Spricht jemand von Zombies, denkt man heute meist an umherschlurfende Untote, welche nach den Gehirnen lebender Menschen lechzen – oder möglicherweise auch nach anderem Fleisch. Ob langsam schlurfend oder schnell umherstreifend, die Muster sind ähnlich. Dass es für die verwesenden Toten dabei eine ganz andere Grundlage gibt, gerät jedoch gerne in Vergessenheit. In der Reihe „Die Comic-Bibliothek des Wissens“ bei Jacoby & Stuart möchte man das allerdings korrigieren.
Zombie vs. Zombi – Eine Abgrenzung
Das Buch arbeitet sich zuerst systematisch durch die Zeit. Von der aktuellen Beschäftigung der Materie über erfolgreiche Verfilmungen der Thematik Zombie bis zu historischen Quellen wird zunächst ein kompakter Überblick geboten, bevor man sich in die Comic-Thematik stürzt. Und auch da wird einige Seiten lang der moderne Zombie – oft entstanden durch Virenerkrankungen oder Laborexperimente – behandelt, bis klar wird, dass dieser etwas ganz anderes ist als der Zombi, der aus dem haitianischen Voodoo-Kult stammt.
Tot oder Untot?
Legenden von Menschen, die nach ihrem Tod wieder aufgestanden sind und weitergelebt haben gibt es viele. Auch in Haiti. Doch Leben und Tod sind dort direkt im Glauben verankert. Und jeder weiß, dass man in einen Zombi verwandelt werden kann. Sterben muss man dazu nicht unbedingt, denn der Tod funktioniert im Voodoo-Glauben anders. Man ist tot, wenn andere den eigenen Tod bezeugen. Und wenn man durch eine Vergiftung keine Lebenszeichen mehr zeigt, ist das durchaus möglich. Denn der Tod ist nicht das Problem. Eher wenn andere sich dazu entscheiden, dass man zum Zombi werden soll.
Verschiedene Arten von Zombis
Mehrfach im Buch wird erklärt, dass man das Konzept eines Zombi nur verstehen kann, wenn man einen Bezug zu Voodoo besitzt, das Buch schafft es jedoch trotzdem glaubwürdig die Konzepte optisch und textuell zu präsentieren. Dabei hilft Max Beauvoir, der seit den 1980-ern als Biochemiker und Voodoopriester sehr viel zum Verständnis der Materie beigetragen hat, unter anderem was die neuralen und Stoffwechselveränderungen angeht, die mit der Kontamination der verschiedenen Gifte einhergehen. Und sein Comic-Äquivalent (er selbst starb bereits 2015) erklärt die Konzepte – Vergiftung, psychische Erkrankung und Stellvertreter-Zombi sehr ausführlich.
Es ist spannend, wie gerade auf den letzten Seiten des Buchs erklärt wird, was Zombi in jeder anderen Gesellschaft bedeuten würde: der soziale Tod. Und auch die Brücke zu den gängigen Darstellungen von Zombies wird geschlagen, auch wenn diese einfach nicht sonderlich breit ist. Denn Darstellungen von Zombies in heutigen Medien haben so gut wie nichts mit den Zombi-Konzepten zu tun, auch wenn sie den gleichen Ursprung haben. Und letzterer wird hier sehr überzeugend erklärt.
„Zombie“ aus der Reihe „Die Comic-Bibliothek des Wissens“ stammt von Philippe Charkier und Richard Guérineau. Und auch wenn das Buch eigentlich den falschen Titel hat (besser wäre tatsächlich „Zombi“), macht es doch die Ursprünge des heutigen Verständnisses klar und zeigt, wie weit sich die Popkultur eigentlich vom Voodoo-Glauben in Haiti entfernt hat. Unaufgeregt, keineswegs effekthascherisch und toll illustriert. Das macht es leicht, für das Buch eine ernstgemeinte Empfehlung auszusprechen.
Details
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Originaltitel:Les Zombies. La vie au-delà de la mort
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Übersetzer*in:Edmund Jacoby
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Erschienen:04/2025
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Umfang:80 Seiten
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Typ:Hardcover
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ISBN 13:9783964282767
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Preis (D):14,00 €