Der Narr

von Stefan Papp
Rezension von Stefan Cernohuby | 09. Dezember 2012

Der Narr

Narren begegnet man heute eher selten. Entweder auf mittelalterlichen Märkten oder in Büchern und Filmen, wo sie lautstark angewiesen werden, zurück zu bleiben. Natürlich sind sie auch als Teil eines Tarots bekannt oder als "Joker" Teil von Kartenspielen und Comics sowie ihren Verfilmungen. Wie jedoch jemand, der gänzlich nichts mit der Materie zu tun hat, in eine solche Rolle hinein wächst, behandelt das Romandebüt des österreichischen Autors Stefan Papp, welches den Titel "Der Narr" trägt.

Sam ist nicht nur Student und Nerd, er hegt auch eine Vorliebe für lange, durchzechte Nächte. Er ist es gewohnt, dass ihm dabei zumeist ein paar Stunden der Erinnerung fehlen. Doch als er nach einer Nacht, die der durch Zufall mit einer Reenactment-Truppe verbracht hat, mit einem blutigen T-Shirt aufwacht, hat er gleich den Verdacht, dass etwas nicht in Ordnung ist - zudem es sich nicht um sein eigenes Blut handelt. Schnell stellt sich heraus, dass die Tochter eines mächtigen Industriellen ermordet wurde und er ist selbstverständlich einer der Hauptverdächtigen. Doch noch während er selbst erste Nachforschungen aufzunehmen beginnt und dabei auf eine Hexe stößt, die sich selbst "Nimue" nennt, setzen sich schon andere Parteien in Bewegung. Allen voran ist der übergewichtige und eigensinnige Wiener Chefinspektor Remmel mit seiner Partnerin, doch auch ein Auftragskiller macht sich auf den Weg, um für jemand anders Rache zu üben...
Während seiner Versuche, Licht ins Dunkel jener durchzechten Nacht zu bringen, muss sich Sam völlig neuen Welten stellen. Historische Clan-Strukturen, heidnische Götteranbetung magische Rituale sind nur ein Teil. Denn auch ein russischer Mäzen mischt im Chaos mit. Kann Sam es schaffen, die Ermittler von seiner Unschuld zu überzeugen, sich selbst entlasten, einem Mörder entkommen, seine Erinnerung wiederfinden und dabei Schüler eines Magiers werden? Soviel soll verraten werden, nicht alles wird ihm gelingen.

Grundsätzlich ist ein Thriller ein relativ einfaches Genre. Es passiert etwas Spannendes bis Grusliges in austauschbarem Milieu, dann kommt ein origineller Ermittler und löst die Angelegenheit auf. Wie ein Krimi, nur handfester.
Sollte man zumindest meinen. Stefan Papp schafft es in seinem Erstling eine Mischung aus beinahe-historisch-mystischem Drama mit einem hoffnungslos "nerdigen" Protagonisten, einem (beinahe) hoffnungslos altmodischen Chefinspektor und einer Unzahl an Seitenhieben an verschiedene Genres und ihre Archetypen zu kombinieren. Nicht nur die Kapitelzitate, die von den "Simpsons" über historische Aussagen bis hin zu Crowley und "Star Wars" reichen, sind bemerkenswert. Nein, auch die schier unglaubliche Anzahl an Seitenhieben gegen und Anspielungen auf verschiedene Genres, ihre Klischees und ihre Helden, welche hauptsächlich aus dem Mund des widerwilligen Protagonisten kommen (der offenbar einem Experiment von Dionysos und Athene zum Opfer gefallen ist) verleihen dem gesamten Werk eine zusätzliche Ebene. Diese macht das Buch zu gleichermaßen realistischer wie auch unrealistischer. Ersteres deshalb, weil man tiefer in die Gedankengänge eines Charakters eintaucht und dessen seltsame Assoziationen hautnah miterlebt. Letzteres jedoch, weil man sich trotz aller Treue den eigenen schlechten Angewohnheiten gegenüber doch fragt, ob man diese in einer extremen Belastungssituation so durchziehen könnte. Insgesamt kann man jedoch festhalten, dass "Der Narr" von Stefan Papp eines ganz bestimmt nicht ist, nämlich langweilig. Die eigentliche Zielgruppe des Romans festzulegen, könnte da schon schwerer fallen. Erstaunlich und gleichzeitig erfreulich ist, dass sich ein deutscher Verlag an eine derartig "österreichisch" geprägte Lektüre gewagt hat.

Stefan Papp hat sich mit seinem Romandebüt "Der Narr" an einen Thriller gewagt, der mit zahlreichen Hommagen an und Seitenhiebe gegen andere Genres und ihre Klischees versehen ist. Neben schrulligen Charakteren kann man in diesem Werk noch Ausflüge ins Okkulte unternehmen, tief in verquerte Gedankenwelten eindringen und zu guter Letzt noch die eher ungewöhnliche Aufklärung eines Mordes miterleben. Ein Buch, das man ohne Bedenken empfehlen kann.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2012
  • Umfang:
    384 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3943408094
  • ISBN 13:
    9783943408096
  • Preis (D):
    14,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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