Fotografieren mit Wind und Wetter


Wetter verstehen und spektakulär fotografieren!
von Bastian Werner
Rezension von Michael Seirer | 14. April 2017

Fotografieren mit Wind und Wetter

Landschaftsfotografen haben es oft schwer: Wer will schon stundenlang durch die Gegend fahren, nur zum festzustellen, dass das Wetter vor Ort dann doch nicht so ist, wie man sich das vorgestellt hat? Wie gerne hätte man wolkenlosen Himmel gehabt - oder auch genau das Gegenteil. Wie kann man also Outdoortouren so planen, dass man möglichst nahe an das visualisierte Foto kommt? Welche Wetterphänomene möchte man neben der Landschaft mit aufs Foto bannen und wie kann man sich am besten darauf vorbereiten? Bastian Werner, ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, hat seine Erfahrungen im Rheinwerk Verlag zusammengefasst. Als Segelflugpilot lernte er, Veränderungen in der Atmosphäre zu bemerken und für den Flug zu nutzen. Später wurde er “storm chaser”, also Sturmjäger, um den Stürmen hinterher zu jagen und auch in sie hineinzufahren.

Um es gleich vorweg zu nehmen: In dem Buch geht es nicht um Landschaftsfotografie. Im Zentrum steht das Wetterphänomen und so sucht man sich zuerst das Wetter aus und danach die passende Landschaft. Weitere Touren zahlen sich erst dann aus, wenn man einigermaßen sicher ist, dass man am Zielort auch das entsprechende Wetter vorfindet.

Im ersten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Wettervorhersage erläutert: Woher bekommt man gute Wetterdaten, wie interpretiert man die unterschiedlichen Wetterkarten für Temperatur, Bewölkung, Niederschlag, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit oder Infrarot-Satellitenbild? Und was bedeutet das schlussendlich für die Fotografie?

Die darauffolgenden Kapitel widmen sich jeweils einem Wetterphänomen im Detail: Morgen- und Abendröte, Blaue Stunde, Milchstraße und Sternenhimmel, Sternschnuppen und Polarlichter werden genauso behandelt wie Eis und Schnee, Nebel, Raureif, leuchtende Nachtwolken und natürlich Gewitter. Dabei werden zuerst das Wettergeschehen und seine Entstehung im Detail erläutert. Im Anschluss folgt eine detaillierte Anleitung, wie man aus den verschiedenen Karten und Webseiten eine möglichst genaue Vorhersage ableiten kann. Da dies oft in vielen Schritten und über mehrere Tage geschieht, fasst der Autor den Vorgang nochmal als Arbeitsroutinen und Schritt-für-Schritt Anleitungen komprimiert zusammen.

Generell finden sich im Buch wenige Informationen zu Aufnahmetechnik, benötigter Ausrüstung oder Kameraeinstellungen. Ein entsprechendes Vorwissen wird hier vorausgesetzt. Besonderheiten bei der Aufnahmetechnik, wie zum Beispiel Rotationsfehler und Lichtverschmutzung bei der Fotografie des Nachthimmels oder auch das leichte Ausfressen des Rot-Kanals bei Morgenrotaufnahmen, werden extra erwähnt. Somit bleibt das Buch fokussiert und wer will, kann sich das benötigte Wissen zum Thema Langzeitbelichtung oder Einsatz von Verlaufsfiltern an anderer Stelle holen.

Zahlreiche bemerkenswerte Fotografien, die meisten vom Autor selbst, zeigen, was man mit akribischer Wetteranalyse im Vorfeld erreichen kann. Viele davon sind in Deutschland aufgenommen - man muss daher also nicht erst in exotische Länder fahren, um spektakuläre Fotos zu erhalten. Die gute Druckqualität des Buches kommt den teilweise doppelseitig abfallend dargestellten Fotos entgegen. Zusätzlich werden komplizierte Sachverhalte durch farbige Grafiken einprägsam erläutert. Reale Wetterkarten vertiefen das Gesagte, wirken aber durch ihre Informationsdichte oft verschreckend. Man weiß nicht genau, wo sich die relevanten Bereiche nun befinden. In derartigen Fällen wurden einzelne, durchnummerierte Hinweispfeile eingesetzt, die im Text erläutert werden. Der große Erfahrungsschatz des Autors ermöglicht es ihm auch, die besten Wetterdienste beziehungsweise Webseiten für die einzelnen Wetterkarten empfehlen zu können.

Der Titel des Buches ist jedenfalls gut gewählt: “Fotografieren mit Wind und Wetter” erhebt das Wetter zum Hauptmotiv der Aufnahme. Es hilft, Wetterphänomene besser zu verstehen, beziehungsweise zu lernen, wann und warum diese auftreten. Dabei ist es ist explizit kein Buch für Landschaftsfotografie. Die gelungene Kombination der Analyse von Wetterdaten und deren Anwendbarkeit in der Fotografie füllt eine Lücke in der deutschsprachigen Fotoliteratur. Die vielen nachvollziehbaren Anleitungen helfen, das Gelesene in die Praxis umzusetzen um auch in Zukunft mit außergewöhnlichen Fotos von Wetterphänomenen belohnt zu werden.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch: