Vegan für alle: Warum wir richtig leben sollten

von Jan Bredack
Rezension von Janett Cernohuby | 27. Juni 2014

Vegan für alle: Warum wir richtig leben sollten

Auf den Konsum von Fleisch zu verzichten ist für viele unvorstellbar. Noch weniger kann man sich jedoch vorstellen, auf tierische Produkte in jeglicher Form zu verzichten. Warum sollte man auch? Vegetarisch oder vegan zu leben bedeutet doch lediglich, seine Lebensqualität und seine Genussqualität einzuschränken, oder?
Dennoch entscheiden sich immer mehr Menschen dafür, auf tierische Erzeugnisse zu verzichten. Auch der erfolgreiche Mercedes-Manager Jan Bredack zählt zu diesen Menschen. Was ihn dazu bewogen hat, warum er diesen Schritt getan hat, davon erzählt der Ex-Geschäftsmann in seinem Buch "Vegan für alle.

Dabei war Jan Bredack ein äußerst erfolgreicher Manager. Vom kleinen Mechaniker hat er sich hochgearbeitet in die Spitze der Zentrale des Mercedes-Konzerns. Er wusste stets, wann er zu welcher Zeit welchen Einsatz bringen musste. Dabei stammte er aus einer Familie, die gewiss alles andere als kapitalistisch war. Im Gegenteil. Jan Bredack wuchs als Stasi-Kind auf; sein Vater war Hauptmann beim Ministerium für Staatssicherheit, seine Mutter war Lehrerin für die Fächer Russisch, Staatsbürgerkunde und Geschichte. Doch Jan war ein Rebell; er wollte sich nicht in das sozialistische Bild fügen, schlug wann immer es ging über die Stränge und brach oft die Regeln. Er wurde Kfz-Mechaniker, arrangierte sich mit den Gegebenheiten und nahm jede berufliche Chance wahr, die sich ihm bot. Als die Wende kam, geschah dies nicht nur für die beiden deutschen Staaten, sondern auch für Bredack. Von da an legte er eine beispielslose Karriere hin und gelangte schließlich in die Führungsetage des Mercedes-Konzerns. Hier kam er richtig auf Touren. Er glänzte mit Leistung, er glänzte mit Engagement, er glänzte mit Stellenabbau. Doch man trifft sich immer zweimal im Leben und so kam auch für Jan Bredack der Moment, der sein Leben von Grund auf verändern sollte. Im Jahr 2008 erlitt er einen Burn-out und fiel auch bei Mercedes allmählich in Ungnade. Man schickte ihn nach Russland, wo er das erste Daimler-Nutzfahrzeugwerk aufbaute. Zu dieser Zeit lernte er auch seine neue Liebe kennen, die ihn zum ersten Mal mit Vegetarismus in Verbindung brachten. Zwei kleine Sätze - "...man sollte Tieren kein Leid zufügen." und "Das Hähnchen auf deinem Teller wurde getötet, damit du es essen kannst." (S. 15) bewegten Jan Bredack zum Umdenken. Doch auch hier war er ein wieder Extrem: Ihm reichte es nicht, nur vegetarisch zu leben; er wollte auf tierische Produkte in allen Lebensbereichen verzichten. Die größte Hürde war hierbei freilich die Ernährung. Denn zu jener Zeit waren vegane Lebensmittel nur sehr schwer zu bekommen. So wuchs in Jan Bredack die Idee, eine vegane Lebensmittelkette ins Leben zu rufen. Eine Aufgabe, die ihn vor viele Herausforderungen stellte.

