Die Chroniken von Amber

Im Zeichen des Einhorns

von Roger Zelazny
Rezension von Stefan Cernohuby | 11. Mai 2018

Im Zeichen des Einhorns

Einhörner werden heutzutage etwas ambivalent betrachtet. Nicht nur, dass sie optisch aktuell viel Kitsch versprühen, werden sie hauptsächlich kindlicher Phantasie zugeschrieben und sind nicht länger geheimnisvolle Wesen mit großer Macht, über deren Motivation man nur wenig weiß. Roger Zelazny hat den dritten Band von „Die Chroniken von Amber“ allerdings bereits 1975 geschrieben. Und so transportiert der Roman noch eine klassischere, andere Sicht der Dinge.

Ein Mord ist geschehen. Und wieder einmal ist Corwin der Hauptverdächtige. Seine Geschichte mit der geheimnisvollen Frau, die alle übertölpelt hat, hat ihm ohnehin keiner abgenommen. Alle Beteiligten machen ihre Standpunkte klar, nur wenige klare Verbündeten bleiben ihm. Also tritt Corwin einmal mehr die Flucht nach vorne an. Er beschließt, seinen verschwundenen Bruder Brand mit den vereinten Kräften aller seiner Brüder und Schwestern zu befreien, denn dass dieser irgendwo gefangen gehalten wird, steht fest. Der waghalsige Schachzug gelingt. Und doch gibt es einen Verräter unter ihnen. Denn irgendwem ist es im Laufe der Befreiung gelungen, einen Dolch in Brands Rücken zu stoßen. Als danach ein Attentat auf Corwin selbst ausgeführt wird, ist alles im Wandel. Denn nun gelangt er zurück in der Welt der Menschen, schwer verletzt und hilflos. Wie soll er in dieser Situation eine Rückkehr nach Amber bewerkstelligen und dann gemeinsam mit Random herausfinden, was eigentlich gespielt wird?

Ein weiteres Mal wird in diesem Roman rekapituliert, diesmal sind es die Ereignisse, die einem anderen Charakter vor der Rückkehr der Erinnerungen von Corwin zugestoßen sind. Es fühlt sich so an, als wäre die Reihe großer Haufen an Puzzleteilen, die erst sehr langsam ineinanderpassen. Tatsächlich wartet der vorliegende Band jedoch mit einer Überraschung auf, mit der man als Leser tatsächlich nicht gerechnet hätte. Die Ausführung ergibt gleichzeitig einen Cliffhanger, der den Leser dazu nötigt, unmittelbar mit dem vierten Band der Reihe fortzufahren. Denn dieser Abschluss erschüttert nicht nur Charaktere und Leser, sondern das gesamte ohnehin fragile Bild, das man sich von der Welt von Amber – beziehungsweise der Stadt – gemacht hat.
Man merkt, dass es Roger Zelazny geliebt hat, mit den Erwartungen seiner Leser zu spielen. Erwartungen und Hoffnungen, denen er bis zum vorliegenden Zeitpunkt bereits ausreichend Nahrung gegeben hat, liegen nun offen dar – erwartungsvoll, denn man weiß nicht, was als nächstes kommt. Und gerade das ist der Reiz, den „Im Zeichen des Einhorns“ ausübt.

„Im Zeichen des Einhorns“ ist der dritte Band der Reihe „Die Chroniken von Amber“. Schien bis hierher klar, worauf Roger Zelazny hinauswill, enttäuscht er den Leser in dieser Hinsicht. Denn er stellt diesen vor eine neue Prämisse, die weder der Welt Amber noch seinem Protagonisten Corwin wirklich zugute kommen. Dennoch ist das Werk spannend, unterhaltsam, und trotz seines fühlbaren Alters sehr empfehlenswert. Und eigentlich sollte man nach dem Lesen unmittelbar mit Band 4 fortfahren.

Details

Bewertung

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