Über die Beschaffenheit und Aggregatszustände unterschiedlicher Materialien werden mehr Worte verloren als oft erwartet. Zum Beispiel gibt es ungewöhnlich viele Aussagen über Blut, unter anderem dass Blut dicker als Wasser ist, aber trotzdem fließen kann. Ein neuer Roman von Anthony Ryan scheint dem ganz besonderen Saft noch weitere Fähigkeiten angedeihen zu lassen. So ist sein Titel "Das Lied des Blutes". Ob sich hinter diesem Titel ein spannender Roman versteckt, wollten wir näher untersuchen.
Kurz vor der Verurteilung eines gefürchteten Mannes, der in vielen Ländern unterschiedliche Namen besitzt, beginnt Lord Vernier, der kaiserliche Geschichtsschreiber, ein Gespräch mit demjenigen, der als Rabenschatten, Dunkelklinge und nicht zuletzt gar als Der Hoffnungstöter" bekannt ist. Dieser erzählt ihm von seinem Leben. Als Vaelin Al Sorna als Kind dem sechsten Orden übergeben wird, weiß er noch nicht, was das für ihn bedeutet. Es handelt sich um einen Kriegerorden, für den an erster Stelle die Verteidigung des Glauben und an zweiter Stelle die Verteidigung der Königslande steht. Dort wird er in langen Jahren in unterschiedlichen Kampftechniken geschult und lernt auch eine Menge anderer Dinge. Doch etwas unterscheidet ihn stets ein wenig von den anderen. Nicht erst, seit er zwei Leugner bei seiner Wildnisprüfung trifft - es handelt sich bei ihnen um Personen, die nicht nur an die geheiligten Toten, sondern an Götter glauben. Schon vorher hat er ein Gefühl in sich, das ihm bei schwierigen Entscheidungen zur Seite steht. Als ihn der König zu seinem Werkzeug erkoren hat und er mit gefährlichen Aufträgen durch die Lande reist, wird ihm das immer mehr bewusst. Doch er lernt erst spät, seine eigenen Fähigkeiten zu verstehen. Er ist einer von wenigen, der das Lied des Blutes hören kann, eine uralte magische Fähigkeit. Denn die Magie, die einst von einem nunmehr aufgelösten und vergessenen siebten Orden gehütet wurde, ist keineswegs verschwunden. Irgendwann kommt der Punkt, an dem Vaelin sich entscheiden muss, ob er seinen Befehlen gehorchen will oder doch auf seine innere Stimme hören.
Es mag sein, dass der Inhalt jetzt nicht unbedingt so klingt, als ob "Das Lied des Blutes" ein neuer Klassiker der Fantasyliteratur wäre. Den Unterschied macht jedoch der Klang des geschriebenen Wortes, denn die Art und Weise in der die einzelnen Episoden der Vergangenheit erzählt werden, ist äußerst spannend und fesselnd. Es gibt keine Szenen, in denen man schlecht unterhalten wird - einzig und allein die Abschnitte, die aus der Sicht des Buchs in der "Gegenwart" spielen, lernt man erst nach dem Lesen des restlichen Werks wirklich zu schätzen. Vom Stil und strukturellen Aufbau her ist das Werk relativ nahe an Patrick Rothfuss´ Reihe "Der Name des Windes" angelehnt. Doch wenn sich ein Erfolgskonzept bewährt hat und das Ergebnis noch nicht wirklich als Nachahmung bezeichnet werden muss, warum nicht? Tatsächlich ist "Das Lied des Blutes" sehr unterhaltsame Lektüre für all jene Fantasyfans, die dem einen oder anderen Waffengang nicht abgeneigt sind. Auch die Welt in der das Werk angesiedelt ist und der Ausklang, der eine Fortsetzung in etwa fünf Jahre nach den beschriebenen Ereignissen andeutet, macht Lust auf mehr. Daher können wir diesen Roman nach bestem Wissen und Gewissen empfehlen.
"Das Lied des Blutes" von Anthony Ryan ist nicht nur der erste Band der Reihe "Rabenschatten", sondern ein äußerst spannender, fesselnder und unterhaltsamer Fantasyroman. Mit gelungenem Aufbau, einem Protagonisten, mit dem man mitfiebert und einem Metaplot, der besonders Fans von "Der Name des Windes" liegen könnte, kann man das Werk zu einem der besten Fantasywerke, die in letzter Zeit erschienen sind, zählen. Man darf wirklich auf die Fortsetzung gespannt sein.
Details
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Band:1
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:10/2014
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Umfang:775 Seiten
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Typ:Hardcover
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ASIN:3608939253
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ISBN 13:9783608939255
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Preis (D):24,95 €