Gesammelte Werke

Namenlose Kulte

von H. P. Lovecraft
Rezension von Stefan Cernohuby | 18. Februar 2010

Namenlose Kulte

Horrorliteratur hat sich über die Zeit stark verändert. Einer der augenscheinlichsten Unterschiede ist, dass man sich heutzutage stark darauf verlegt hat, zu beschreiben was passiert. Zudem lässt man das Unheil oft sehr plötzlich und überraschen über seine Opfer hereinbrechen. Howard Phillips Lovecraft hatte dagegen einen völlig anderen Stil. Denn seine literarischen Kreationen - allem voran die Geschichten um den Cthulhu-Mythos - ließen den Leser meist allmählich ins Unbekannte abgleiten. So auch in dem im Festa-Verlag erschienen Band "Namenlose Kulte".

In "Der Ruf des Cthulhu" berichtet ein Erzähler vom Tod seines Onkels und von seltsamen Begleitumständen, die er erst später feststellt. Dieser hatte sich nämlich mit einem Kult beschäftigt, der sich einer äußerst fremdartigen Kreatur Names "Cthulhu" verschrieben hat. Doch dann wir ihm klar, je mehr er herausfindet, desto größer wird die Gefahr für ihn selbst.
"Die Katzen von Ulthar" berichtet von einem kleinen Dorf, in dem ein Paar haust, das mit Vorliebe Katzen quält und tötet. Als eine Gruppe geheimnisvoller Fremder in Ulthar halt macht, verschwindet ein schwarzes Kätzchen, das einem kleinen Jungen gehört. Daraufhin spricht er eine Art Gebet aus - mit ungeahnten Folgen...
Die Kurzgeschichte "Pickmans Modell" handelt von einem Mann, der keine Untergrundbahn mehr verwenden möchte. Auf die Frage, warum, erzählt er einem Freund eine Geschichte. Diese handelt von dem genialen aber wahnsinnigen Maler Pickman, der schreckliche Horrorszenarien in seinen Bildern darstellt. Dennoch ist das Ende dieser Erzählung etwas überraschend; wenn auch nicht für den Leser.
"Das Grauen von Dunwich" - unter anderem auch schon für das Brettspiel "Arkham Horror" als eigene Erweiterung erschienen - erzählt von einer im gleichnamigen Ort angesiedelten Familie namens Whateley, die immer schon im Verdacht standen, düstere Magie auszuüben. Als der junge Wilbur schon mit drei Jahren Lesen kann und dabei so schnell wächst, wie kein normaler Mensch, scheint sich eine grausige Gefahr in Dunwich zusammenzubrauen.
In "Celephais" begleitet man eine Person durch sein Leben in London, das geprägt ist von Träumen in fremden und völlig unbekannten Landen. Durch Drogenkonsum versucht er immer länger in diesen zu verweilen. Doch man kann sich nie sicher sein, was nun eigentlich Realität und was Fiktion ist.
"Aus dem Jenseits" will ein Wissenschaftler die Stimmen von fremden Wesen gehört haben. Er hat eine seltsame Maschine entwickelt, die eine Verbindung zu einer anderen Welt herstellt. Doch was auch immer das für eine Welt ist, sie ist alles andere als ungefährlich.
In "Das weiße Schiff" schreibt Lovecraft über einen Leuchtturmwärter, der sich in Phantasien verliert, um dann mit einer solchen, nämlich einem weißen Schiff, mitzusegeln. Doch seine Neugier führt zu einer dramatischen Situation...
"Der Tempel" spielt an einem ungewöhnlichen Ort, nämlich einem deutschen U-Boot im Jahr 1917. Eine ungewöhnliche Statue scheint die komplette Mannschaft in den Untergang zu treiben. Doch am Meeresgrund ist noch etwas anderes als das Verderben, nämlich ein seltsamer Tempel.
"Jenseits der Mauer des Schlafes" sieht der unbedarfte Joe Slater immer wieder Bilder, die seinen Verstand zerstören. Der ihn behandelnde Arzt versucht mehr darüber herauszufinden und macht schockierende Entdeckungen.
Die in mehreren Unterkapiteln erzählte Geschichte "Reanimator" lässt einen Arzt vom Schicksal seines Kollegen Herbert West rekapitulieren. Dieser hat zeit seines Lebens an nichts geringerem gearbeitet, als an einer Möglichkeit, Leichen wiederzuerwecken. Dabei unterlaufen ihm aber zahlreiche Fehler, die in schrecklichen Unfällen müden...
Abgeschlossen wird das Buch (zumindest geschichtstechnisch) durch "Die Farbe aus dem All". Als nach einem Meteoritenabsturz selbiger verschwindet, beginnt sich die Landschaft rund um den Absturzort zu verändern. Besonders betroffen davon ist eine Bauernfamilie, die nach einiger Zeit selbst von dem geheimnisvollen Prozess betroffen wird.
Nach den eigentlichen Geschichten folgen noch die Aussagen einiger Zeitgenossen von H. P. Lovecraft, die ihn aus dem einen oder anderen Grund getroffen haben. Dabei handelt es sich um durchaus interessante Begebenheiten.

