Nach strenger Auslegung des Begriffs gibt es heutzutage eine ganze Menge Dinge, die von Gläubigen als „gottlos“ zu bezeichnen sind. Killerspiele, Gangster-Rap und die freie Marktwirtschaft wären nur einige wenige Beispiele. Geht es allerdings in die Welt der Krimis, findet man eine noch weitaus breitere Palette an bösen Handlungen, schreibt doch der Herr vor, dass man sich von Verbrechen aller Art tunlichst fernhalten sollte. Daher heißt der fünfte Roman der „Grant-County“-Reihe von Karin Slaughter „Gottlos“.
Tatsächlich dürfte Gott relativ weit weggewesen sein, als die junge Abby in einem Sarg mitten im Wald bei lebendigem Leib begraben und danach auch noch vergiftet wurde. Nachdem Sara und ihr Vielleicht-Bald-Nicht-Mehr-Ex-Mann Jeffrey zufällig auf den Sarg stoßen, beginnen sie sofort nachzuforschen. Die Fährte führt zu einer Art Rehabilitationsfarm, auf der ehemalige Verbrecher, Vagabunden und andere zwielichtige Gestalten einen Neuanfang starten oder einfach nur für drei Mahlzeiten am Tag arbeiten können. Die tiefe Religiosität der Leiter der Farm lassen alle Ermittler misstrauisch werden. Geschehen hier Verbrechen im Namen des Herrn?
Aber nicht nur die schrecklichen Vorfälle um die Farm belasten die Stimmung im Buch. Die Ermittlerin Lena wird von ihrem Freund geschlagen, was schließlich und endlich auch ihren Kollegen auffällt. Zudem muss Jeffrey Sara beichten, dass er sich bei seinem einzigen Seitensprung in ihrer ersten Ehe möglicherweise mit Hepatitis angesteckt hat. Etwas, was Sara als Ärztin (und Sexualpartnerin) verständlicherweise nicht gerade euphorisch aufnimmt. Doch um darüber nachzudenken bleibt den Akteuren kaum mehr Zeit, denn es kommt Schlag auf Schlag. Ein zweites Mädchen wird vermisst und alles deutet darauf hin, dass es auf der Farm nicht mit rechten Dingen zugeht...
Ein Alptraum, vor dem vermutlich jedem graut, nämlich lebendig begraben zu werden, lieferte den Grundgedanken für das Werk. Keine schlechte Idee, jedoch kann darauf allein keine überzeugende Handlung aufgebaut werden. Denn diese ist sprunghaft, wirkt wenig ausgereift und lässt viele Erzählfäden grundlos im Nichts enden. Dazu kommen noch zahlreiche Klischees, die bis zum Ende ausgekostet werden müssen. Der dumme amerikanische Mann, der nicht einmal weiß, was Hepatitis ist, geschweige denn, wie sie übertragen wird. Unschuldige Schönheiten vom Lande, Glaubensfanatiker, verbrecherische Anwälte und zeitlebens unterdrückte Ehefrauen, die erst kurz vor ihrem Tod aufbegehren. All diese Ingredienzien findet man in diesem Roman - und mehr.
Die Geschichte lebt sehr von ihren Protagonisten, darunter leidet aber leider die Handlung sehr stark. Ein Junge wird umgebracht und obduziert, danach kommt er nie wieder vor.
Ein leerer Sarg gleicher Bauart wie der erste wird entdeckt, darin befinden sich menschliche Ausscheidungen. Diesbezügliche Untersuchungsergebnisse kommen nicht vor.
Den halben Roman warten die beiden Hauptdarsteller auf eine Blutanalyse wegen Hepatitis - wobei nie klar wird, um welche Art es sich eigentlich handeln soll.
Wer die ersten Bände der Reihe um Jeffrey und Sara gelesen hat, wird hier vermutlich wieder zugreifen. Dies kann auch getrost getan werden, da der Roman leidlich unterhaltsam ist. Mehr allerdings auch nicht. Trotz des einigermaßen brisanten Themas rund um eine erzchristliche Organisation, weiß die Handlung an keiner Stelle vollends zu überzeugen. Quereinsteiger werden hier vermutlich eher enttäuscht sein. Somit kann „Gottlos“ von Karin Slaughter nur bedingt empfohlen werden.
Der fünfte Band aus Karin Slaughters „Grant-County“-Reihe dürfte für viele Leser ein Muss sein. Jedoch ist das Buch bei weitem nicht so spannend und gelungen, wie es die Vorgänger waren. Mancher Leser wird vermutlich enttäuscht werden, empfohlen werden kann es allerdings nur Liebhabern der Hauptpersonen. Denn die Handlung kann nicht wirklich überzeugen.
Details
-
Originaltitel:Faithless
-
Band:4
-
Erschienen:11/2024
-
Umfang:480 Seiten
-
Typ:Taschenbuch
-
ISBN 13:9783365008355
-
Preis (D):14,00 €