Große Ärsche im Klassenzimmer


Eine Grundschulmutter schlägt zurück

Rezension von Janett Cernohuby | 22. September 2016

Große Ärsche im Klassenzimmer

Es hat schon einen guten Grund, warum immer nur Kinder gefragt werden, ob sie sich auf die Schule freuen, und nie ihre Eltern. Denn diese würden vermutlich statt mit einem ja (oder nein) mit einer langen Liste von Zweifeln und Sorgen antworten. Ganz oben würden auf dieser ganz klar Bedenken an jeglichen Schulen, an allen Lehrern und deren Qualifikationen stehen. Glauben Sie nicht? Dann sollten Sie ruhig mal einen Blick in "Große Ärsche im Klassenzimmer" werfen, ein Buch, in dem eine Grundschulmutter mit allen abrechnet.

Wenn wir von allen sprechen, sind auch wirklich alle gemeint. Der Einzelhandel, der nur stereotype Schulranzen in Mädchen-rosa mit Glitter und Feen oder Jungs-dunkel mit Ninja, Star Wars oder Totenkopf-Motiven anbietet. Hersteller von Schultüten, die ihre Produkte jenen Schulranzen anpassen. Als nächstes stehen die Schulen auf der Liste. Schulen, die noch völlig untaugliche Eltern dazu verpflichten, ihre Sprösslinge, die von jeglicher Selbstständigkeit noch Lichtjahre entfernt sind, an Lehrer weiterzureichen, die entweder von Burn-out gefährdetet sind oder ihre altmodischen, totalitären Prinzipien mit Trillerpfeife durchzusetzen pflegen.
Oder liegt der Fehler vielleicht eher bei den Eltern? Die wie Helikopter um ihre Kinder kreisen, sie in allen Situationen beschützen wollen und glauben, dass ihnen von jeder Seite Gefahr drohe? Eltern, die in ihren Kindern den oder die nächste Albert Einstein sehen - ganz im Gegensatz zu den Lehrern? Und nicht zu vergessen jene Fraktion, die ganz im Fluss der Energien steht, für die Harmonie und eine ordentliche Portion Waldorf das A und O sind.
Ganz egal ob Schulfeste, Ausflüge, Freizeitangebote, Lernziele, Freunde und Elternabende - alles wird von Benni-Mama angesprochen und  augenzwinkernd kommentiert.
"Große Ärsche im Klassenzimmer" ist ein herrlich amüsantes, süffisantes und manchmal verdammt realistisches Bild über Erstklässler-Eltern und ihre Nöte. Zugegeben, eingebildete Nöte. Denn ganz ehrlich, wie haben eigentlich unsere Eltern seinerzeit die Grundschulzeit gemeistert? Wo doch der Unterricht (aus heutiger Sicht) streng, diszipliniert und knallhart war? Mit Noten vom ersten Schultag an. Vielleicht sind die Geschichten und Anekdoten, die Benni-Mama uns in diesem Buch präsentiert, auch das Ergebnis jener Lehrmethoden?
Die Autorin - Benni-Mama - erzählt herrlich amüsant von ihren Erlebnissen im ersten Schuljahr und hält uns allen einen Spiegel vor. Wer selbst bereits ein Grundschulkind hat, wird sich womöglich in der einen oder anderen Szene selbst wiedererkennen. Einziger Trost, man war wenigstens nicht die einzige Mutter oder der einzige Vater, der so dachte oder so reagierte. Gleichzeitig warnt sie angehende Schulkind-Eltern auch vor. Mit einem Augenzwinkern zeigt Benni-Mama, was auf uns zukommt, womit wir rechnen müssen und wie wir uns vielleicht am besten nicht verhalten sollten.  
Das Erschreckende an dem Buch ist, dass die Autorin keineswegs übertreibt. Weder beim Kauf des Schulmaterials, noch bei den beschriebenen Elternabenden, dem Elternverteiler per Mail, über den sich rege ausgetauscht wird, wo Ränke geschmiedet und nächste Schritte geplant werden, oder über das ständige Besserwissen zu Lehrstoff, Lehrmethoden und sonstigem seitens der Eltern. Einziger Fels in der Brandung scheint oftmals Benni-Papa zu sein. Von Zeit zu Zeit zügelt er seine Frau und stellt nur kopfschüttelnd fest, dass sie mal wieder völlig übertreibt. Tatsächlich sind es oftmals die Väter, die bestimmte Dinge gelassener angehen, doch auch hier gibt es Ausnahmen.

"Große Ärsche im Klassenzimmer" ist ein herrlich köstlicher, unterhaltsamer, bitterböser und absolut realistischer Tatsachenbericht einer Grundschulmutter. Hier rechnet sie einmal mit allen ab. Sie hält uns einen Spiegel vor und zeigt, wie bekloppt wir uns manchmal benehmen. Angehende Grundschuleltern warnt sie vor, zeigt ihnen aber auch, wann man sich vielleicht etwas zurücklehnen sollte und den Dingen ihren Lauf lassen sollte. Denn etwas mehr Gelassenheit täte uns allen vielleicht gar nicht so schlecht.

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