Howard Phillips Lovecraft wird gerne als einer der "Altmeister" des Horrors bezeichnet. Dabei hat er es allerdings geschafft, dass viele seiner Geschichten definitiv zeitlos sind. Verständlicherweise haben nicht alle Erzählungen, die in "Namenlose Kulte" versammelt sind, die gleiche Qualität. Dennoch findet man hier einen hervorragenden Querschnitt durch Lovecrafts Schaffen. Von weniger inspirierten Auftragsarbeiten wie "Reanimator" über ebenfalls eher philosophische Kurzgeschichten wie "Das weiße Schiff" kommt man auch zu wirklich gruseligen und einzigartigen Werken. Besonders "Das Grauen von Dunwich", "Pickmans Modell" und "Die Farbe aus dem All" fallen unter letztere Kategorie. Aber auch "Die Katzen von Ulthar" ist sehr interessant, wobei hier eher der schwarze Humor als der wirkliche Gruseleffekt überwiegt.
Stilistisch ist Lovecraft sicherlich relativ einzigartig, war er damals doch beinahe selbst schon ein Anachronismus. Als einer der letzten wirklichen "Gentlemen" unterschied er sich schon in seinem Leben sehr von seinen Zeitgenossen. So waren auch seine Werke angelegt. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, haben sie heute einen Stellenwert im Bereich der Horrorliteratur, die er selbst nie erwartet hätte. Zahlreiche Autoren beziehen sich heute noch auf seine Werke, allen voran den Geschichten, die mit dem von ihm geschaffenen Cthulhu-Mythos zu tun haben. Darunter sind durchaus prominente Namen wie Stephen King oder Wolfgang Hohlbein zu finden.
Schon allein daher lohnt es sich, den Band "Namenlose Kulte" zu lesen. Aber auch ohne diesen Status zu berücksichtigen sind viele der enthaltenen Kurzgeschichten sehr spannend und präsentieren vor allen einen völlig anderen Stil als die heute verbreiteten Horror- oder Gruselgeschichten. Jeder, der dieses Genre mag und dieses Buch noch nicht zu Hause stehen hat, sollte dringend zugreifen.

H. P. Lovecrafts Kurzgeschichten, die in "Namenlose Kulte" versammelt sind, sind einer der Grundsteine der Horrorliteratur. Auch wenn nicht alle gleichbleibend hohe Qualität besitzen, sollte jeder, der sich dem Genre verschrieben hat und den Band noch nicht besitzt, selbiges schnell ändern. Denn hier erhält man zeitlose Klassiker in einem attraktiven Hardcoverband.

Details

  • Autor*in:
  • Band:
    2
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    01/2008
  • Umfang:
    302 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783935822848
  • Preis (D):
    24 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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