Dark Love

von Lia Habel
Rezension von Katarzyna Retzer | 29. Februar 2012

Dark Love

Mittlerweile werden Leser mit Liebesromanzen zwischen Menschen und untoten Vampiren oder haarigen Werwölfen überschüttet, aber wie sieht es mit Zombies aus? Dieser Frage ist Lia Habel nachgegangen und überrascht mit tiefen Einblicken in die "Seele" der augenscheinlich hirntoten, sabbernden Monster. Mit "Dark Love" ist ein Zombieliebesroman mit Steampunkelementen erschienen, der den Leser in ein neues Genre entführt.

2195, nach einer weiteren verheerenden Eiszeit, haben sich die Überlebenden um den Äquator neu angesiedelt. Die Erde hat nur begrenzte Ressourcen, somit ist der technische Fortschritt verloren gegangen. Auch der nutzbare Lebensraum ist stark geschrumpft, so dass die Menschen ihre Städte auch unterirdisch erweitert haben. Es haben sich zwei Gruppen herauskristallisiert. Auf der einen Seite gibt es die Anhänger der viktorianischen Ära, die dampfbetriebene Maschinen bevorzugen und auch auf die Umgangsformen der guten alten Zeit beharren. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die diese affektierte Lebensweise verweigern, die Punks. Beide Parteien sind einander nicht wohlgesonnen und stehen im dauernden Konflikt um Platz und Ressourcen. Die Arzttochter Nora lebt in einem Mädcheninternat in einer Scheinwelt, in der für die Mädchen nur eine gute Partie eine Rolle spielt. Als mutmaßliche Vollwaise lässt sie nur einen Menschen an sich heran, ihre beste Freundin Pamela, während sie sich gegen ihre gefühlskalte Tante behaupten muss. Als die Mädchen in den Ferien in ihre Heimatstadt zurückkehren, wird sie von halb verwesten Zombies angegriffen und in letzter Minute von einem Fremden gerettet und auf ein Schiff gebracht. Es stellt sich heraus, dass auch er ein Zombie ist, wie fast die gesamte Besatzung, die von einigen wenigen lebenden Ärzten in Schuss gehalten wird. Schritt für Schritt bekommt Nora einen Eindruck der wahren Verhältnisse auf der Erde. Es hat sich eine Seuche unter Punks und den Soldaten der neuviktorianischen Armee ausgebreitet, und ihr Vater, selbst eines der Opfer, ist noch immer auf der Suche nach einem Heilmittel. Dabei macht er mit den Punks gemeinsame Sache. Doch trotz aller Faszination für Bram, ihren Retter, wird das Leben äußerst kompliziert. Denn obwohl es einigen Zombies gelungen ist, sich nicht in rasende und mordende Monster zu verwandeln, sind andere völlig außer Kontrolle in Noras Heimatstadt eingefallen. Um die Menschen zu retten, die ihr noch geblieben sind, schließt sie sich Bram und seinen Gefolgsleuten an, lernt ihm zu vertrauen und - man berücksichtige den Titel - noch weit mehr als das.

Der Roman liefert eine gelungene Mischung aus Endzeitdrama und einer viktorianischen Liebesgeschichte. Obwohl der erste Gedanke an eine Romanze mit einem Zombie eher befremdlich ist, entwickelt sich diese sehr dezent und ohne kitschig zu erscheinen. Tatsächlich könnte sie für einen Leser, der sich für das Buch nur wegen der Liebesgeschichte interessiert, zu wenig ausformuliert sein. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt und verbindet Vergangenheit und Zukunft ohne den Leser zu verwirren. Vielmehr werden bei jedem Erzählerwechsel die Hintergründe der Zombieinvasion klarer. Die Handlung ist auch an mehreren Orten angesiedelt und bietet auch einen guten Einblick in die futuristische Welt und die Umstände, unter denen die Menschen leben müssen. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, auch die Nebencharaktere sind klar definiert. Vor allem Nora und Bram sind sehr sympathisch, sodass man an ihrem Schicksal stark Anteil nimmt. Zwar wird die Anatomie der Zombies sehr detailreich dargestellt, aber ohne allzu sehr unappetitlich zu werden. Darüber hinaus sind die Reaktionen der lebenden Menschen auf den Erstkontakt mit den Untoten sehr glaubhaft und nachvollziehbar. Gefühle und Interaktionen zwischen den Protagonisten wurden sehr gut aufgearbeitet und wirken weder platt noch aufgesetzt. Da sowohl die Idee einer Romanze mit einem Zombie als auch der Aufstieg einer postapokalyptischen viktorianischen Gesellschaft relativ neue Konzepte sind, liest sich das Buch spannend, ohne dass man das Gefühl bekommt, die Geschichte schon einmal gelesen zu haben. Das Ende ist offen, was darauf hoffen lässt, dass es eine Fortsetzung geben kann, die mehr Einblicke in diese interessante Gesellschaft, die genügend Ansatzpunkte für weitere Geschichten bietet, ermöglicht. Obwohl das Buch von der Entwicklung eines jungen, behüteten Mädchens zu einer selbstbewussten Frau, die ihr Leben in ihre eigene Hand nimmt, handelt, steht das Setting genauso im Mittelpunkt. Es liefert einem begeisterten Science-Fiction-Leser genauso interessanten Lesestoff wie einem Steampunkfan.

Mit "Dark Love" ist es Lia Habel gelungen, neue Konzepte gut umzusetzen, auch wenn die Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen und einem Zombie vorerst befremdlich wirkt. Doch die Romanze entwickelt sich nebenbei, im Vordergrund steht die postapokalyptische Welt, gespickt mit Steampunk- und Science-Fiction-Elementen. Der Roman ist spannend aufgebaut und wer schon lange literarisch auf der Suche nach etwas Neuem und Nichtdagewesenem ist, wird mit mutigen und interessanten Details überrascht.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2011
  • Umfang:
    512 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3492702198
  • ISBN 13:
    9783492702195
  • Preis (D):
    15,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung