Bodytech

von Rob Boyle
Rezension von Stefan Cernohuby | 13. April 2009

Bodytech

In der vierten Edition eines Rollenspiels kommen sehr viele Anforderungen zusammen, aber zwei davon kann man als wichtigste Punkte identifizieren. Einerseits sollten das System und der Hintergrund einigermaßen das gleiche bleiben, andererseits muss es genügend Neuerungen geben, das Spielen noch interessanter zu machen. Genau die richtige Kombination aus diesen beiden Punkten ist notwendig, um das Ziel zu erreichen. Das Rollenspiel "Shadowrun" versucht sich mit dem neuesten Erweiterungsband "Bodytech" genau in jene Richtung zu entwickeln.

In der Welt von "Shadowrun" gab es bisher gewisse Grundzüge, die immer gleich blieben und sich nur wenig weiterentwickelt haben. Und größtenteils blieben diese auch in einem relativ überschaubaren Bereich. So sieht es auch in "Bodytech" aus, zumindest auf den ersten Seiten.
FastJack begrüßt den Besucher in seinem persönlichen VPN, dem JackPoint. Hier erfährt man das wichtigste zu Themengebieten, die mit dem Körper zu tun haben - jeweils illustriert durch zu den Kapiteln gehörenden Geschichten, Sachtexten und Kommentaren der Schattengemeinde.
Begonnen wird mit dem Einsatz von Medizin und darauf spezialisierten Dienstleistern. Dabei wird sowohl auf medizinische Rettungsunternehmen, als auch auf Medizin und Pharmakologie spezialisierte Unternehmen eingegangen. Selbst Regeln für körperliche Vor- und Nachteile, die auch von Implantaten verursacht werden können, sind hier aufgeführt.
Das zweite Kapitel widmet sich der beinahe schon klassischen Cyberware. Bei dieser Technik hat es in den letzten Jahren einen starken Preisverfall gegeben. Es gibt zwar einige neue Ideen, aber hier hat sich nicht allzu viel geändert.
Biotech hat sich stark weiterentwickelt und wird in den 2070er Jahren von vielen als legitime Nachfolgertechnologie zu Cyberware gesehen. So gut wie alles kann an einem Körper verändert werden. Organische Ersatzteile werden geklont, der Körper angepasst und selbst angepasste Symbionten können eingesetzt werden, um sich "natürlich" weiterzuentwickeln.
Soweit war die Thematik schon bekannt, aber mit dem nächsten Kapitel dringt man in neue Gebiete vor. Mit Eingriffen in das menschliche Genom können - nachdem Veränderungen an selbigen Anfang der 2060er Jahre durch SURGE eingehend erforscht wurden - nun Körper auf genetischer Basis verändert werden. Dies schließt Verjüngungstherapien, Einbringung tierischer DNA und vieles mehr ein.
Aber auch die Nanotechnologie lässt einen Charakter neue Wege betreten. Mit im Blutkreislauf eingespeisten Naniten kann man Dinge tun, an die man früher überhaupt nicht gedacht hätte. Das gilt aber nicht nur für Runner, sondern leider auch für die potentiellen Gegner. Denn Nanotechnologie kann auch über die Luft eingesetzt werden und über die Atemwege in den Körper gelangen.
Das Regelkapitel zur Anwendung und Umgang mit neuen Medizinregeln wäre eigentlich ein toller Abschluss, aber es wird noch ein Kapitel draufgesetzt. Denn danach folgt noch eine Abhandlung über Biodrohnen, Schwarmtechnologie und den Einsatz von menschlichen Gehirnen in verschiedenen Systemen. Schockierend aber definitiv etwas Neues.

Hat man zu Beginn des Bandes das Gefühl, man würde sich auf bereits ausgetretenen Pfaden befinden, muss man diese Einschätzung spätestens ab der Hälfte des Werks revidieren. Viele neue Ideen - manche davon ein wenig abgedreht, andere ziemlich schockierend - bieten auch genauso viele Möglichkeiten das Spiel "Shadowrun" weiterzuentwickeln. Die reale Welt entwickelt sich weiter und so manche Änderung ist nicht wirklich das, was man früher gedacht oder man sich einst gewünscht hat. Unabhängig davon wirken die Artikel gründlicher recherchiert und fundierter als etwa noch in der zweiten Edition des Rollenspiels.
Die Dualität der Entwicklung dieses Cyberpunk-Rollenspiels ist irgendwie bezeichnend. Die heute Technologie entwickelt sich weiter und lässt somit auch die mögliche Weiterentwicklung von Technik in einem Rollenspiel transparenter erscheinen. In den 90ern war die Matrix noch eine futuristische Möglichkeit, aber niemand hätte einen zweiten Gedanken an Wireless-Verbindungen verschwendet. Ähnliches gilt für die Nanotechnologie. Vieles von dem, was man früher selbst im Bereich der Zukunftstechnologie nicht für möglich gehalten hätte, ist bereits heute auf einem Stand, der für das Jahr 2070 völlig neue Theorien zulässt. Theorien, die nicht einmal allzu abwegig klingen.
Insofern kann das sehr gut ausgearbeitete, hervorragend recherchierte Regelwerk "Bodytech" jedem Spielleiter von "Shadowrun" nur empfohlen werden. Es bietet nicht nur die Möglichkeit, die Welt besser zu gestalten, Charaktere auszubauen und sich auf eine neue Zeit einzustellen. Nein, in Wahrheit repräsentiert es zusätzlich den Drang, sich ständig weiterzuentwickeln und immer neue Innovationen einzubringen - selbst in einem Rollenspiel. Verfechter der 2.01er - Regeln gehören nun endgültig zum alten Eisen.

Das Regelswerk "Bodytech", zugehörig zur vierten Edition des Rollenspiels "Shadowrun", führt nicht nur die bereits bekannten Wege der Technologie fort, es begibt sich auch auf völlig neues Terrain. Jeder Spielleiter sollte diesen Band unbedingt erwerben - er lohnt sich und macht die Welt der 2070er nochmals etwas moderner.

 

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    01/2009
  • Umfang:
    184 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783939794776
  • Preis (D):
    29,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
    Keine Bewertung
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Spieltiefe:

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