“Die 60er - Ein Jahrzehnt in Worten”, aber nicht die heute allgegenwärtigen, jährlich neuen „Worte des Jahres“. Die gab es in den Sechzigern noch gar nicht. Obwohl das erste Wort des Jahres im deutschen Sprachraum, aus dem Jahr 1971, durchaus noch ein Kind der Sechziger war: „aufmüpfig“.
Die Zeitreise, in die uns das Buch mitnimmt, ist eine zu 90 Wörtern, die für die Sechziger prägend waren. Aufgeteilt auf zehn Kapitel, von Alltag bis Wirtschaft, aber auch Kultur, Verkehr, Politik und oder dem unbestimmteren Begriff „Neues Lebensgefühl“. Zu jedem Schlagwort hat Hans Hütt einige Fakten und Reflektionen auf den kleinformatigen Seiten des Buches aufgezeichnet.
Mondlandung und Toast Hawaii
Die Sechziger waren ein Jahrzehnt, das reichlich Stoff geboten hat für Themen aus allen Lebensbereichen. Vom Mauerbau zu Beginn des Jahrzehnts bis zur Mondlandung im Juli 1969. Aber auch Beatles, Hippies, Hitparade oder der gerade neu herausgekommene Farbfernseher haben das Bild der Zeit geprägt.
Manche Assoziationen sind spannend und überraschend, wie etwa jene zur Adria, damals wie heute ein beliebtes Ausflugsziel, um das sich manche Jugenderinnerungen ranken.
Manches ist jedoch allzu achtlos oder fast befremdlich formuliert. Wenn etwa auf Seite 11 zur neuen technischen Errungenschaft der elektrischen Geschirrspülmaschine steht: „Der Bräter ist so schwer, dass Mutti, wenn sie sich damit unbedacht hinunterbeugt, mit lädierter Bandscheibe für mehrere Monate ausfällt. In der Reha lernt sie, wie die Maschine korrekt zu befüllen und zu entleeren wäre.” (Bitte noch Seitenangabe.)
Mannigfaltig und variantenreich sind die Dinge und Moden, die der Autor aus dem Fundus der Sechziger ausgräbt. Etwa den Toast Hawaii, der kreiert und rasch zu einem Erfolg, ebenso wie zu einer kulinarischen Geißel wird.
Manch längst vergessenes, heute unglaublich anmutendes Detail kommt ebenso zum Vorschein. Etwa, dass die Antibabypille zu Beginn in Deutschland nur mit Einverständnis des Gatten verschrieben werden durfte.
Gefühlsstau – Hippies – Sex
Auch die Geschichte des Sandmännchens darf nicht fehlen, das in den Sechzigern erfunden und in seiner ostdeutschen Variante besonders erfolgreich letztlich Mauerbau, Mauerfall und Wende um viele Jahre bis ins 21.Jahrhundert überlebt hat.
Zeitlos mutet an, dass die Umstellung auf “Automatisch” auch in den Sechzigern bereits das große Thema war. Vom Getränkeautomaten bis zur automatischen Sekretärin oder dem abgebildeten Pommes Frites Automaten. Wobei der jedoch als Bebilderung zum Thema Minirock in den Hintergrund verschwindet.
Und immer so weiter. Von der neugegründeten Deutschen Bundesliga bis zum vielleicht weniger bekannten “Bitterfelder Weg”, zur Hitparade bis zur spannenden Dreier-Kombination beim neuen Lebensgefühl: “Gefühlsstau” – “Hippies” – “Sex”.
Die Beschreibungen zu den Schlagwörtern sind großteils unterhaltsam und launig und weit weg davon belehrende, akademische Abhandlungen zu sein. Vieles ist humorig und mit feinem Sinn für das kleine Detail beschrieben.
Das Buch ist mit einigen wenigen, ausgesuchten Schwarz/Weiß Bildern illustriert und auch die Hintergrunddekors der Kapitelübergänge sind im markanten Design und der Farbgebung der Sechziger gehalten.
“Die 60er - Ein Jahrzehnt in Wörtern” ist gute Unterhaltung für all jene, die einen raschen Blick in ein wenig Alltagsgeschichte werfen wollen. Besonders vermutlich für Leserinnen und Leser, die das Jahrzehnt auch selbst noch erlebt haben. Und sei es nur in Form der eigenen Kinder- oder Jugendzimmer-Tapete. Weder Vollständigkeit, noch historische Tiefe stehen im Vordergrund und damit der leicht lesbaren Unterhaltung auch nicht im Weg.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:03/2019
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Umfang:128 Seiten
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Typ:Hardcover
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ISBN 13:9783411742431
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Preis (D):12,00 €