Shadowrun

Toxische Erlösung

von Sonja Rüther
Rezension von Stefan Cernohuby | 18. Januar 2020

Toxische Erlösung

Wenn man heutzutage von toxischen Elementen spricht, passiert das oft im Zusammenhang mit übertriebenem geschlechterspezifischem Verhalten. Dass Toxizität tatsächlich Giftigkeit bedeutet, gerät dabei fast in den Hintergrund. Sonja Rüther ruft dies in ihrem Roman „Toxische Erlösung“ aber wieder sehr eindringlich in Erinnerung. Das Werk, das in Hamburg, etwa 60 Jahre in der Zukunft, angesiedelt ist, liefert allen Fans klassischer Shadowrun-Romane neuen Lesestoff.

Es soll ein einfacher Job sein, zumindest relativ. Aydem, Glinda und ihr Team sollen einen Sarg bergen. Doch der Sarg erweist sich einerseits massiver als erwartet, andere Parteien sind ebenfalls interessiert und sie gabeln dabei gleichzeitig noch die Rabenschamanin Skirmish auf, die sich von dort mitnehmen lässt. Als der Schmidt – also ihr Auftraggeber – gleich einen lukrativen Folgeauftrag anbietet, bei dem sie dessen Tochter aus der Hand einer Sekte befreien sollen, wird schnell klar, dass sie dabei magische Unterstützung benötigen. Da scheint Skirmish wie gerufen zu kommen. Gemeinsam nehmen sie den Auftrag an, ohne sich überhaupt besser zu kennen. Das wird schnell zum Problem, denn Skrismish hat einen äußerst schwierigen Charakter. Sie stichelt, beleidigt, verletzt und ist nur bedingt teamfähig – unter anderem auch deshalb, weil jedes technische Gerät in ihrer Nähe unweigerlich den Geist aufgibt. Doch mit Geistern bekommen sie eine Menge zu tun. Nicht nur, dass die Sektenangehörigen mit allerlei toxischen Wesen jonglieren, das Team muss zwischendurch auch eine Party bei einer Voodoo-Gang überstehen. Und zusätzlich müssen Technikexpertin Glinda, Kampfexperte Aydem, Kunstmuskelpaket Puncher und Jungspund Buddy mit einer sehr streitbaren Schamanin zurechtkommen. Das wird zudem nicht einfacher, wenn unerwartet Gefühle zwischen Mitgliedern dieses Teams erwachen ...

Zu Beginn des Werks erlebt man kurz eine Schrecksekunde: Man hat kurz das Gefühl, als würde sich eine Szene aus einer der beliebtesten Rollenspiel-Persiflagen wiederholen, wo Charaktere an einem Ort des Bösen einen ihnen völlig unbekannten Wanderer treffen und diesen ohne weiteres Nachfragen einfach mitnehmen, im Wissen, dass es sich ohnehin um einen Spielercharakter eines Freundes handelt. Davon kann hier keine Rede sein, im Gegenteil. Misstrauen grassiert im Team wie ein Buschfeuer und wuchert wie ein bösartiges Krebsgeschwür. Gerade die Tatsache, dass Aydem offenbar ganz gut mit Skirmish zurechtkommt, belastet die Beziehung mit den anderen Teammitgliedern immer stärker. Dazu kommt, dass der Run weit schwieriger und gefährlicher ist, als alle zu Beginn erwartet haben. Unschuldige kommen ums Leben, aber auch das Team selbst vergießt Blut – und möglicherweise schaffen es nicht alle lebendig aus dem Sekten-Dickicht heraus. Das merkt man als Leser schnell.
Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Stimmung klassischer Shadowruns einzufangen. Eine wild zusammengewürfelte Gruppe zweifelhafter Charaktere mit komplett unterschiedlichen Talenten übernimmt einen Auftrag, der sie an ihre Grenzen führt, und darüber hinaus. Das Umfeld, die weiteren Begegnungen und auch immer die Frage im Hintergrund, ob das was sie tun, eigentlich das richtige ist, spielen stets eine Rolle. Ein Roman, den man ohne Probleme fortsetzen könnte, wenn er erfolgreich ist. Und eigentlich gibt es keinen Grund, warum er das nicht sein sollte.

Mit „Toxische Erlösung“ hat Sonja Rüther ihren ersten Shadowrun-Roman veröffentlicht. Ein Thema, das der Autorin bekannterweise sehr nahe liegt, hat sie doch viele Jahre einschlägiger Erfahrung im Bereich Pen&Paper-Rollenspiel vorzuweisen. Etwas, das sich gelohnt hat. Denn so konnte sie genau das liefern, was die Stammleserschaft erwartet: Spannung, Action, zwischenmenschliche Dramatik, Technologie, Magie und viel Schatten. Das zusammen ergibt den bisher besten bei Pegasus erschienenen Shadowrun-Roman, der insbesondere die Fans der ersten und zweiten Stunde begeistern kann.

Details

Bewertung

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