Die Herrin der Zeit

von Sina Beerwald
Rezension von Janett Cernohuby | 14. April 2009

Die Herrin der Zeit

Zeit ist Geld - ein kostbares Gut also. So ist es kein Wunder, dass Uhren mittlerweile schon eine Selbstverständlichkeit darstellen; sie sind unsere ständigen Begleiter, ohne dass wir es bewusst bemerken. Vor einigen Jahrhunderten war dies noch nicht so. Da waren Uhren zwar nicht minder wichtig, doch gleichzeitig auch ein Zeichen von Luxus. Obendrein nahmen sie eine sehr wichtige Rolle in der Seefahrt ein. Denn es war ein Uhrmacher, dessen Erfindung schließlich die Bestimmung des Längengrades ermöglichte. Oder besser gesagt eine Frau, wie man in Sina Beerwalds historischem Roman "Die Herrin der Zeit" nachlesen kann.

Das britische Königshaus hat ein hohes Preisgeld für denjenigen ausgesetzt, dem es gelänge, auf hoher See den Längengrad zu berechnen und somit die genaue Position eines Schiffes zu bestimmen. Doch dies ist für Merit Paulsen noch völlig irrelevant, als ihr Mann sich entschließt, zur See zu gehen. Die Familie benötigt dringend Geld, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Doch die Seereise steht unter keinem guten Stern und Merits Mann findet bald schon den Tod. War das Leben für die junge Frau und Mutter schon bisher nicht einfach, entwickelt es sich nun im Hause ihrer Schwiegermutter zu einem Alptraum. Gleichzeitig reift in Merit der Gedanke, eine Uhr herzustellen, welche nicht nur auf See fehlerlos funktioniert, sondern mit der man auch den genauen Längengrad berechnen kann. Motiviert begibt sie sich mit ihrer einzigartigen Idee nach Greenwich, um dem Komitee dort ihre Erfindung vorzustellen. Doch wird man dort einer Frau Gehör schenken?

Der Roman beginnt sehr interessant und vielversprechend. Sehr überzeugend schildert Sina Beerwald den Alltag auf hoher See, mit all seinen Strapazen und vor allem der Ungewissheit über die genaue Position. Sie schildert die Ängste der Seefahrer, die Sehnsucht nach den Daheimgebliebenen und die Grausamkeit der Kapitäne. Ähnlich stellt sie den Lesern auch die Protagonistin Merit Paulsen vor, die bald schon den Tod ihres Mannes auf See betrauert. Da der Leser über die genauen Ereignisse auf See bescheid wusste, kann er Merits Schmerz sehr gut nachvollziehen und ist ebenso erschüttert von dem Schicksal. Er spürt wie die junge Witwe die Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung über ihre Lage, schöpft aber wie sie neuen Mut, als sie der Kommission in Greenwich ihre Erfindung präsentieren möchte. Ihr Weg ist nicht einfach, sie muss nicht nur gegen die Vorurteile und Zwänge ihrer Zeit kämpfen, sondern auch gegen Neider und Widersacher.
So interessant das alles noch klingen mag, je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr verliert die Autorin das Geschick, dem Roman Leben und Spannung einzuhauchen. Obwohl sie einerseits Alltagsleben, Orte und Personen sehr genau schildert, verliert sie sich oftmals in Farblosigkeit. Bereits die beiden Handlungsorte - Hamburg und London - wirken auf den Leser wie Abziehbilder. Sie wurden so glanzlos geschildert, dass man sich eigentlich in jeder anderen großen Stadt Europas befinden könnte. Auch bei der Darstellung der Charaktere lässt sich eine gewisse Einseitigkeit erkennen. Zweifellos sind alle Personen sehr gut und ausgearbeitet, dennoch konzentrierte sich die Autorin dabei merklich nur auf die positiven Figuren. Die Gegenspieler sind fast schon stereotyp dargestellt. Durchtrieben bis ins Mark, rachsüchtig, intrigant und manchmal einfach zu leicht für den Leser zu erkennen. Dies mindert den Lesespaß, wodurch das Buch nur noch als durchschnittlicher Unterhaltungsroman bezeichnet werden kann.

Zusammengefasst ist Sina Beerwald mit "Die Herrin der Zeit" ein interessanter historischer Roman über die Pioniere der Uhrmacher und die Bestimmung des Längengrades gelungen. Trotz guter Ideen und eines spannenden Plots, wird gerade durch die zu offensichtliche Charakterzeichnung der Lesespaß gemindert. Daher kann das Buch zwar Liebhabern historischer Frauenromane empfohlen werden, reicht jedoch nicht über das Prädikat "Mittelmaß" hinaus.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2009
  • Umfang:
    527 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783453470859
  • Preis (D):
    8,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
    Keine Bewertung
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung