Die dümmsten Sprüche aus Politik, Kultur und Wirtschaft: und wie Sie gepflegt widersprechen

von Jens J. Korff
Rezension von Elisabeth Binder | 07. April 2015

Die dümmsten Sprüche aus Politik, Kultur und Wirtschaft: und wie Sie gepflegt widersprechen

Im Grunde ist jede Situation eine gute Gelegenheit, um einen dummen Spruch loszuwerden. Manche Leute sind allerdings der Meinung, geistreiche Ergüsse von sich zu geben, die sie von anderen gehört haben, vor allem aus Politik, Kultur und Wirtschaft. In Wahrheit allerdings kauen sie eine Menge Unsinn wieder. Ein Buch von Jens J. Korff versucht nun, mit gepflegten Antworten für derartige dumme Sprüche aufzuwarten.

Der 95 im Buch versammelten Hitparade der dümmsten Sprüche schickt Korff eine knappe, zehn-seitige Einleitung voran, in der er kurz erklärt, welche Teilmenge der unendlichen vielen dummen Sprüche er ins Visier genommen hat. Korff interessieren nur Dogmen, die er als in Ideologiekritik geschulter Historiker und Politologe folgendermaßen
definiert: "Ein Dogma tut so, als würde es eine Tatsache feststellen, die niemand ernsthaft bezweifeln kann." Was als Lebensweisheit oder unumstößliche Tatsache daherkommt, dem kann also "gepflegt" widersprochen werden, indem man Gründe benennt, "die gegen sie sprechen, auf ihre inneren Widersprüche verweisen und aufzeigen, welche wichtigen Aspekte sie ignorieren." (Seite 9)
Eine nützliche Hilfe im gepflegten Widersprechen stellt Korffs Klassifizierung der Dogmen dar, die dabei hilft die spezifischen Schwachstellen der jeweiligen Dogmen zu treffen. Da wären einmal die "Dogmen der Betonköpfe", die eine "bestimmte Art des Wirtschaftens als die einzig mögliche" definieren. Die Basta-Dogmen sollen Diskussionen abwürgen und bestehende Machtverhältnisse nicht antasten. Zuletzt gibt es dann auch noch die Dünkeldogmen, mit denen die Dogmenverbreiter ihren Status als "die Besseren" bewahren.

Der Einstieg in die Welt der Dogmen erfolgt über die klassischen Beton-Dogmen zum Thema Auto. Das sind gewissermaßen die Fingerübungen für die etwas vertrackteren Dogmen, die später folgen. Die kurzen Kapitel beginnen jeweils mit einer kurzen Erklärung der Herkunft und Verwendung des Dogmas, danach folgen je nachdem zweckdienliche Hinweise auf innere Widersprüche, fadenscheinige Statistiken (z.B. Flughäfen sind Jobmaschinen) oder das konsequente Wörtlichnehmen der Dogmen, das die Absurdität so mancher Stammtischweisheit hervorhebt.
Hier besonders zu empfehlen der knapp gehaltene Kommentar zum Dogma über "Ausländer nehmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg". Jedes Kapitel schließt noch mit einem "Antidogma" ab, also einer Kurzfassung des jeweils aussagekräftigsten Gegenarguments ab.

Die Dogmen sind thematisch geordnet, stehen aber jeweils für sich, Querverbindungen werden verlässlich angemerkt. Es ist also durchaus im Sinne des Autors, dieses Buch nicht von Anfang bis Ende zu lesen, sondern dort zu beginnen, wo man selbst gerade der größten Argumentationsnotstand hat. Vor einem sei allerdings gewarnt: an einigen Stellen hat Jens Korff leider nur seine eigenen Erfahrungswerte (aus der Friedensbewegung, aus seinem persönlichen Leben) einem Dogma entgegenzusetzen. Diese Kapitel sind auch am schwächsten, weil sie nur knapp am Rande des Basta-Antidogmas entlangschrammen.

Auch wenn einige der Dogmen nur sehr rudimentär aufgebohrt werden, gibt das Buch genügend Anregungen weiterzudenken und zu -lesen. Wer vielleicht das eine oder andere Gegenargument vergessen hat, findet über den ausführlichen Index schnell Hilfe. Was das Buch auf jeden Fall zu einer erfrischenden Lektüre macht, ist die demokratische Haltung des Autors, die einen Weg aufzeigt, wie sich auch die Leserinnen und Leser aus der angenehm bequemen Einschläferung durch die täglich in den Medien gebetsmühlenartig wiederholten "dummen Sprüche" zu befreien.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2015
  • Umfang:
    256 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3864890861
  • ISBN 13:
    9783864890864
  • Preis (D):
    14,99 €

Bewertung

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  • Anspruch: