Der Herrscher des Himmels

von Barbara Goldstein
Rezension von Janett Cernohuby | 25. Januar 2009

Der Herrscher des Himmels

Autoren scheinen ein neues Spielfeld für Frauenromane gefunden zu haben. Wirft man einen Blick in die Abteilung "Historische Romane" wird man hier über Titel wie "Die Tatarin", "Die Kastratin", "Die Kardinälin", "Die Totenwäscherin", "Die Marketenderin", "Die Totenleserin", "Die Seidenweberin", "Die Glasbläserin", "Die Pilgerin" und und und stolpern. Titel, bei denen von Anfang an klar, ist, worum es geht: Eine Vertreterin des schwachen Geschlechts erlebt großes Unglück und versucht in einer frauenfeindlichen Welt ihren Weg zu gehen. Doch als Fan historischer Literatur, die sich nicht nur den unterdrückten und armen Frauen widmet, sucht man lange nach neuem, gutem Lesestoff. Umso erfreulicher ist es, nun auf ein Werk mit dem Titel "Der Herrscher des Himmels" zu stoßen.

Denn dieses Buch erzählt von Dschingis Khans Sohn Temur. Dieser ist bereits als junger Mann ein erfolgreicher Feldherr, der für seinen Vater einige Schlachten gewonnen und Feinde besiegt hat. Der letzte und gefährlichste Gegner Dshingis Khans, Dschamuga, ist ebenfalls dank Temurs Hilfe gefangen genommen und zum Tode verurteilt worden. Doch diese Hinrichtung wirft Fragen und Zweifel bei dem jungen Herrschersohn auf und so verlässt Temur heimlich das Lager und geht nach Chin, in die Stadt Zhongdu. Für einige Zeit kann er dort unerkannt leben und seine Freiheit genießen. Auch findet Temur hier seine große Liebe. Doch er ist nicht nur Dschingis Khans Sohn, er ist für diesen auch ein wichtiger Vertrauter und große Stütze. Und so dauert es nicht lange, bis Dschingis Khan ihn ausfindig macht und zu sich zurück bittet. Temur folgt dem Ruf und wird von seinem Vater, der sich mittlerweile zum Khakhan gemacht hat, ebenfalls in den Rang eines Khans erhoben. Temur regiert viele Jahre lang und ist dabei ein ebenso gerechter wie strenger Herrscher. Doch seine Sehnsucht nach der Freiheit und seiner Geliebten in Zhongdu lässt ihn nicht los. Immer wieder unternimmt er Reisen, versucht der erdrückenden Situation als Herrscher und Sohn des Khakhan zu entkommen. Doch in Temurs Händen liegt nicht nur das Erbe des mongolischen Reiches sondern auch die Entscheidung zwischen Frieden und Selbstverwirklichung.

Barbara Goldstein verspricht mit ihrem neuen Werk, auf den Spuren des großen mongolischen Herrschers zu wandeln und einen Einblick in diesen doch anderen Kulturkreis zu bekommen. Doch leider kann sie die Erwartungen nicht ganz füllen. Auch wenn die Ort der Handlung das mongolische Reich um 1200 und dessen Nachbarländer sind, schafft sie es nicht, den Leser nicht dorthin zu versetzten. Zu westlich klingen ihre Schilderungen von Personen und Begebenheiten, zu wenig überzeugen ihre Beschreibungen von täglichen Handlungen und Ritualen. Immer wieder fehlt es an mongolischer Atmosphäre.
Auch die Personen können nicht überzeugen. Der Protagonist, Dschingis Khans fiktiver Sohn Temur, wirkt zu modern, verständnisvoll und tolerant. Er erscheint eher wie ein aufgeschlossener Europäer unserer Zeit, als ein Herrscher aus dem 13. Jahrhundert. Dass es die Person Temur nicht gegeben hat, erklärt die Autorin im Buch angehängtem Personenregister. Sie bediente sich ihrer nur, um die Erzählung und geschichtlichen Fakten zusammenzuhalten.
Dschingis Khan wirkt eher dünn und farblos. Zwar ist er der große Herrscher, der sein Reich durch zahlreiche Eroberungen und Kriege immer weiter ausbaute, aber mehr erfährt der Leser nicht über ihn. Vielmehr begleitet er Temur auf seiner endlos scheinenden Suche nach Selbsterfüllung und Freiheit.
Was besonders auffiel, waren die Schreibweisen einiger islamischer Begriffe und Redewendungen. Dass die Autorin sich sehr genau über die Religion informiert hat, bevor sie das Buch schrieb, steht außer Frage. Doch oftmals war unverständlich, warum sie die Transkription arabische Namen und Redewendungen derart veränderte und sich nicht der allgemein verwendeten Schreibweisen bediente.

"Der Herrscher des Himmels" ist zwar ein Lichtblick unter den vielen weiblich orientierten historischen Romanen, jedoch gelingt es ihm nur mäßig zu überzeugen. Die Idee hinter dem Plot ist sehr gut und viel versprechend, die Umsetzung jedoch nicht ganz gelungen.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    01/2007
  • Umfang:
    780 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783404156092
  • Preis (D):
    8,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung