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sommer. nachts. traum.

von grillenfaenger
Rezension von Stefan Cernohuby | 31. März 2015

sommer. nachts. traum.

Die Musik ist ein Betätigungsfeld, bei dem nicht alle Beteiligten regelmäßig wie Uhrwerke ihre Stücke abliefern - abgesehen vielleicht von Musikern, die bei großen Labels unter Vertrag stehen und sich zur Veröffentlichung von Tonträgern in einer bestimmten Zeitspanne verpflichtet haben. So ist es kein Wunder, dass andere Künstler eine längere Weile nichts von sich hören lassen. So auch David Sporrer, dessen neues Projekt "grillenfaenger" heißt.

Wir hatten die Möglichkeit und das Vergnügen bei der Premiere des neuen Albums "sommer. nachts. traum." am 20. März 2015 im "Serenade Cabaret" , einem französischen Lokal mit Bühne im 7. Wiener Gemeindebezirk, anwesend zu sein. David Sporrer nahm den Namen des Lokals sehr wörtlich und so wurde die Uraufführung nicht nur zu einer humorvollen Vorstellung, sondern auch sehr interaktiv. Der Solo-Künstler spannte seine Zuhörer aber über weite Strecken auf die Folter, denn die neuen Lieder wurden erst sehr spät gespielt. Es gab immer eine Menge zu den Liedern zu sagen, die entweder vom ersten oder zweiten "[kaleidoskop]"-Album stammten, oder sogar noch ihrer Veröffentlichung harrten. Endlich ging es dann mit den neuen Stücken los, die aber nicht alle gespielt werden konnten - was unter anderem mit dem Arrangement zu tun hatte. Neben der Musik des neuen Albums mit dem Titel "sommer. nachts. traum.", auf die im folgenden Text noch eingegangen wird, wurden vor allem "Klassiker" von David Sporrer gespielt, die meisten anders arrangiert und für einige Kenner sicher ungewohnt. Darunter unter anderem "... wir bleiben hier", natürlich "grillenfaenger" (inklusive Mundharmonikapart) und auch unser persönliches Highlight "laterne". Sogar einige englischsprachige Lieder waren Teil der Präsentation. Da es sich um ein französisches Lokal handelte, wäre es zudem eine sträfliche Unterlassung gewesen, das Lied "au revoir trisesse" nicht zu spielen - was von mehreren Zuhörern (unter anderem dem Verfasser dieser Kritik) bereits lautstartk propagiert worden war. Daher gab es das Lied als Zugabe in einer komplett alternativen Klavierversion.
Abgesehen von den unterschiedlichen Arrangements gab es einige humoristische Einlagen, die sich um die Textfestigkeit bei eigenen Liedern drehten, wobei zweimal das Inlay eines der früheren Alben als Gedankenstütze herhalten musste und nur einmal wirklich ein Stück Text verloren ging. Trotz einem etwas gehandicapten Musiker - er wurde tags zuvor Opfer einer Hundeattacke - ging der Abend stimmungsvoll zu Ende und es wurden signierte und limitierte Exemplare des neuen Albums verkauft.

Nun aber zum neuen Tonträger selbst.


"wenn das hier himmel heißt" lautet der Titel des ersten Liedes. Neben einem Klavier dominieren hier auf jeden Fall die in mehreren Spuren eingesungene Stimme und das zumindest in der ersten Strophe etwas synthetisch klingende Schlagzeug. Ab der zweiten Strophe lässt der zunehmende Einsatz der E-Gitarre und des Tamburins das Lied einen anderen Charakter nehmen und fast ein wenig wie U2 klingen. Ein guter Beginn für das Album.

"wir kommen da durch" war nicht nur die interaktivste Performance des Abends, bei dem das Publikum durch Klopfen und Stampfen beteiligt war, sondern auch ein positives Lied angesichts von Krisen und Sturm, die sowohl auf globaler als auch auf persönlicher Ebene vorkommen können.

Das Lied "verrueckt nach dir" stammt hörbar aus einer anderen Schaffensperiode des Interpreten, so ist die Stimmung der Musik ganz anders. Selbstzensur bei dem Wort "Geil" hätten wir allerdings nicht erwartet. Die Kritik nicht genannter weiblicher Zuhörer, die nach den vielen Betreuerung der Schönheit der im Lied bedachten Person meinten, man könnte den Sänger aufgrund des Texts ein wenig für oberflächlich halten, wollen wir so im Raum stehen lassen.