"Vegan für alle" ist kein Buch, welches in erster Linie missionieren möchte, welches mit dramatischen Schlagworten die Grausamkeit und das Schlechte in der Fleischverarbeitung darstellt. "Vegan für alle" ist in erster Linie ein Buch mit der Lebensgeschichte eines ehemaligen Geschäftsmanns. Natürlich zeigt Jan Bredack auch, worin die Vorteile von veganer Lebensweise liegen. Doch er zeigt dies größtenteils mit Bezug auf sich selbst. Wie ihn diese Entscheidung verändert hat, seinen Blick auf die Welt und sein erwachendes Bewusstsein über den moralischen Verfall selbiger. Er appelliert an uns, mit offenem, kritischem Blick durch den Alltag zu gehen, Dinge zu hinterfragen und nicht alles als selbstverständlich anzusehen.
Mit jenem offenen Blick sollte man aber auch das Buch an sich lesen. Insbesondere wenn Jan Bredack mit tollen Schlagworten, Zahlen und Thesen um sich wirft. So schreibt der Autor beispielsweise, dass rund 842 Millionen Menschen weltweit hungern, was damit zusammenhängt, dass Getreide an Tiere verfüttert wird. Würden wir nun auf den Verzehr von Fleisch verzichten, "könnte die globale Ernte vier Milliarden Menschen mehr satt machen" (S. 19).
Gegenfrage: Wenn doch so viele Menschen hungern, warum werden dann Lebensmittel vernichtet, um die Marktpreise zu halten? Eines hängt nicht unbedingt direkt mit dem anderen zusammen.
Es gibt noch einige Punkte mehr, bei denen wir nicht ganz einer Meinung mit dem Autor sind, etwa der Zuckergewinnung aus der Steviapflanze. Wenn er von steigendem Wasserverbrauch in der Landwirtschaft für die Herstellung von Tierfutter für die Massentierhaltung spricht und in diesem Zusammenhang auch die Unvereinbarkeit von wachsender Weltbevölkerungszahl, wachsendem Wasserverbrauch durch Fleischproduktion betont.
In einem Punkt stimmen wir ihm zu: Massentierhaltung und die damit verbundene Tierquälerei sind absolut inakzeptabel. Doch auch die Blindheit der Menschen gegenüber dem Wert und der Qualität von Lebensmitteln ist erschreckend. Egal wo es herkommt, Hauptsache billig muss es sein. Und selbst dann geht es immer noch ein, zwei Cent billiger beim Diskonter nebenan. Mit solch einer Einstellung brauchen wir uns nicht über Massentierhaltungen und Gammelfleisch wundern...
Was also tun? Beim Bio-Bauern kaufen? Doch auch hier haben Berichte gezeigt, dass bei der Tierhaltung auf die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen gepfiffen wird. Sehr bewegend war da das Kapitel "In Deutschland ist ein Tier nur eine Ware", in dem Jan Bredack den Tierschützer Jan Pfeifer zu Wort kommen lässt. Sie kennen Jan Pfeifer nicht? Oh doch, sie kennen ihn. Sie haben sicherlich schon einmal seine Bilder oder Berichte im TV gesehen, die er heimlich in Viehbetrieben aufnimmt. Wenn er sich bei Nacht und Nebel über den Zaun schleicht um die Missstände aufzuzeigen. Was er schildert, ist bewegend und erschütternd.
Übrigens verzichtet der Veganer nicht nur auf den Genuss von tierischen Lebensmitteln, sondern auch auf das Tragen tierischer Erzeugnisse. Leder, zum Beispiel. Nerz, Pelz - wobei hier schon seit Jahren ein Umdenken zu beobachten ist. Doch Jan Bredack geht noch einen Schritt weiter. Er setzt auch auf Textilien und Materialien, die frei von Leder sind. Denn selbst in diesem Bereich gibt es Alternativen.

Ist der Veganismus die Lebensalternative der Zukunft? Bringt sie dem Menschen das Heil und Tieren mehr Wohl? Ist es besser, wir hören heute alle auf, Fleisch zu essen und Leder zu tragen? Doch was geschieht dann mit all den Nutztieren, die nun nicht mehr benötigt werden? Sterben sie aus? Werden sie getötet? Oder beginnen Menschen, aus Sympathie zu Kühen, Schweinen, Schafen selbige als Haustiere zu halten?
Wenn wir morgen beginnen, alle pflanzlichen Erzeugnisse nur noch in Lebensmittel umzuwandeln, begrenzen wir dann wirklich den stetig steigenden Wasserverbrauch? Weil man das Wasser ja dann nicht mehr zur Herstellung des geliebten Schnitzels oder Steaks braucht? Oder würde man die gleiche Menge dann auf die Felder gießen, weil die Pflanzen auch bewässert werden wollen?

Diese Fragen müssen wohl schlauere Leute beantworten. Selbst beantworten kann man sich die Frage, ob der vegane Lebensweg für einen persönlich geeignet ist. Für uns wohl nicht, wenngleich wir nicht jeden Tag Fleisch brauchen und wir einige vegane Rezepte besitzen, die wir sehr gerne zubereiten. Einfach nur, weil sie lecker sind.
Hier bleibt es letztendlich dem Leser überlassen, ob man sich von Jan Bredacks Lebensgeschichte überzeugen lässt und Veganer wird. Doch selbst wenn man es nicht wird, gibt der Autor mit seinem Buch zahlreiche Denkanstöße zum Thema Tierhaltung, Diskontermentalität, Lebensmittelqualität, Fairtrade und den Umgang mit uns selbst. "Vegan für alle" ist ein Buch das zum Denken anregt - und das in vielerlei Hinsicht.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    04/2014
  • Umfang:
    256 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783492056304
  • Preis (D):
    19,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
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  • Anspruch:
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  • Gewalt:
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  • Gefühl:
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  • Erotik:
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