Der Mann, der Sherlock Holmes tötete

von Graham Moore, David Nathan (Sprecher*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 27. März 2019

Der Mann, der Sherlock Holmes tötete

Es gibt viele Schurken, die sich anschicken, Helden zu töten. Doch den wenigsten gelingt das auch. Tatsächlich sind es meist ganz andere, die dafür sorgen, dass Helden untergehen. Unter anderem davon handelt der Roman „Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ von Graham Moore, das uns als Hörbuch mit David Nathan vorlag. Nach seinem beeindruckenden vorherigen Roman „Die letzten Tage der Nacht“ durfte man mit Recht gespannt sein.

Arthur Conan Doyle hasst den Detektiv, den er selbst erschaffen hat. Alle lieben Holmes, doch er selbst erhält nicht einmal im Ansatz jene Aufmerksamkeit, die man ihm seiner Meinung nach zugestehen sollte. Also beschließt er am Rande der Reichenbachfälle, seine ungeliebte Schöpfung zu töten.
Im Jahr 2010 findet ein Kongress von Sherlockianern statt. Harold White wurde gerade erst bei den Baker Street Irregulars aufgenommen. Als kurz darauf einer der größten Experten zum Leben von Sir Arthur Conan Doyle ermordet wird, alle Hinweise auf einen „Kollegen“ hindeuten und jener Mann offenbar den Abschnitt eines verschwundenen Tagebuchs entdeckt hat, macht sich Harold auf die Suche – immer im Hintergrund die Frage: Was hätte Sherlock Holmes getan.
Doch auch Doyle wird im Jahr 1900 mit einem Mordversuch auf seine Peron und einer Mordreihe an einigen jungen Damen konfrontiert. Gemeinsam mit seine Freund Bram Stoker, ebenfalls Autor, macht er sich an die Nachforschungen. Das ist gar nicht gut, da er kurz davor ist, von der Königin geadelt zu werden.
Genau jene Zeitperiode ist es, die in den sonst beinahe lückenlosen Aufzeichnungen in Doyles Leben fehlt. Was war der Grund, warum der Schriftsteller Jahre später Holmes von den Toten zurückholte? Kann das fehlende Tagebuchstück dieses Rätsel lösen?

Wie schon in „Die letzten Tage der Nacht“ dringt man mit Graham Moores Hilfe in eine Vergangenheit ein, die noch von Gaslaternen erleuchtet wird, welche erst langsam dem hellen elektrischen Licht weichen müssen. Genauso gekonnt unterstützt ihn dabei der Sprecher des Hörbuchs, David Nathan. Man springt hin und her zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dabei hat man immer das Gefühl, sich am Rande der Fiktion zu bewegen, aber kaum darüber hinaus. Dies geschieht hauptsächlich über die Emotionen der Charaktere und das Vermischen von Realität und dichterischer Freiheit. Man glaubt jedes Mal zu spüren, wie die Wut in Arthur Conan Doyle hochkocht, wenn die Rede auf Sherlock Holmes kommt. Und man spürt das Ringen nach Bedeutung, das Harold White ausmacht. Denn er ist selbst ein eher unbedeutender Zeitgenosse, nur seine Kenntnisse der Vergangenheit und das einzigartige Abenteuer lassen ihn aufblühen. Obwohl die Geschichte an einigen Stellen etwas übers Ziel hinausschießt und sich durch einen übertriebenen Hang zur Dramatik auszeichnet, ist das Werk doch sehr spannend, sehr unterhaltsam und wirkt kaum wie reine Fiktion. Der Sprecher macht darüber hinaus das kleine aber feine Extra aus, das Hörbuchliebhaber zusätzlich begeistern wird.

„Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ war natürlich Arthur Conan Doyle. Doch Graham Moore weiß darüber mehr zu berichten und lässt diese Worte von David Nathan übermitteln. Dies zusammen ergibt ein Hörbuch, das sowohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts als auch im Jahr 2010 angesiedelt ist und gelungen Realität und Fiktion verschmelzen lässt. Nur an wenigen Stellen schießt der Autor ein wenig über das Ziel hinaus, empfehlenswert ist das Werk als Roman und Hörbuch dennoch. Vor allem, wenn man den Autor bereits kennt.

Details

Bewertung

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