Kokoscreme & Mandelmilch


75 Rezepte für Clean Cakes
von Henrietta Inman
Rezension von Elisabeth Binder | 14. Mai 2017

Kokoscreme & Mandelmilch

Ein Ernährungstrend erreicht erst dann die richtige Breitenwirkung, wenn sich auch der "süße Zahn" damit befriedigen lässt. Clean Cooking scheint dieses Stadium erreicht zu haben, "Kokoscreme & Mandelmilch" ist der beste Beweis dafür.

In der Einführung erläutert die Autorin ihren Weg von der klassischen Patisserie zu den Clean Cakes, also Desserts, die auf Milchprodukte, glutenhaltiges Getreide und raffinierten Zucker verzichten. So richtig überzeugend oder originell wirken die Argumente für "gesunde" Süßigkeiten nicht. Erfrischend ist jedoch die Ehrlichkeit, mit der Henrietta Inman ihre ersten Versuche beschreibt, ohne Mehl, Butter und Zucker genießbare Kuchen, Torten und Desserts zu erzeugen. Da bekommt man ein Gefühl dafür, wie viel Zeit und Erfahrung in der Warenkunde und den Grundrezepten stecken, die den Rezepten vorangestellt sind. Es zahlt sich daher unbedingt aus, vor den ersten eigenen Backversuchen diese 20 Seiten genauer zu lesen und die Vorratsregale entsprechend einzurichten.

Die insgesamt 75 Rezepte sind auf sechs Kapitel aufgeteilt, die von Torten bis Trüffel die gesamte Dessertpalette beinhalten. Die Zuordnung ist manchmal etwas erratisch und nicht ganz nachvollziehbar. Dabei stellt man beim Durchblättern dann auch fest, dass sich das eine oder andere pikante Gebäck darunter befindet. Ein Rätsel bleibt allerdings, warum die Kichererbsen-Blumenkohl-Taler unter den Kuchen und Torten geführt werden.

Die Rezepte sind, wie von einer gelernten Konditorin nicht anders zu erwarten, in den Mengen und den Arbeitsschritten sehr präzise und weisen keine logischen Lücken in der Abfolge auf. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Zutaten bereits abgemessen im gewünschten Aggregatzustand vorbereitet sind. Das kann allerdings schon mehr Aufwand verursachen als die beschriebenen Schritte. Die meisten der Rezepte sind nämlich sehr zutatenlastig. Für das eher unscheinbare Früchtebrot (S. 77) müssen beispielsweise nicht weniger als 26 verschiedene Zutaten vorbereitet werden. Dazu kommt noch, dass Nüsse und Samen idealerweise eingeweicht werden sollen (von 3 bis 12 Stunden, je nach Art), diverse Sorten von Nussmilch und -butter selbst gemacht werden können, ebenso wie Schokolade. Fairerweise muss dazu gesagt werden, dass die Autorin an dieser Stelle auch Dispens erteilt: in der richtigen Bio-Qualität dürfen auch Fertigprodukte zum Einsatz kommen. Da es zu den Rezepten keine Zeitangaben gibt, müssen daher Zutatenlisten und Beschreibung genau studiert werden. Eines ist aber sicher: Spontan und schnell lässt sich fast gar nichts backen.

Gerade weil die Rezepte, um auch wirklich zu funktionieren, bei den Mengen und den Zutaten wenig Toleranz zulassen, hätte es nicht geschadet, wenn die Übersetzung auch auf kochtechnische Plausibilität geprüft worden wäre. So werden die LeserInnen in den "Tipps zu den Rezepten" (S. 21) dazu aufgefordert, Zutaten mit Messlöffeln exakt abzumessen. Bedauerlicherweise fehlt aber ein Hinweis, welches Volumen die Ess- und Teelöffel genau aufweisen sollen. Vermutlich sind damit die metrisch genormten Messlöffel gemeint, aber klar ist das nicht. Ein weiteres britisches Spezifikum, das in der Warenkunde deswegen auch nicht näher erläutert wird, ist das "Mixed Spice", das in mehreren Rezepten verwendet wird. Das sind jetzt nicht irgendwelche bunt gemischte Gewürze, sondern eine Mischung aus Koriander, Zimt, Piment, Muskatnuss, Ingwer und Nelken, die vor allem im britischen Christmas Pudding eine wichtige Rolle spielt. Auch für die universell eingesetzte Kokosmilch fehlen die Details zum Fettgehalt und Kokosanteil. Bedauerlicherweise wurden auch die Bezugsquellen am Ende des Buchs einfach nur übersetzt und nicht mit verlässlichen Bezugsquellen aus dem deutschsprachigen Raum ergänzt. Nicht zuletzt sucht man im Buch die titelgebende "Kokoscreme" vergeblich…

Henrietta Inmans Kochbuchdebüt "Kokoscreme & Mandelmilch" ist ganz sicherlich kein Buch für GelegenheitsbäckerInnen, die schnell einmal etwas Süßes auf den Tisch bringen wollen. Aber wer sich die notwendige Geduld mit "konventionellem" Backen erarbeitet hat, findet in diesem aufwändig gestalteten Buch sicher genügend lohnende Ideen, um das gängige Dessertrepertoire zu erweitern.

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