Intergalaktisches Seemannsgarn

von Ingrid Pointecker (Hrsg.)
Rezension von Stefan Cernohuby | 11. Juni 2016

Intergalaktisches Seemannsgarn

Schon in unserer Welt wird eine ganze Menge Garn gesponnen, Seemannsgarn um genau zu sein. Was im übertragenen Sinne bedeutet, dass viele Geschichten erzählt werden, die einzig und allein eine Erfindung ihrer Erzähler sind. Wie muss dann wohl erst „Intergalaktisches Seemannsgarn“ aussehen, wenn wir schon auf der Erde in der Lage sind, die unglaublichsten Geschichten zu erfinden? Das verrät uns die gleichnamige Anthologie, die von Ingrid Pointecker herausgegeben wird.

Fäden können überall gesponnen werden. So gibt es irdische Fäden. Einer davon stammt von Gerald Friese und heißt „Pegasus“. Was hat dieser Faden mit den Sternen zu tun?
„Ein gelungener Erfolg“ ist der Titel des gesponnenen Garns von Kerstin McNichol, die zeigt, dass auch zerschnittene Fäden hochgehalten werden können – metaphorisch gesprochen. Auch Sabrina Železný ist wieder einmal in ihrem Metier, wenn sie goldfarbenes Garn rund um das längst verlorene Eldorado spinnt.
Während Christoph Schröder von intergalaktischen Drachen berichtet hat Gregor Eders Protagonist einen Schutzengel, die Engelsgeschichte von Allessandra Reß beinhaltet allerdings kein Happy End für jedermann.
So manches Garn wird aus Begeisterung gesponnen, wie jenes von Daniel Schlegel, anderes zeigt ein wenig die Handschrift des Wahnsinns, wie bei Markus Hell.
Manfred Voita lässt einen Genetiker ganz am Anfang beginnen. Aliens und Brezel findet man bei Sascha Schlüter, einen nicht ganz so freien Markt bei Markus Rapp.
Garn spielt in der Geschichte von Christoph Sackmann eine lebenswichtige Rolle, während Rober von Cube den falschen Einsatz der richtigen Materialen behandelt.
Ein wenig an Poe erinnert das galaktische Mahlstrom-Garn von Mathias Bäßler, während Peter Daş von Liebe und Vergessen berichtet

Insgesamt 16 Geschichten sind es, in denen allesamt Garn gesponnen wird. Mal handelt es sich um Wahrheiten, vielleicht ein wenig ausgeschmückt von den Erzählern, manchmal um dreiste Lügen – beides zumindest im Rahmen der Handlung. Denn natürlich sind alle Geschichten genau das: Geschichten. Will man jedoch eine herausgreifen und besonders ins Rampenlicht stellen, fällt einem Leser das schwer. Jede einzelne Erzählung hat ihre Berechtigung im Buch zu sein. Leider gibt es aber den berühmten Ausreißer nach oben hier nicht. Nur zu gerne würde der Verfasser dieser Rezension sich über den einen Autor oder die eine Autorin lobend äußern und behaupten, dass deren Werk ein wenig über die anderen zu stellen sei – aber das geht in diesem Fall nicht. Alle Geschichten – abgesehen von der allerersten, die aufgrund ihrer Kürze ein wenig aus dem Rahmen der Beurteilbarkeit fällt – sind solide, guter Durchschnitt aber eben nicht herausragend. Insofern kann man das direkt auf die Anthologie selbst umlegen. Für galaktischen Garn wäre von den Autoren vielleicht noch etwas mehr Mut zum All wünschenswert gewesen, aber dennoch wird ein Leser, der gerne skurrile Geschichten rund um im Weltall geworbenes Seemannsgarn liest, sicherlich keine Enttäuschung erleben.

„Intergalaktisches Seemannsgarn“ ist eine von Ingrid Pointecker herausgegebene und im Verlag ohneohren erschienen. Obwohl alle enthaltenen Geschichten gelungen sind, fehlt ein wenig der übliche Ausreißer nach oben – die eine brillante Erzählung, die den Band aufwerten würde. Insofern ist das Werk zwar sehr gut lesbar, aber eben nicht außergewöhnlich. Wer spannende Kurzgeschichten am Ereignishorizont des Science-Fiction-Genres mag, wird hier trotzdem gut unterhalten.

Details

Bewertung

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