Wenn man von Legenden und Sagen spricht, kann man mit Sicherheit sagen, dass es niemals nur eine Version von ihnen gibt. Aus unterschiedlichen Quellen werden Ereignisse deutlich verschieden voneinander erzählt. So ist es kaum verwunderlich, dass es zum Thema Robin Hood einen weiteren Roman gibt. Dass dieser allerdings den Titel "Der Kreuzfahrer" trägt, mag den einen oder anderen Leser verwundern. Und auch dass es sich bei Angus Donalds Roman um die Fortsetzung von "Der Barde"" handelt.
Nachdem Robin der nunmehrige Earl of Locksley ist, hat er zwar viel mehr Macht und auch Geld, jedoch auch viel mehr Verantwortung. Und eine seiner wichtigen Aufgaben ist, dem König eine Armee bereitzustellen, wenn Richard Löwenherz gedenkt, seine Pilgerfahrt ins heilige Land anzutreten. Als es dann jedoch zu Finanzierungsproblemen kommt, muss Alan von Westbury, persönlicher Freund und Barde von Locksley, ihn dabei unterstützen an Geld zu kommen. Doch bei ihrem jüdischen Freund erwartet sie eine Menge aufgehetzter Christen, die danach trachten alle Juden zu töten. Zwar schaffen sie es den Geldverleiher Reuben zu retten, verlieren dabei jedoch dessen Tochter Ruth.
Dadurch ist der erste Teil der Reise gerettet. Doch zahlreiche Mordversuche gegen Alans Herren lassen die nächsten Abschnitte zu einer Tortur werden. Messina, Zypern und schließlich das heilige Land - Blut und Tod begleiten jeden ihrer Schritte. Zudem hat Robin eigene Pläne und schert sich nicht um die Christenheit. So versucht er in erster Linie sein Überleben und seinen Gewinn zu sichern. Dies hat tödliche Folgen, sogar für einige Verbündete. Und wieder einmal wird klar, was er tatsächlich für einen Charakter hat. Denn er ist alles andere als ein Held. Als schließlich Akkon erobert wird und die Arme gegen Saladin in die Schlacht zieht, geht es nicht nur um Sieg und Ehre, sondern auch ums nackte Überleben.
Angus Donalds erster Roman, der hierzulande als "Der Barde" erschienen ist, hat Robin Hood als selbstsüchtigen, unmoralischen Mann dargestellt, der mehr oder weniger durch Zufall Gutes getan hat - eben weil es ihm dienlich war. Offenbar war ein weiterer Roman in dieser Ausrichtung erwünscht und so hat der Autor das Gedankenexperiment verfolgt: "Was wäre, wenn Robin, als Adeliger der er nun mal war, Richard Löwenherz in den Kreuzzug begleitet hätte?". Zugegeben, ein Gedankenexperiment, das einigen Reiz verspricht. Leider ist es nur stellenweise gelungen. Viele Situationen sind einfach zu Klischeebehaftet. Die Befreiung der Juden, der immer wiederkehrende Bösewicht, die vielen Attentatsversuche. Und letztendlich ist das finale Drittel des Romans eine wilde Aneinanderreihung von Schlachten, Scharmützeln und persönlichen Auseinandersetzungen. Und darüber hinaus gibt es noch einen Schuss vor den Bug des historisch ein wenig versierten Lesers, als Richard Löwenherz den Protagonisten, Alan von Westbury als "Blondel" zu bezeichnen beginnt. Denn laut der "Blondel-Sage" war er es, der Richard Löwenherz Jahre später aus seiner Gefangenschaft in einer österreichischen Burg befreite. Hier ist entweder noch ein dritter Teil geplant oder der Autor wollte einfach eine Anspielung auf den Tisch bringen. Insgesamt bleibt der Roman leider zu durchschnittlich um wirklich zu überzeugen - das hat er mit seinem Vorgänger gemein. Für unter 10 Euro ist der Kaufpreis allerdings trotzdem angemessen.
Auch wenn "Der Kreuzfahrer", der zweite "Robin Hood"-Roman von Angus Donald, nicht wirklich überzeugen kann, stimmt eines doch bestimmt: Das Preis-Leistungsverhältnis für einen durchschnittlichen historischen Abenteuerroman mit einer alternativen Auslegung der Geschichte. Leser die sich mit jener Art Lektüre anfreunden können, tätigen hiermit sicherlich keinen Fehlkauf.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:05/2012
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Umfang:496 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ASIN:3426503719
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ISBN 13:9783426503713
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Preis (D):9,99 €