Abschiedskonzert

von Kristina Herzog
Rezension von Janett Cernohuby | 18. November 2015

Abschiedskonzert

Verlässt ein renommierter Musiker eine Band, eine Musikgruppe oder ein Konzerthaus, wird dies in der Regel nicht still und heimlich geschehen. Nein, die betreffende Person wird mit den ihr zustehenden Ehren verabschiedet. Meistens in Form eines Abschiedskonzerts. Diesen Titel trägt auch Kristina Herzogs Kriminalroman, wenngleich ein "Abschiedskonzert" eigentlich ausbleibt.

Das Berliner Konzerthaus ist in seinen Grundfesten erschüttert. Der renommierte Dirigent Kolja Fechner wird ermordet aufgefunden - eigentlich hat man nur seinen Kopf gefunden, der Rest des Körpers fehlt. Der Fall wird an den jungen Kriminalpolizisten Alexander Rosenberg und seine Kollegin Kathleen Neubauer übertragen. Beide sollen herausfinden, wer und was hinter dem Mord steckt. Sofort beginnen sie mit ihren Ermittlungen und sehen sich natürlich im Konzerthaus selbst um. Hier erfahren sie, dass Kolja Fechner es nicht so genau mit der Treue zu seiner Ehefrau genommen hat, sondern viele Geliebte hatte. Als sie weiter nachforschen, stoßen sie zudem auf eine Zweitfamilie Fechners, mit der sich der Dirigent offenbar absetzen wollte. War Eifersucht möglicherweise das Tatmotiv? Oder steckten Fechners dubiose Geldgeschäfte dahinter?

"Abschiedskonzert" beginnt vielversprechend. Der Kopf eines Dirigenten wird gefunden, jedoch ohne den restlichen Körper. Dem Opfer werden viele Liebschaften und noch mehr Feindschaften nachgesagt und seine sich äußerst abweisend verhaltende Ehefrau hat auch so einiges zu verbergen. Das Ermittlerteam Alexander Rosenberg und Kathleen Neubauer haben also jede Menge Arbeit zu tun. Doch leider geraten die beiden ins Stocken - ebenso die Geschichte. Es wird befragt, ermittelt und befragt. Zwischendurch taucht dann der restliche Körper des Ermordeten auf, dieser wird untersucht, die Ermittler befragen weiter und müssen nebenbei auch so einige private Probleme lösen. Hier im mittleren Teil ist es der Autorin nicht überzeugend genug gelungen, den Spannungsbogen weiter aufzubauen, die Verstrickungen in dubiose Geldgeschäfte, Fechners Zweitfamilie, Neider und Ehefrau so miteinander zu verweben, dass alles eine fesselnde und mitreißende Handlung ergibt. Stattdessen verlieren sich die beiden Ermittler in ihrer Arbeit, haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen, mit zickenden Pressesprecherinnen des Konzerthauses, empfindlichen Ehefrauen und Schwiegervätern - doch wirklich vorwärts kommen sie lange Zeit nicht. Erst als eine zweite Leiche gefunden wird, finden sie den entscheidenden Hinweis, der sie letztendlich zum eigentlichen Täter führt. Hier kann man der Autorin zugute halten, dass sie bis zum Schluss nicht hat durchblicken lassen, wer nun der wahre Mörder ist.
So hält man mit diesem Werk einen durchschnittlichen Kriminalroman in den Händen, der sprachlich gut erzählt wird, nette Protagonisten vorzuweisen hat und ein nicht vorhersehbares Ende. Leider kann man nicht wirklich mit der Handlung mitfiebern oder raten wer aus welchem Grund gemordet hat. Dafür fehlt es allem zu sehr an Spannung. Die Handlung plätschert dahin, die Ermittler tun ihre Arbeit, bekommen den einen oder andere Stein in den Weg gelegt, können am Ende aber doch noch den Fall lösen. Einzig der Grund, warum der Kopf im Konzerthaus abgelegt wurde, hat schon fast wieder etwas Bizarres und auch die Reaktion der Witwe am Schluss bringt den Leser dazu, mit Oha-Gedanken das Buch zur Seite zu legen.

Alles in allem ist "Abschiedskonzert" ein durchschnittlicher Kriminalroman mit klassischen, aber unspektakulären Elementen. Zwei Ermittler sind auf der Suche nach dem Mörder eines renommierten Dirigenten, tauchen dabei in die Theaterwelt ein - aber nicht zu tief - und lösen den Fall am Ende auf. Dieses Ende ist zwar nicht vorhersehbar, aber auf echte Überraschungseffekte oder besondere Spannungsbögen wartet man leider bei diesem Buch vergeblich. Daher können wir dem Roman nicht mehr als "Durchschnitt" attestieren.

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Bewertung

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