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Weißer, feiner Sand, von Wellen sanft umspielt. Inmitten des strahlend blauen Himmels schickt die Sonne ihre Strahlen hinab zu den sich auf ihren Strandtüchern räkelnden Urlaubern. Diese und ähnliche Bilder hat man im Kopf, wenn von Urlaub am Meer die Rede ist. Oder von Urlaub auf Norderney. Fällt der Urlaub allerdings in den Oktober, dann wird das strahlende Blau zu trübem Grau und der warme Sonnenschein zu kaltem Regen. Genau jetzt, in dieser tristen Jahreszeit, tritt Familie Bundschuh ihren Urlaub in Richtung Norderney an. Ausspannen, abschalten, relaxen? Irrtum, denn "Von Erholung war nie die Rede", wie Andrea Sawatzki in ihrer zweiten Familienkomödie erzählt.

Gundulas Schwiegermutter Susanne hat bei einem Preisausschreiben gewonnen. Eine Reise nach Norderney. In das scheinbar glamouröse Hotel Vier Jahreszeiten. Doch die Freude über den Gewinn wird bald schon gedämpft, als Susanne die Bedingungen für den Reiseantritt erfährt. Sponsor ist ein Marmeladenhersteller, der mit einer glücklichen, urlaubmachenden Familie für seine Produkte werben möchte. Einer Familie, die zudem ein Inseltagebuch in Blogform schreibt, mit persönlichen Eindrücken, Erlebnissen und natürlich Fotos. So ist Susanne also gezwungen, ihren Sohn samt Schwiegertochter, Kindern und Hunden mitzunehmen. Herrliches, nicht enden wollendes Regenwetter heißt Familie Bundschuh auf Norderney willkommen. Den Kindern, die von Anfang an von der Reise nicht sonderlich begeistert sind, fällt schon bald die Decke auf den Kopf, die Hunde pinkeln in den Gummibaum der Hotellobby, Gundula wähnt sich von einem Mörder verfolgt, wie ihn Hitchcock nicht besser hätte skizzieren können, und Vater Gerald findet in einer Karaokebar seine wahre Bestimmung. Erholung sieht wahrlich anders aus und idyllischer Familienurlaub, wie ihn sich der westfälische Marmeladenhersteller vorgestellt hat, wohl auch.

Dem Leser jedoch wird leichte und seichte Unterhaltungskost in Form von vier Audio-CDs als ungekürzte Lesung geboten. Vorgetragen wird die regnerische Komödie von Autorin Andrea Sawatzki selbst. Allein damit hat das Werk schon alle Sympathiepunkte für sich, denn wer könnte eine Geschichte besser vortragen, als ihr Schöpfer, beziehungsweise ihre Schöpferin selbst? Keiner würde es besser verstehen, Szenen, Situationen und Ereignisse mit entsprechender Betonung so vorzulesen. Gleiches gilt natürlich auch für die handelnden Personen, allen voran Gundula, ihren Ehemann und natürlich die mehr oder wenige glückliche Gewinnerin Susanne. Besonders letztere ist der Autorin hervorragend gelungen - sowohl in charakterlicher Darstellung als auch in stimmlicher Umsetzung.
Wer jetzt gelangweilt aufrufen will, Familienurlaub, Norderney, mehr oder weniger erwünschte Anwesenheit eines Elternteils - das hatten wir doch alles schon, der möge sich bitte ganz schnell und vor allem schweigend hinsetzen. Denn mit diesen Attributen enden die Ähnlichkeiten auch schon. Andrea Sawatzki erzählt eine Familiengeschichte, die aus dem wirklichen Leben kommen könnte. Siebenundzwanzig Jahre Ehe, sehr eigenwillige Eheleute, dazu drei (wenngleich in dieser Geschichte nur zwei vorkommende) willensstarke Kinder, Streit über belanglose Kleinigkeiten, die Fokussierung auf die eigenen Wünsche mit lautstarkem Gejammer, das Gegenüber würde sich nie für die eigenen Probleme interessieren und nicht zuletzt eine aufgetakelte, exzentrische Schwiegermutter machen das Urlaubschaos nahezu perfekt. Da tut einem der Marmeladenhersteller fast Leid, der ja eigentlich darauf gehofft hat, mit diesem Gewinn seinen Produkten ein familienfreundliches Image zu verpassen. Aber nur fast, denn zu sehr ist man von den fünf Tibetern Susannes, den exorbitanten Zukunftsträumen Gundulas und den Abwegen Geralds abgelenkt. Auch wenn die hier dargestellte Familie stark überzeichnet scheint, spiegelt sie doch so manches wider, was sich auch in realen Familien zuträgt. Humor kommt dennoch nicht zu kurz.
Übrigens ist der Autorin auch die Wahl des Wetters hervorragend gelungen. Regen, Regen und noch mehr Regen. Im Hinblick auf den diesjährigen verregneten Sommers glaubt man fast, die Ereignisse tragen sich zeitgleich zu und nicht zwei Monate später. Daher kann man das Werk immer noch als witzige und amüsante Sommerlektüre bezeichnen, wenngleich sie eigentlich im Herbst spielt.