Ist ein Schriftsteller für einen Meilenstein der Literaturgeschichte verantwortlich, fallen viele seiner Nebenwerke der Vergessenheit anheim. Im Fall von J. R. R. Tolkien ist dies doppelt wahr, denn selbst jene, die ihn nicht nur für "Der Herr der Ringe" kennen, bringen ihn meist nur mit seiner Schöpfung "Mittelerde" in Verbindung. Tatsächlich hat der britische Autor aber zahlreiche weitere Kurzgeschichten und Gedichte verfasst, die nun gesammelt in einem Buch namens "Geschichten aus dem gefährlichen Königreich" erschienen sind.
Das gefährliche Königreich selbst befindet sich, obwohl es einer solchen Angabe eigentlich nicht bedürfte, auf den britischen Inseln, zu einer Zeit als sich die Herrschaftsverhältnisse noch regelmäßig und schnell änderten. Damals passierten zahlreiche seltsame Dinge, von denen der Autor berichtet. So wird beispielsweise der Bauer Giles von Ham wider Willer zu einem Helden. Nachdem er zuerst einen Riesen mit einer Donnerbüchse vertreibt, erhält er danach vom König ein Schwert, das wundersamerweise besonders gegen Drachen wirkt. So bleibt ihm kaum etwas anderes übrig als gegen einen solchen vorzugehen.
Rover ist der Name eines etwas übermütigen Hundes, der mitten im Spiel einem Zauberer die Hose zerbeißt. Fortan fristet er sein Dasein als winziges lebendiges Spielzeug. Er elebt Abenteuer auf dem Mond und unter Wasser - bis er schlussendlich seine Bestimmung findet.
Tom Bombadil war eine Puppe, mit der Tolkien seinen Kindern das Einschlafen leichter machte. Doch er schaffte es nicht nur bis in den "Herr der Ringe", nein, es gibt auch zahlreiche Gedichte über seine Abenteuer. Diese kann man genauso in diesem Buch finden wie auch einige andere lyrische Ergüsse.
Der Schmied von Großholzingen hat eine ganz eigene Geschichte, denn als er als Kind einen Elbenstern verschluckt, entwickelt sich sein Leben völlig anders als erwartet.
Tüftler ist Maler, konzentriert sich aber immer zu sehr auf Details. So kann er sein größtes Werk nicht vollenden, weil er sich nebenbei immer um seinen Nachbarn kümmern muss. Und schlussendlich liegt sehr spezielle Reise von ihm.
Illustriert wurden die Geschichten und Gedichte vom Alan Lee, der als Illustrator für Werke Tolkins und auch für seine Designs für die "Herr der Ringe"-Verfilmungen bekannt ist - für letzte hat er auch den Oscar erhalten.
Zweifellos kann man feststellen, dass J. R. R. Tolkien eine Menge Fantasie besaß. Allerdings ist nicht alles davon ohne Probleme in deutsche Sprache transportierbar. So können die Gedichte beim besten Willen nicht überzeugen. Während die Geschichten um Roverrandom, den Bauer Giles von Hamm oder den Schmied von Großholzingen eine ganz eigene Stimmung verbreiten und als Kindergeschichten hervorragend geeignet sind, können englischsprachige Gedichte in der Übersetzung nicht transportieren, was sie eigentlich ausmacht. Somit ist ein Gutteil des Buchs nicht wirklich "brauchbar". Davon einmal abgesehen ergänzen sich die Kurzgeschichten und die Illustrationen von Alan Lee hervorragend, so dass man einen weiteren toll gestalteten Band des Autors des "Herr der Ring" in Händen hält. Auch wenn man doch einige Überschneidungen findet, zum Beispiel Gedichte, die auch in anderen seiner Werke auftauchen, sind die "Nicht-Mittelerdegeschichten" doch durchaus lesenswert und auch jedem Fan zu empfehlen. Jeder andere sollte sich aber überlegen, ob er den Band wirklich kaufen will. Zu einem richtigen Genuss wird er nur für all jene, die auch schon andere Werke von Tolkien zu schätzen gelernt haben.
"Geschichten aus dem gefährlichen Königreich" ist eine Sammlung aller Kurzgeschichten, die J. R. R. Tolkien nicht in seinem Mittelerde-Universum platziert hat. Allen Sammlern seiner Werke kann man den toll illustrierten Band nur empfehlen. Die knapp 20 Euro, die der Käufer für das Buch zahlen muss, sind definitiv gut angelegt.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:05/2011
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Umfang:333 Seiten
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Typ:Hardcover
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ASIN:3608938265
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ISBN 13:9783608938265
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Preis (D):19,95 €