entfalten konnte. Allerdings gibt es auch viele Kleinigkeiten, bei denen man beim Lesen genau weiß, dass er es später so sicher nicht mehr gemacht hätte. Dazu kommt, dass das Ende wahrlich überdimensioniert ist. Den Vergleich mit dem "Herrn der Ringe" zu ziehen ist zwar meist vermessen, aber auch hier ist der "Nachgang" eines Epos eindeutig zu üppig gelungen. Davon einmal abgesehen handelt es sich um eine spannende und unterhaltsame Geschichte, die mit zunehmender Länge auch deutlich brutaler wird. Wenn man zu Beginn noch glaubt hier kinderfreundliche Lektüre vorzufinden, wird man im letzten Drittel des Buchs eines deutlich Besseren belehrt. Auch die ersten Andeutungen von göttlichen oder zumindest gottähnlichen Widersachern, wie sie in späteren Romanen des Autors vorkommen, lassen sich bereits ablesen. Wer also noch nicht alle Werke von Tad Williams gelesen hat und sich für den Autor begeistern kann sowie das Buch noch nicht in einer früheren Version sein eigen nennt, sollte dennoch zugreifen. Denn die entworfene Katzenwelt mit all ihren eigenen Begriffen, ihrer Logik und ihren Umgangsformen ist ein eigenes Leseerlebnis. Dafür kann man bedenkenlos die knapp 23 Euro für eine formschöne Hardcover-Ausgabe investieren.
"Traumjäger und Goldpfote" war der erste Roman von Tad Williams. Vielleicht handelt es sich nicht um das Beste seiner Werke, doch die Erzählstimmung aus Katzenperspektive ist einzigartig. Und auch wenn man über einige kleinere Schwächen dieses Frühwerks hinwegsehen muss, ist das Gesamtergebnis doch sehr gut gelungen. Ein Buch das jeder Fan unbedingt in seinem Buchregal stehen haben sollte.
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