Regional war gestern, heute kocht man Lokal
Buchpräsentation "Lokal - Das Kochexperiment"
Beitrag von Janett Cernohuby | 30. Januar 2017
War es vor rund zwei Jahrzenten noch normal, Obst, Gemüse, Milch oder Fleisch aus der eigenen Region zu beziehen, hat sich dieses Bild in den letzten Jahren stark gewandelt. Sonnengereiftes Obst lassen wir uns frisch einfliegen, die Tomaten stammen aus Italien und die winterlichen Erdbeeren aus Spanien oder gar Ägypten. Dass das nicht nötig ist, zeigen die beiden Köche Georg Schweisfurth und Simon Tress. Für ein Kochexperiment sind sie durch vier Länder, an elf verschiedene Orte gefahren. Sie wollten herauszufinden, was man mit Zutaten alles zubereiten kann, die im Umkreis von 15 Kilometern produziert werden. Das Ergebnis fassten sie in einem Kochbuch zusammen, welches am 30. Januar 2017 in Babett's in Wien, einem Geschäft für Gewürze und Kochbücher, präsentiert wurde.
Bio war und ist für beide Autoren immer wichtig gewesen. So hat Georg Schweisfurth, gelernter Metzger und Diplomvolkswirt, 1998 die Biosupermarktkette basic gegründet und leitet außerdem das Biotagungs- und Veranstaltungshotel Gut Sonnenhausen. Auch hier setzt er auf Nachhaltigkeit, betreibt einen eigenen Biogarten und Schafhaltung.
Spitzenkoch Simon Tress hat sich ebenfalls voll und ganz den Bioprodukten verschrieben. In seinem Biohotel-Restaurant Rose führt er die moderne Landküche vor. In seiner Küche wird nur verarbeitet, was aus ökologischem Anbau kommt. Er setzt auf Bioprodukte und macht sich für den nachhaltigen Genuss stark.
Vor zwei Jahren haben sich die beiden zusammengesetzt und das Thema "Regionalität" betrachtet. Jeder redet heute über Regionalität, doch für jeden bedeutet es etwas anderes. Für die einen ist regional, was in 50 Kilometer Umkreis geschieht, für andere ist es das eigene Bundesland und wieder andere das Heimatland. Beiden Autoren war klar, dass sie einen anderen Begriff brauchten - und das war das Wort Lokal. Darunter stellt sich jeder etwas Nahes vor, innerhalb der eigenen Gemeinde. Wo man den Erzeuger, den Hersteller noch persönlich kennt. Für die beiden Autoren war das ein Bereich im Umkreis von 15 Kilometern. Dabei betonten sie aber auch, dass dies eine flexible Entfernung sei. Jeder soll diesen Radius für sich selbst festlegen. Schweisfurth und Tress wollen nicht mit erhobenem Finger wahrgenommen werden, sie wollen die Leute lediglich sensibilisieren.
Dafür haben sie ein besonderes Kochprojekt gestartet.
Georg Schweisfurth und Simon Tress haben sich auf eine Kochreise durch Deutschland, Österreich, Südtirol und die Schweiz begeben. In elf Städten - die einige Tage zuvor ausgelost wurden - haben sie sich dann im Umkreis von 15 Kilometern auf die Suche nach Zutaten gemacht, die in der Region produziert wurden. Das war nicht immer leicht, wie Georg Schweisfurth verriet: "Wir waren manchmal in Regionen, wo überhaupt nichts mehr wuchs. Wo der Schnee so hoch war, in Lech am Arlberg beispielsweise. Da war es nicht so einfach, etwas zu finden. Wir haben dann eigentlich lediglich Rindfleisch bekommen, das tiefgefroren war, aber lokal, und wir haben die getrockneten Kräuter des Sommers bekommen, Rindermark, Milch und Honig."
Aus den gefundenen Zutaten kreierten die beiden dann etwas Schmackhaftes, was natürlich mit wenigen Zutaten eine besondere Herausforderung war: "Am Anfang war ich verkrampft", berichtete Simon Tress. Nach den ersten Reisen änderte sich das und sie konnten loslassen. "Das war das Beste, was wir machen konnten." So sind die beiden erst einmal zur nächsten Destination gefahren, haben sich die Gegebenheiten, die Angebote angesehen, geschaut, welche Möglichkeiten sich auftun und dabei die spannendsten und kuriosesten Erlebnisse hatten.
So entstanden nach und nach einzigartige Rezepte, Interviews mit Menschen, die ebenfalls Wert auf ökologisch hergestellte Lebensmittel legen, und zahlreiche Fotos. Alles wurde zusammengefasst und in einem einzigartigen Lesekochbuch vereint: "Lokal - Das Kochexperiment".
Dieses Kochbuch wurde am Nachmittag des 31. Januar den Besuchern nicht nur in seiner haptischen Form präsentiert, man durfte sich auch über einige Kostproben daraus freuen. Während sich die Gäste an Bärlauch-Kartoffel-Brötchen, Kürbiscremesuppe, Wildschweinragout und Wallnussküchlein labten, schalteten die beiden Autoren ihre Fans der Facebook-Community in einem Livestream zu und beantworteten auch deren Fragen. Darüber hinaus gab es auch einige Anekdoten aus den Kochreisen der beiden zu hören, insbesondere zu ihrem ersten Besuch in Wien, wo sie im Babett's in der Schleifmühlgasse kochten.
Neugierig gemacht mit kleinen Kostproben, lebendigen Reiseberichten und einer Erinnerung an die Bedeutung von Lokalität, begab sich der eine oder andere mit dem besonderen Kochbuch nach Hause, um darin zu lesen, zu stöbern und ganz sicher so manches Rezept nachzukochen.