Bisher ist es dem Menschen noch nicht gelungen, andere Planeten zu erreichen, geschweige denn zu besiedeln. Selbst die Landungen auf dem Mond sind schon eine ganze Weile her und von einer Mondbasis ist maximal in Romanen die Rede. Und doch versucht man sich auf die Besiedelungen anderer Welten vorzubereiten. Ein solches Projekt hat sich T. C. Boyle in deinem Roman „Die Terranauten“ zum Vorbild genommen.
Die Aufregung ist groß. Das Vorgängerprojekt in der von einem Milliardär finanzierten „Ecosphere 2“ ist gescheitert. Denn die Biosphäre war nicht wirklich für die geplanten zwei Jahre von der Außenwelt abgeschottet. Das will man nun in Mission 2 besser machen. Ein Team aus vier Frauen und vier Männern wird aus einer langen Reihe von Bewerbern ausgewählt, um erfolgreich ihren Teil beitragen zu können, inklusive Tierpflege, Ackerbau, technischer Wartung und medizinischer Betreuung. Dawn ist eine der Probanden und Probandinnen, die ihr Leben außerhalb für zwei Jahre aufgeben und sich den Gefahren eines geschlossenen Ökosystems aussetzen. Und es gibt nicht nur technische Probleme und die unvermeidlichen Nahrungsmittelengpässe. Nein, die größte Schwierigkeit wird das Zusammenleben auf engstem Raum. Besonders als es Affären und Beziehungen gibt. Der Super-Gau offenbart sich allen einige Monate später, als Dawn feststellt, dass sie schwanger ist. Die große Frage stellt sich: Ist das Experiment wieder gescheitert, weil man die Biosphäre öffnen wird, um Dawn möglichst gute medizinische Betreuung zukommen zu lassen oder gehen sie das Risiko ein, eine Geburt unter einfachsten Bedingungen zu erleben?
Gleich zu Beginn findet sich der Hinweis, dass das Buch auf einer wahren Begebenheit beruht. Die Wahrheit ist, es gab die gescheiterte und erwähnte erste Mission in „Ecosphere 2“. Es gab auch eine zweite Mission, die allerdings nur sechs Monate dauerte. Auch einige der angedeuteten Persönlichkeiten gab es tatsächlich, obwohl im Originalprojekt auch Leute mit fragwürdiger Moral involviert waren, wie Breitbart-Mogul Steve Bannon. Der angedeutete Verlauf der Mission, wie im Buch skizziert, ist dementsprechend reine Erfindung. Und auch wenn die zunehmenden Konflikte auf persönlicher Ebene glaubwürdig beschrieben und die technischen Defekte mit ihren gefährlichen Auswirkungen sicherlich gut recherchiert sind, vermag das Buch trotzdem nicht vollends zu überzeugen. Zum einen ist da die engstirnige Doppelmoral im Hinblick auf Beziehungen, Sex und Verhütung, die im ganzen Buch vorherrscht. Zum anderen gibt es einige wirklich dümmlich-populistische Entscheidungen die von Charakteren aus der Not heraus getroffen und danach als altruistisch-philanthrop dargestellt werden. Etwas, das nicht einmal in den USA wirklich so passieren würde. Insofern ist die geistige Weiterführung des auf Deutsch „Biosphäre 2“ genannten Projekts zwar von der Idee her interessant, in der umgesetzten Form aber weder wirklich spannend, noch ein Augenöffner. Wer sich gerne mit alternativen Szenarios zur Realität auseinandersetzt, hat hier eine weitere Möglichkeit.
„Die Terranauten“ ist T. C. Boyles fiktionale Auseinandersetzung mit dem Forschungsprojekt „Ecosphere 2“ in den 1990er Jahren. Er führt die tatsächlichen Ereignisse auf einem alternativen Handlungsstrang fort und lässt hier einige psychologische und soziologische Themen mit einfließen. Leider gelingt es nicht, diese Handlungsabläufe spannend darzustellen und Ereignisse nicht zu überzeichnen. Dementsprechend kann das Werk nicht uneingeschränkt empfohlen werden und ist insgesamt nur durchschnittlich gelungen.
Details
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Originaltitel:The Terranauts
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Erschienen:07/2018
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Umfang:604 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783423146463
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Preis (D):13,90 €