Worte haben eine große Macht. Die Kraft der Bücher kann man sich erst so richtig vorstellen, wenn man sie am eigenen Leib erlebt hat. So individuell wie jeder Mensch ist, so einzigartig sind auch die Bedürfnisse der Leser. Juliette bekommt durch einen Zufall eine ganz besondere Aufgabe. Sie soll Menschen genau das Buch zukommen lassen, dass sie gerade nötig haben, um aus ihrem Leben ein glücklicheres zu machen. Dabei entdeckt Juliette, was sie wirklich in ihrem Leben tun möchte.
Juliette ist eine introvertierter junge Frau. Eigentlich wollte sie mit ihrer Arbeit anderen helfen, doch die Arbeit in der Immobilienfirma hat sich als ziemlich langweilig entpuppt. Juliettes Highlight des Tages ist es, mit der Métro zu fahren. Dort kann sie einerseits selbst lesen - sie hat immer ein Buch in ihrer Tasche - doch viel wichtiger ist es für sie die anderen Fahrgäste zu beobachten. Da gibt es den Mann mit grünem Hut, der immer in seinem dicken Insektenbuch blättert oder eine junge Dame, die immer Liebesromane liest und dabei auch mal eine Träne vergießt. Aber auch noch einige andere Fahrgäste gibt es, die von der jungen Frau genau beobachtet werden. Sie fragt sich immer, was diese Menschen antreibt, warum sie diese Bücher lesen und welche Geschichte hinter diesen Personen steckt.
Als sie eines Tages spontan beschließt früher auszusteigen und zu Fuss zu gehen, ändert sich für Juliette plötzlich alles. Die junge Frau entdeckt ein junges Mädchen, das sorglos durch ein Tor in einen Hinterhof hüpft. Um das Tor offen zu halten steckt ein Buch darin. Ihre Leidenschaft für Bücher und ihre Neugierde führt die junge Frau in den Hof. Dabei betritt sie das Leben von Zaide und ihrem etwas seltsamen, aber sympathischen Vater Soliman. Es eröffnet sich ihr dort eine ganz neue Welt der Bücher. Eine Seite, die sie noch nie entdeckt hat, aber die sie um so mehr fesselt. Zuerst beginnt sich ihr Leben in kleinen Schritten zu ändern. Doch dann muss sie so einige Entscheidungen treffen, die alles verändern könnten…
Christine Féret-Fleury hat schon zahlreiche Romane und Jugend- und Kinderbücher geschrieben. “Das Mädchen, das in der Métro las” kann man am ehesten in die bibliophile Unterhaltungsliteratur einordnen, eventuell auch in die Wohlfühlliteratur. Es ist ein herzerwärmender Roman über die lebensverändernde Macht der Bücher und Worte.
Allerdings kann es gut sein, dass der eine oder andere Leser nicht wirklich mit Juliette, der Protagonistin, warm wird. Sie führt doch ein relativ langweiliges Leben und ist sehr zögerlich und verunsichert. Sie ist eine liebenswerte Person, die man gerne kennen würde, aber wer will sich schon in eine solche Person hineinversetzen?
Tendenziell ist die Geschichte eine, die sich ganz langsam entwickelt. Man darf sich keine spektakulären Geschehnisse erwarten. Die Veränderungen geschehen großteils im Inneren. Wenn man das vor dem Lesen bedenkt, kann man sich auf eine wirkliche schöne Geschichte freuen. Gespickt mit sehr vielen Verweisen auf gute Autoren und deren Werke, bekommt man Lust darauf, das eine oder andere erwähnte Buch mal selbst in die Hand zu nehmen.
Das Thema Bookcrossing ist ein interessantes, vor allem wenn man das erste Mal mit dem Konzept vertraut gemacht wird.
Es wäre insgesamt netter gewesen, die eine oder andere Beziehung zu vertiefen. Bei der Kürze des Buch bleibt natürlich viel an der Oberfläche. Doch das mit einigen Personen nicht mehr interagiert wird, ist doch auch etwas enttäuschend.
“Das Mädchen, das in der Métro las” ist für all jene, die Geschichten über Bücher lieben und welche Wirkung diese auf die Menschen haben können. Es ist vermutlich kein Werk, das zum Longseller werden wird. Dennoch sollte es in der Flut der Neuerscheinungen nicht untergehen, denn es bietet eine gute Geschichte. Ideal natürlich zum Lesen in der Métro.
Details
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Originaltitel:La fille qui lisait dans le métro
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:07/2019
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Umfang:176 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783832165000
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Preis (D):11 €