Science Busters in der Burg Perchtoldsdorf
Beitrag von Stefan Cernohuby | 29. Oktober 2015
Wenn man sich an einem Ort befindet, der sich wiederum an einem Ort befindet, der sich innerhalb des Areals eines noch größeren Ortes befindet, müssten sich nicht die Merkmale des allumfassenden Begriffes auf jegliches kleinere Bezugsmodell niederschlagen? Wenn man also behaupten würde „Das Universum ist ein Scheißgegend“, müsste dann nicht eigentlich der neue Saal der Burg Perchtoldsdorf, in dem Kabarett und Buchpräsentation mit dem gleichen Namen stattfinden, ähnlich schlecht riechen? Sollte man meinen, war aber nicht so.
Der neue Saal der Burg verhieß bereites einiges an Ambiente, obwohl jener Raum nicht unbedingt Anzeichen von Geschichte zeigte. Von Problemen mit dem Ton, den es bei der Probe gegeben haben sollte, war nichts zu bemerken. So setzte vor dem Auftritt der Science-Busters eine Animation auf der Leinwand ein, die sich mit dem Thema Gehirn beschäftigte, begleitet von Hintergrundmusik.
Dann folgte der Auftritt von Martin Puntigam.
Dieser wurde mit Staunen bedacht. Nicht jedem erwachsenen Mann steht ein hautenges rosa Shirt (mit künstlichen Brustwarzeneinsätzen) – und, nunja, auch ihm nicht. Aber zumindest gehörte das bereits zum Programm, bei dem sich Puntigam als „MC“ ankündigte.
Nach dem Herzstilltand von Werner Gruber und seiner Rekonvaleszenz veränderte sich die wissenschaftliche Besetzung zur Hälfte. Der Astronom, Meteoritenfan („Man kann ALLES mit Asteroiden machen“) und bekennende PI-Jünger Florian Freistetter ist auf der aktuellen Tour der Konterpart zu Professor Heinz Oberhummer. Bei der Vorstellung durch Martin Puntigam kristallisierten sich bei den Vortragenden seltsame Vorlieben heraus: Alpakas und ein Lieblingsbakterium (Conan, das Bakterium) bei Heinz Oberhummer. Bei Freistetter waren es hauptsächlich die Asteroiden, die in Erinnerung blieben.
Dann griff Oberhummer zur Gitarre, was nicht nur „Smoke on the Water“ durch den Saal trieb, sondern auch eine geistige Überleitung zu interstellaren Steppenwölfen bildete – also ohne an Sonnensysteme gebundene, durchs All reisende Planeten. Um die Kälte im All zu simulieren, ließ sich Freistetter auf ein Experiment mit Trockeneis ein, das allerdings nicht ganz funktioniert. Er griff tief in die Trickkiste um es noch zu retten und schreckte auch vor ein wenig Schummelei nicht zurück.
Dann wurden auf atheistische Weise Gottes Werke besprochen - ein bekannter Physiker -, über den Erhalt des Nobelpreises philosophiert und über lange laufende Wetten unter Akademikern gescherzt.
Auch der Untergang des Universums, und dass man diesen nicht einmal kommen sehen würde, war Teil der Präsentation. Zu diesem Thema sah Martin Puntigam (zum Glück) Grund genug sich umzukleiden – um mit seinem Shirt auf die drohende Vernichtung hinzuweisen. Genauso gab es eine kurze Buchvorstellung und eine Leseprobe aus dem Hörbuch. „Das Universum ist eine Scheißgegend“. Dieses soll nun nicht nur die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse enthalten, laut Professor Oberhummer glitzert der Schutzumschlag bei schrägem Lichteinfall auch ganz wunderbar und zeigt uns das Wunder der Sterne. Ein weiterer Grund also, um das Werk käuflich zu erwerben.
Der Komet „Tschuri“, der aktuell durch die Sonde „Rosetta“ besucht wird, war ebenfalls ein großes Thema – nicht nur wegen der Nebenbedeutung seines Namens im Wiener Sprachgebrauch. Und da die Zusammensetzung des Kometen so interessant und heimelig ist, arbeiteten die beiden Wissenschaftler zusammen, um gemeinsam in Echtzeit einen Nachbau des Kometen präsentieren zu können – ein Experiment, das gelang.
Insgesamt enthielt das Programm trotz der kurzen Buchpräsentation nur wenige Ausschnitte aus dem eigentlichen Werk, war jedoch dank der zahlreichen Bühnenaction und Einlagen trotzdem sehr sehenswert. Zum Glück touren die Science-Busters noch eine ganze Weile durch den deutschsprachigen Raum, sodass man ihren Auftritt nicht verpassen muss – obwohl es, wie von den Vortragenden erwähnt, in Deutschland bereits zu einigen Verständigungsschwierigkeiten gekommen ist. Doch an einem bestimmten Ort im Universum, der Michstraße, dem Sol-System, auf dem Kontinent Europa, im Land Österreich und in der Stadt Wien war die Vorstellung gewissermaßen ein Heimspiel.
Alle Fotos von Michael Seirer Photography: