Die Menschenleserin

von Jeffery Deavers
Rezension von Janett Cernohuby | 25. Januar 2009

Die Menschenleserin

Gerichtsmediziner, Pathologen oder forensische Anthropologen sind aus Thrillern heute kaum noch wegzudenken. Es reicht Lesern nicht mehr, einem Ermittler bei der Aufklärung eines Gewaltverbrechens über die Schulter zu sehen. Sie wollen auch daran teilhaben, wie die Spezialisten im Hintergrund arbeiten. Jeffery Deavers bringt nun eine Berufsgruppe ins Spiel, der bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde: kinesische Analytiker. Kathryn Dance heißt die Heldin seines Romans "Die Menschenleserin", welche eben jenen Beruf ausübt.

Vor acht Jahren löschte der Psychopath Danielle Pell, der auch Mansons Sohn genant wird, eine ganze Familie aus. Lediglich die neunjährige Tochter überlebte durch einen Zufall das Verbrechen. Seither sitzt Pell im Hochsicherheitsgefängnis, wurde aber zur Klärung eines anderen Mordfalls vorübergehend in ein anderes Gefängnis überführt. Die Verhörspezialistin Kathryn Dance wird hinzugezogen. Sie soll herausfinden, ob Pell den Ermittlern hier eine Lügengeschichte auftischt oder ob er wirklich hinter dem bisher ungeklärten Mord steckt. Zu spät erkennt Kathryn die nahezu perfekte Maskerade des Psychopathen und kann seinen Fluchtversuch nicht aufhalten. Nun heißt es, den geflohenen Sträfling zu finden, bevor er sein Werk von vor acht Jahren zu Ende bringen kann. Doch das ist gar nicht so leicht, hat Pell seinen Plan bis ins kleinste Detail ausgefeilt und jede Schwäche der Beamten zu nutzen gewusst. Er treibt ein mörderisches Spiel mit den Ermittlern, in dem Kathryn sogar um das Leben ihrer eigenen Kinder fürchtet. Fieberhaft arbeitet das Team von Ermittlern, um Pell zu finden. Doch dieser scheint deren nächste Schritte schon im Voraus zu ahnen und zieht seine blutige Spur durch das Land. Um den Psychopathen endlich zu fassen, muss Kathryn Dance tief in dessen Psyche eintauchen. Ein gefährliches Unterfangen...

Mit seinem Werk "Die Menschenleserin" begibt sich Jeffery Deavers in die Welt der Profiler und Kriminalspezialisten. Doch dieses Mal schaut der Leser nicht den Gerichtsmedizinern über die Schulter, sondern kinesischen Analytikern. Der sehr spannende und fesselnde Roman ist gespickt mit zahlreich recherchierten Kinesik-Erläuterungen und Wissen aus diesem Fachgebiet. Der Autor ermöglicht seinen Lesern einen Einblick in die Arbeit dieser Spezialisten und zeigt ihnen, anhand welcher Merkmale und Verhaltensarten was zu erkennen ist. Jedoch muss man hier hinzufügen, dass sich der Autor stellenweise zu sehr in eben diesen Erläuterungen verliert, so dass sich der eine oder andere Leser stellenweise langweilen könnte. Trotzdem ist der Roman ein guter Thriller, besonders für Leser, die gerne zu etwas anspruchsvollere Werken greifen.
Die Geschichte ist gut durchdacht und die Handlung raffiniert aufgebaut. Der Autor hält sich zu Beginn nicht mit langen Vorreden auf. Das einleitende Kapitel gibt einen guten Abriss über den grausamen Mord, so dass der Leser sofort in die rasanten Ereignisse einsteigen kann. Immer wieder wartet der Autor mit überraschenden Ereignissen und Wendungen auf, was eine atemlose Spannung nach sich zieht. Somit bleibt das Buch von der ersten bis zur letzten Seite packend und mitreißend.
Auch die Handlungsfiguren, allen voran Protagonistin Kathryn Dance, sind realistisch ausgearbeitet. Kathryn ist Spezialistin auf ihrem Gebiet und der Leser merkt schnell, dass ihr kaum einer das Wasser reichen kann. Allerdings bringt dies auch den Nachteil, dass sie zu einer glatten Überheldin wird, mit einem extrem hohen Sympathiefaktor. Dies hätte nicht unbedingt sein müssen, da sehr viele Romane des gleichen Genres bewiesen haben, dass Helden durchaus ihre Schwächen haben dürfen, um menschlicher zu sein.
Das wohl größte Manko ist mal wieder dem deutschen Verleger zuzuschreiben. Warum müssen eigentlich alle neuen Romane irgendetwas Weibliches im Titel tragen? Warum kann man nicht einfach den Originaltitel übersetzen und auch die deutsche Ausgabe so benennen? Ist es denn so schlimm, wenn ein Buch mal nicht den (mittlerweile nervigen) Klischeetitel erhält? Vermutlich. Aber vermutlich wird so ein breites Publikum einen großen Bogen um das Buch machen, da man mit solchen Werken eher schnulzige Romanzen verbindet.

Doch abgesehen davon ist "Die Menschenleserin" ein sehr packender Thriller, der zudem erahnen lässt, dass es zukünftig weitere Bände mit und über Kathryn Dance geben wird. Überraschende Wendungen, die atemlose Jagd nach einem Psychopathen und überzeugende Charaktere machen das Werk trotz dem einen oder anderen Schönheitsfleck zu einem empfehlenswerten Roman.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2008
  • Umfang:
    544 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783764502836
  • Preis (D):
    19,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung