Antes de Morir

von Alexander Drews
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. September 2016

Antes de Morir

Verlassene Orte üben manchmal eine seltsame Anziehungskraft auf uns aus. Beinahe unversehrte Fassaden, die lediglich vom Zahn der Zeit gezeichnet wurden, und völlig intakte Maschinen, machen Geisterstädte besonders für Menschen mit Hang zum Morbiden interessant. Im Roman „Antes de Morir“ von Alexander Drews scheint es auch um einen derartigen in Spanien gelegenen Ort zu gehen. Zumindest zu Beginn des Buches...

Gerade noch quält sich die junge Reporterin Sandra mit einem Artikel über die Beschwerde eines Deutschen gegen die spanische Regierung wegen eines völlig nichtigen Grundes, da wird sie von ihrer Chefin Carmen mit einer anderen Aufgabe betraut. Mit ihrem Kollegen José, mit dem sie gemeinsam für ein deutschsprachiges Blatt in Spanien arbeitet, soll sie eine völlig neue Artikelserie starten. Und ihre Chefin hat bereits das erste lohnende Ziel im Auge – eine aufgegebene Bergarbeitersiedlung namens Tijodatantalas. Die Begeisterung der beiden hält sich in Grenzen, besonders da Sandra schon seit über einem Jahr in José verschossen ist, dieser aber offenbar Frauen unter 20 bevorzugt. Als sie nach etlichen Umwegen den Ort erreichen, ist dieser überhaupt nicht das, was sie erwartet haben. Er wirkt zum einen wie ein aufgegebener Teil einer Großstadt. Zum anderen treffen die beiden wider Erwarten noch Einwohner in der Stadt an. Diese sind zwar zurückhaltend und scheinen etwas zu verheimlichen, aber doch wirken sie fast alle bei guter Gesundheit. So lange, bis Sandra ein schreckliches Geheimnis aufdeckt und die ganze Angelegenheit mysteriös zu werden beginnt. Der Ausgangspunkt für die Hintergründe war wohl ein Minenunglück für über 50 Jahren.

Autor Alexander Drews bleibt bei seiner Begeisterung für Geschichten in Spanien und hat nach „Sagredo“ auch in „Antes de Morir“ Handlungsschauplätze mit mysteriöser Geschichte gewählt. Das Werk, dessen Name zu Deutsch in etwa „bevor du stirbst“ bedeutet, beginnt verheißungsvoll. Danach wird Die Handlung geheimnisvoll, als die beiden Protagonisten auf ein kleines Mädchen treffen, das offensichtlich noch vor Ort wohnt. Doch ab jener Stelle, an der es darum geht, das schreckliche Geheimnis aufzudecken, fällt das Buch leider ab. Denn weder gibt es einen effektvollen Paukenschlag, noch ein einschneidendes Erlebnis. Und auch der Schockeffekt bleibt aus. Die Charaktere stehen vor vollendeten Tatsachen. Sie akzeptieren die neue Prämisse und auch dem Leser bleibt nicht viel übrig, als die Wendung zu akzeptieren. Doch die folgenden Ereignisse, die sich beinahe mehr um die Einwohner der nahezu unaussprechlichen Siedlung zu drehen, als um die beiden Protagonisten, schaffen es nicht wirklich mehr, das letzte aus der Handlung herauszuholen und den Leser bis zum Ende zu fesseln. Insofern ist „Anres de Morir“ insgesamt leider nur durchschnittlich gelungen. Wer mysteriöse Rätsel an aufgegebenen Orten oder auch Bergwerke und die Geschichte von Bergwerksunglücken faszinierend findet, wird vermutlich hier nicht enttäuscht. Dennoch hätte das Werk noch mehr Potenzial gehabt, das unglücklicherweise nicht abgerufen wird.

„Antes de Morir“ ist ein im Amrûn Verlag erschienener Roman. Das in Spanien angesiedelte Werk, welches von einer verlassenen Bergwerkssiedlung berichtet, versucht einen Spagat zwischen mysteriöser Stimmung, Thriller und tatsächlichen Horrorelementen. Leider gelingt diese Gratwanderung nur eingeschränkt und die Handlung schafft es nicht, ihr eigentliches Potenzial zu entfalten. Insofern können wir das Werk leider nur als durchschnittlich bezeichnen.

Details

Bewertung

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