Auf unserem Planeten gibt es eine ganze Menge großer Städte. Einige von Ihnen sind historisch bedingt gewachsen, die Entwicklung anderer wurde penibel am Reißbrett geplant. Wieder andere wuchern heute noch wie Unkraut und werden zu völlig unübersichtlichen Gebilden, deren Ausmaße unbekannt sind und sich in alle drei Dimensionen erstrecken. Um eine Stadt, die immer wieder auf sich selbst neu errichtet wurde und deren Geschichte schon lang vergessen wurde, dreht sich Stella Gemmels Roman "Der Moloch".
Die Cité existiert schon seit vielen Jahrhunderten. Beinahe so lange führt sie bereits auch Krieg mit anderen Ländern. Auch wenn viele der Einwohner schon fast daran glauben, dass es außerhalb der Stadtmauern nichts anderes gibt, ist dem nicht wirklich so. Zudem verfällt die Stadt, der unübersichtliche Moloch mit nahezu unendlich vielen Schichten, immer mehr. Da die Mächtigen irgendwann die Instandhaltung vieler Gerätschaften schleifen ließen, löst sich der Untergrund der Stadt - allem voran das genial entworfene Abwassersystem - langsam aber sicher auf. Der Grund für den Niedergang ist für viele Kritiker der Kaiser, ein offenbar nahezu unsterblicher Mann, der offenbar nur am Erhalt der eigenen Machtbasis interessiert ist, nicht am Wohl des Volkes. Schon oft haben Einzelpersonen oder Verschwörer versucht, den Kaiser und seine Vertrauten zu stürzen, doch stets scheiterten sie. Nun aber sind es mehrere verschiedene Personen, die eigentlich keinen politischen Vorteil im Tod des Kaisers sehen, sondern einen alten Schwur aus ihrer Kindheit einhalten wollen. Unterstützt werden die Verschwörer nicht nur von einem Mann, den alle längst für tot halten, sondern auch durch feindliche Fraktionen, die endlich gegen die Cité triumphieren wollen. Und doch steht die Situation auf Messers Schneide, und nicht nur, weil die Vertrauten des Kaisers über übermenschliche Fähigkeiten verfügen.
Autorin Stella Gemmel ist vor diesem Roman erstmals bei der Fertigstellung des letzten Romans ihres verstobenen Mannes David Gemmel in Erscheinung getreten. Nachdem sie die "Troja"-Trilogie überraschend souverän zu Ende gebracht hat, scheint in ihr der Wunsch erwacht zu sein, auch selbst phantastische Werke zu verfassen. "Der Moloch" - im englischen Original "The City" - stellt mit seinen über 700 Seiten jedoch ein ziemlich ambitioniertes Projekt dar. Fast ein wenig zu ambitioniert, möchte man bemerken. Denn obwohl die Geschichte der Stadt sehr lang ist und auch einige der Charaktere ein überaus langes Leben führen, gelingt es dem Leser nicht, in die Tiefe der Hintergründe einzudringen. Zu viele der angedeuteten Ereignisse werden nur angedeutet, aber niemals richtig erklärt. Auch die vielen Zeitsprünge, welche die Autorin einbaut, helfen nicht wirklich, den roten Faden der Handlung besser erkennen zu lassen. Wenn in einem Kapitel einer der Protagonisten aus einer Festung flieht, um im nächsten Kapitel bereits Kommandant einer Einheit zu sein, hat man das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Das passiert nicht einmal, sondern mehrfach. Dennoch, allen Kritikpunkten zum Trotz, fühlt man mit den gut angelegten Charakteren des Buchs und möchte wissen, wie die Geschichte um sie endet. Insofern vermag das Buch den Leser doch zu fesseln. Es handelt sich somit um einen soliden Fantasyroman, dem es aber noch nicht gelingt, sich aus der Menge der existierenden Romane abzusetzen.
Stella Gemmels Romanerstling "Der Moloch" schafft es nicht ganz, sich mit den Werken ihres verstorbenen Ehemanns David zu messen - noch nicht. Doch obwohl der Roman nicht zu den herausragenden Werken des Genres zähle, vermag er dennoch den Leser zu fesseln. Insofern kann man das Buch dennoch empfehlen und auf weitere Romane hoffen, in welchen sich die Autorin durchaus noch steigern könnte.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:02/2014
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Umfang:736 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ASIN:3442269539
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ISBN 13:9783442269532
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Preis (D):14 €