Der magische Wald

von Rohan Daniel Eason (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 28. September 2018

Der magische Wald

Zu keiner Zeit im Jahr haben wir so viel Freude daran, Grusel- und Horrorgeschichten zu erzählen, wie in den Wochen um Halloween. Da kommt eine Neuerscheinung aus dem Hause Laurence King gerade gelegen. Unter dem Titel „Der magische Wald“ erschien ein Legespiel, das uns in düstere Gefilde führt und dort so manche unheimliche Begegnung haben lässt. Wer ist dabei?

Der unheilvolle Weg durch den magischen Wald

Dunkel, düster und bedrohlich liegt er vor uns, der magische Wald. Dornenranken winden sich im Unterholz und die alten, knorrigen Äste der Bäume scheinen eine düstere Warnung auszusprechen. Doch wovor? Welche Schatten, welche Dämonen lauern innerhalb dieses Waldes auf uns? Ist es Gevatter Tod, der unseren Weg kreuzt, ein böser Kobold, das schlafende Mädchen oder ein Einhorn? Führt uns der schmale, unheimliche Pfad zum Tor des alten Schlosses, an die geheime Grabstätte oder zu den alten Gemäuern? Was finden wir dort? Die verborgene Schatulle, den wachsamen Krieger oder gar einen Drachen? Die Entscheidung zwischen Tod oder Leben, Absturz oder Flucht wird von den Karten allein bestimmt.

Wiederentdeckung eines beliebten Legespiel

Myrioramen, so werden die belehrenden Legespiele genannt, die sich vor allem zur Zeit des Biedermeier in England großer Beliebtheit erfreuten. Der Name „Myriorama“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet Zehntausendschau. Das beschreibt ziemlich treffend das Prinzip dieser Legekarten. Eine bestimmte Anzahl gleich großer Tafeln oder Blätter auf denen Ausschnitte landschaftlicher Ansichten abgedruckt sind, sind so gestaltet, dass sie in beliebiger Weise zusammengesetzt werden können. Dadurch entsteht eine Vielzahl verschiedener Ansichten. Im Fall des im Laurence King Verlag erschienenen „Magischen Walds“ sind es über zwei Trillionen Bildergeschichten, die man hier legen und nacherzählen kann.

Myriorama: Der magische Wald

Das magische Myriorama kann man auf unterschiedliche Arten einsetzen. Wenn sich Spieler zusammen finden, können sie gemeinsam eine Geschichte erzählen. Dafür werden die Karten gemischt, verdeckt ausgelegt und reihum jeweils eine Karte von einem Spieler aufgedeckt. Dieser erzählt dann seinen Teil der Ereignisse und führt die Handlung fort.
Man kann aber auch an zwei bis fünf Spieler verdeckt jeweils vier oder fünf Karten austeilen, und jeder erfindet seine eigene Geschichte.
In einer weiteren Variante werden die Karten verdeckt in der gleichen Anzahl an die Mitspieler verteilt. Der Reihe nach legt jeder eine Karte offen auf den Tisch an die des Vorgängers und denkt sich seine Geschichte dazu aus. Allerdings ziehen die gelegten Karten Folgen nach sich. Der Gevatter Tod verurteilt einen Spieler zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Spiel, der Werwolf verflucht den nächsten Spieler für den Rest des Spiels wie ein Wolf zu heulen, während das Einhorn einen Talisman gegen das Böse darstellt.

Myriorama: Der magische Wald

Die 20 Bildkarten sind äußerst stimmungsvoll und unheimlich ausgearbeitet. In Schwarzweißillustrationen werden die einzelnen Motive jeder Landschaft präsentiert. Bedrohlich, unheimlich, beängstigend, aber auch Hoffnung bringend wirken sie auf den Betrachter, der vom Ausdruck der Bilder inspiriert, nach und nach seine eigene Schauergeschichte erzählt. So entstehen in geselliger Runde düstere Geschichten, die nicht nur während Halloween die richtige Stimmung aufkommen lassen.  Durch die fast endlosen Variationen wird man nicht in die Verlegenheit kommen, dass sich eine Geschichte wiederholt, dass man gelangweilt von den Ereignissen das Spiel im Schrank verstauben lässt. Nein, man wird immer wieder den Ruf des magischen Waldes vernehmen und dem schmalen, unheimlichen Pfad folgen. Wohin führt er wohl als nächstes?
Fraglich ist die Altersangabe für Kinder. Verlagsseitig ab acht Jahren empfohlen, können wir dem nicht ganz zustimmen. Nicht alle Kinder können in diesem Alter bereits etwas mit den düsteren Figuren der Karten anfangen - gerade Gevatter Tod, der Waldgeist oder das Gespenst auf dem Friedhof wirken doch sehr bedrohlich auf sie. Eltern sollten hier genau überlegen, wie viel sie ihrem Kind schon zutrauen können.

Myriorama: Der magische Wald

Der Laurence King Verlag hat die einst im 19. Jahrhundert beliebten Legespiele wiederaufleben lassen und mit schaurig-schönen Bildteilen neu herausgegeben. „Der magische Wald“ ist eines davon, das mit unheimlich verzauberten Landschaftsteilen immer wieder neue Grusel- und Horrorgeschichten entstehen lässt. Wie sie ausgehen, das entscheiden die Spieler selbst.

Details

Bewertung

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