Geschichten verändern sich im Laufe der Zeit, besonders in mündlichen Überlieferungen. Ob sich "maerchen" auch so verändern wird, ist fraglich, jedoch ist die Geschichte der Personen im Lied so dargestellt, als hätte sie sich immer neu erfunden. Musikalisch ist das Stück allerdings nicht unbedingt sehr fesselnd und auch textlich ist es kein absoluter Geniestreich.

Begeisterung kann unterschiedliche Formen haben. In "wie der wilde flieder" geht es um einen Vergleich einer Frau mit wildem Flieder. Ein sehr beschwingtes und einfaches Lied, das versucht direkt ins Ohr zu gehen. In unserem Fall hat das nicht ganz funktioniert.

Wer den Musiker kennt, ist auch mit einigen Liedern schon länger vertraut. "der sommer war groß" war schon öfter Gegenstand von Diskussionen und auch gewissermaßen das titelgebende Lied, da hier vom Sommernachtstraum die Rede ist. Es geht um die Retrospektive eines vergangenen Sommer, über alle Veränderungen die er gebracht hat. Allerdings hätte dieses Lied besser bei einem seiner gelungenen Refrains geendet, das hätte eine positivere und voller Stimmung hinterlassen.

Das Lied mit der Nummer 7 ist positiv, denn "slebn geht nach vorn", ganz ohne die eigentlich notwendigen Apostrophe. Dafür gibt es einige deutliche musikalische Hommagen, darunter eine "Always"-Passage (Bon Jovi). Auf jeden Fall lässt sich das Lied nicht aufhalten und strebt wie der Titel nach vorn`.

Verständigungsprobleme gibt es schon seit langem und nicht nur zweischen Mann und Frau. So ist auch "babel" ein Thema. Eine etwas irreale Stimmung herrscht in diesem Lied vor, man glaubt hier definitiv eine autobiografische Note wahrzunehmen. Dennoch gefällt das Lied.

"wir habn die welt nie ganz gesehen" ist mehrstimmig aufgenommen und erzählt gleichermaßen von Scheuklappen wie von verpassten Chancen. Nostalgisch und wieder sehr persönlich wird ein Teil des eigenen Lebens in einem Lied aufgearbeitet. Musikalisch solide, vermag das Lied eher durch seine ehrliche und ungekünstelte Natur zu überzeugen, als durch Rhythmik und Dynamik.

Wenn man aufwacht, kann es sein, dass es dunkel ist. Das wird auch in "mach das licht an" zum Teil der Komposition. Und wie in einer anderen Symphonie kann man da kaum noch sehn. Sehr getragen schlängelt sich das Lied dahin, aber es gibt kaum Aufs und Abs, trotz der schönen Klavierperformance, weswegen die Komposition trotz der knapp vier Minuten ein wenig ermüdend wirkt.

Das könnte die richtige Überleitung zum "abendlied" sein, das von seiner flüsternden Singweise sehr an ein Kinderlied erinnert. Genauer gesagt an ein Schlaflied. Als solches ist es auch sehr gelungen, so lange man mit dementsprechenden Texten auch etwas anfangen kann.

In der Gesamtkomposition gibt es also auch ältere Lieder zu finden, die mehr oder weniger überarbeitet wurden. Aber was man am neuen Album definitiv erkennen kann ist, dass hier nur eine Hand am Werk war. Hier war gewissermaßen Selbstverwirklichung das Motto, ohne Einflüsse anderer Mitmusiker. Das erzeugt einen deutlichen Unterschied gegenüber den früheren Alben. Für alle Freunde rockigerer Musik ist dies nicht unbedingt ein Schritt zum Positiven. Qualitativ ist das Album also sehr gut gelungen, ohne leider eine Nummer zu haben, die den Hörer wirklich mitzureißen vermag, wie es bei den vorherigen Alben jeweils der Fall war. Dementsprechend ist das Gesamtalbum für uns leider nur durchschnittlich gelungen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2015
  • Umfang:
    1 CD
  • Typ:
    CD
  • ASIN:
    B00V16DOQ4
  • Spieldauer:
    39:43 Minuten

Bewertung

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