Das Mädchen, das den IS besiegte

von Farida Khalaf, Andrea C. Hoffmann
Rezension von Janett Cernohuby | 02. Juni 2016

Das Mädchen, das den IS besiegte

Was die IS mit Menschen macht, die nicht ihren Vorstellungen des sunnitischen Islam angehören, ist wohl allseits bekannt: Völkermord, Sklaverei, Vergewaltigung und Zwangshochzeiten. Die Grausamkeiten, die vor allem an Frauen verübt werden, können mit Worten kaum beschrieben werden. Dennoch versucht es eine junge Jesidin, die von ihrem Leidensweg im Buch "Das Mädchen, das den IS besiegte" erzählt.

In dem kleinen beschaulichen Dorf Kocho, im Norden Iraks, besucht Farida die vorletzte Klasse der Oberschule. Sie möchte einmal Mathelehrerin werden, freut sich zunächst aber auf die Sommerferien. Doch diese werden zu einem Alptraum. Die IS-Kämpfer sind auf dem Vormarsch und fallen im August 2014 in den kleinen Ort ein. Die Bewohner werden gefangen genommen, nach Männern und Frauen getrennt und dann verschleppt. Da sie zu den Jesiden zählen, sind sie für die IS nichts anderes als Ungläubige und Teufelsanbeter. Auch Farida fällt in die Hände der Terrormiliz. Sie wird verschleppt und auf dem Sklavenmarkt verkauft. Ein schreckliches Martyrium beginnt. Doch Farida lässt sich nicht brechen. Sie begehrt auf, wann immer es geht. Sie unternimmt Fluchtversuche, Selbstmordversuche, sie zeigt ihren Peinigern die Krallen - und am Ende gelingt ihr das fast Unmögliche. Sie kann zusammen mit einigen anderen Mädchen fliehen und sich in ein Flüchtlingslager retten.

"Das Mädchen, das den IS besiegte" ist ein erschütterndes Zeitdokument über den Schrecken, den der "Islamische Staat" ausübt und über die Grausamkeiten, die Frauen angetan werden. Das Buch steht stellvertretend für einen Hilferuf von tausenden noch immer gefangenen und misshandelten Frauen.
In diesem Augenzeugenbericht erfahren die Leser aus erster Hand, welche Grausamkeiten sich weitab unserer sicheren Heimat abspielen. Farida nimmt uns mit in ihre Heimat, in ihre Welt, die einst friedlich und schön gewesen ist. Doch mit dem Einfallen der Terrormiliz ändert sich das schlagartig. Von nun an regieren Angst und Terror das Gebiet. Menschen werden verschleppt, erschossen oder auf dem Sklavenmarkt für einen lausigen Preis verschachert, nur weil sie eine andere Religion oder eine andere Weltanschauung haben. Die jungen Mädchen, die als Sex-Sklavinnen angeboten werden, sind noch weniger wert als das Vieh im Stall. Sie sind Gegenstände, die jederzeit ausgetauscht, weitergereicht und weggeworfen werden können, wenn sie nicht mehr gefallen. Schläge, Vergewaltigung und Ausbeutung stehen an der Tagesordnung. Dennoch haben sich die Mädchen ihren Überlebenswillen bewahrt, insbesondere Farida. Sie gab niemals auf, selbst als sie durch die von Schläge erlittenen Verletzungen nicht einmal mehr aufstehen kann. Ihre Kraft bezieht sie aus ihrem Glauben, den sie trotz all der Grausamkeiten und Drohungen nicht ablegen will, und durch ihre Freundin, mit der sie bis auf eine kurze Zeit immer zusammenbleiben kann. Farida ist nicht still oder unterwürfig. Immer wieder wehrt sie sich, sagt ihre Meinung, riskiert Leib und Leben. Dieser Lebenswille, der Kampfgeist und natürlich auch die Kraft aus der Freundschaft zu dem anderen Mädchen ist es letztendlich zu verdanken, dass Farida nicht zerbricht und ihr am Ende die Flucht gelingt.
Doch ihr Leidensweg ist noch nicht zu Ende. Denn nach ihrer Rückkehr zu ihrer Familie - oder was davon übrig bleibt - muss sie weiterkämpfen. Gegen Stigmatisierung und die eigenen Schuldzuweisungen für das, was ihr passiert ist. Doch Farida ist nach wie vor eine Kämpfernatur und geht unbeirrt ihren Weg.

"Das Mädchen, das den IS besiegte" ist ein erschütternder und ergreifender Roman. Er erzählt vom Schicksal der damals 19-jährigen Farida, die von der IS gefangen, verschleppt und als Sklavin verkauft wurde. Es ist die Schilderung eines Einzelschicksals, das stellvertretend für das Schicksal tausender anderer Frauen und Mädchen steht. 

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