The Lovers

von Rod Nordland, Walter Kreye (Sprecher*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 03. Juni 2016

The Lovers

Vereinzelt dringen Berichte zu uns vor, in denen von mutigen Frauen die Rede ist, die gegen die Unterdrückung und Ungerechtigkeit ihrer Kultur kämpfen. Schon jeder hat von der Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai gehört oder Bibi Aisha, die vor ihrem gewalttätigen Mann flüchtete und der deshalb Nase und Ohren abgeschnitten wurden. Rod Nordland, Leiter des New York Times Büro in Kabul, hat in Afghanistan ein junges Paar getroffen, das sich über veraltete und frauenfeindliche Traditionen hinwegsetzt und seinen Weg geht. In "The Lovers" erzählt er die dramatische Geschichte, die uns als Hörbuchfassung vorliegt.

Zakia und Ali wachsen in einem Gebirgstal in Afghanistan auf. Als Kinder sind sie unzertrennlich, doch als Zakia zum Teenager heranwächst, wird ihr der Umgang mit anderen Männern außer ihrem Vater und ihren Brüdern verboten. Doch Ali und Zakia lieben sich und wollen heiraten. Ali gehört zu den Hazara und ist Schiite, während Zakia Tadschikin und Sunnitin ist. Somit stimmt Zakias Vater einer Heirat nicht zu. Lange Zeit treffen sich die beiden im Verborgenen, doch als die Familien dahinter kommen und dem Mädchen Gefahr droht, fliehen die beiden. Zakia versteckt sich in einem afghanischen Frauenhaus und eine heimliche Hochzeit wird in die Wege geleitet. Doch ihre Familie jagt sie, ebenso die Polizei. Schon lange geht es nicht mehr darum, Zakia nach Hause zu holen. Mittlerweile muss sie um ihr Leben fürchten, genauso wie Ali. Es beginnt eine Jagd quer durch Afghanistan. Mittlerweile sind auch Hilfsorganisationen und Menschen aus der westlichen Welt auf das Schicksal der beiden aufmerksam geworden und versuchen dem jungen Paar zu helfen.

In ihrer Heimat sind Zakia und Ali Helden. Das Pärchen, das sich über die Traditionen und Konventionen ihrer Familie und der Gesellschaft hinwegsetzt und auflehnt, geht unbeirrt seinen Weg. Dieser ist voller Hindernisse und Gefahren. Stets müssen sie auf der Hut vor der Rache von Zakias Familie sein. Denn mit ihrer Flucht hat sie Schande über ihre Familie gebracht, was nur durch den Ehrenmord gesühnt werden kann.
"The Lovers" ist die wahre Geschichte eines jungen Pärchens aus Afghanistan. Festgehalten wurde sie von einem Journalisten der New York Times, Rod Nordland. Er lernte das Paar zufällig kennen, veröffentlichte einige Artikel über sie und weckte damit das Interesse seiner Leserschaft. Er begleitete das Paar während seiner Flucht, stand ihm immer wieder mit Rat, Hilfe und Geldspenden zur Seite. Mit dieser Geschichte über das junge Paar gibt uns Rod Nordland aber auch einen tiefen Einblick in die Kultur und Gesellschaft Afghanistans. Zwar sind es nicht mehr die Taliban, die die Geschicke des Landes lenken, doch die festgefahrenen Strukturen und vor allem Traditionen sind nach wie vor vorhanden. Frauen mögen auf dem Papier mehr Rechte haben, tatsächlich sind sie noch immer Eigentum der Männer. Erst gehören sie den Vätern, dann ihren Ehemännern. Sie dürfen keine eigene Meinung haben, keine eigenen Wünsche und noch weniger Träume.
Diese Geschichte über zwei junge Menschen ist viel mehr als nur ein Bericht, die Schilderung zweier Schicksale. Diese Liebesgeschichte ist ein Hoffnungsschimmer. Natürlich wären die beiden ohne die zahlreiche Unterstützung privater Spender, Hilfsorganisationen und des Journalisten ganz gewiss nicht so weit gekommen, vermutlich schon viel früher ermordet worden. Doch sie gibt Kraft. Zakia und Ali hadern niemals mit ihrem Los, sie bereuen keinen Schritt, schauen nicht zurück. Zwar sind sie sich manchmal selbst im Weg, vergeben Chancen, verpassen Gelegenheiten und ruhen sich oft zu sehr auf der Arbeit und Hilfe des Journalisten aus, dennoch bedauern sie den Entschluss mit der Tradition gebrochen zu haben nicht.

"The Lovers" könnte man als afghanische Version von "Romeo und Julia" bezeichnen, mit dem Unterschied, dass in dieser Fassung die beiden Liebenden zueinander kommen, für ihr Glück kämpfen und ihren Weg gehen. Dieser ist ganz bestimmt nicht leicht, Tradition, Kultur und Religion sorgen dafür, dass sie gegen viele Hindernisse zu kämpfen haben. Doch es ist eine Geschichte, die viele Menschen berührt und bereits zum Nachdenken und Diskutieren bewogen hat. Man kann dem Paar für die Zukunft nur alles Gute wünschen.

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