Borne

von Jeff Vandermeer
Rezension von Stefan Cernohuby | 25. Oktober 2017

Borne

Die Zukunft ist nicht immer ein Universum voller überlichtschneller Raumschiffe. Nicht selten ist sie in den Augen von Autoren auch eine postapokalyptische verstrahlte Einöde ohne jegliche Technologie. Jeff Vandermeer hat mit seinem Roman „Borne“ einen Mittelweg eingeschlagen. Zwar gibt es keine Raumschiffe und die Welt ist verseucht und verstrahlt, es gibt aber trotzdem Wissenschaft und Technik. Irgendwie.

Rachel lebt ihr Leben auf Messers Schneide. Ihr Zuhause in den Balcony Cliffs wird wie die gesamte Umgebung vom Riesenbären Mord und seinen Proxys bedroht. Doch er ist gleichzeitig auch die Quelle für viele Gebrauchsgegenstände und Vorräte, die man im Fell des riesigen Monsters finden kann. Eines Tages findet sie ein Objekt, von dem sie glaubt, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Möglicherweise ein Stück Biotech. Ihr Lebensgefährte Wick, selbst Wissenschaftler, der früher für die geheimnisvolle Firma tätig war, möchte das Wesen untersuchen. Doch Rachel lehnt ab, sie will Borne, wie sie die Kreatur nennt, ihm nicht überlassen. Doch Borne entwickelt sich. Von einem stationären Objekt wird Borne erst zu einer Kreatur, die sich von Eidechsen ernährt, dann alles Wissen in sich aufnimmt, die menschliche Sprache erlernt und letztendlich zu einem Formwandler wird. Während Wick die Wandlung des Wesens sehr skeptisch beäugt, soll Borne im aufflammenden Konflikt zwischen dem gewaltigen Monster Mord und seinen Dienern, der intrigierenden Magierin und dem Rest der Menschheit eine wichtige Rolle spielen.

Man betrachtet eine Endzeithandlung, mit einer ständigen Bedrohung durch eine gottgleiche und nahezu unverwundbare Kreatur aus der Sicht einer jungen Frau. Diese entwickelt beinahe mütterliche Gefühle für ein unbekanntes Wesen mit mysteriöser Herkunft. All dies geschieht in einer Welt, die bereits verheert ist. Biotech ist die Bezeichnung für die letzten augmentierten oder gentechnisch veränderten Kreaturen, die noch auf der verseuchten Oberfläche der Erde wandeln. Beinahe alles ist bereits verbogen, mutiert und gestört – die Vergangenheit scheint länger vorbei zu sein, als sie es tatsächlich ist. Mit dem gewaltigen Bären Mord bringt Jeff Vandermeer eine Kreatur mit ein, die ein wenig an den Bären MIR aus dem „Dunklen Turm“ von Stephen King erinnert. Tatsächlich besaß auch dieser dienstbare Helfer, die ihn umgaben und war beinahe unzerstörbar.
Doch der Titelgeber ist ein Wesen, das nicht klar zu definieren ist und von dem der Leser längere Zeit nicht weiß, was er davon halten soll. In einer Welt mit unklarer Vergangenheit und nicht wirklich verständlichem Status Quo ist das beinahe schon zu erwarten. „Borne“ beantwortet absichtlich nur einen Teil der Fragen, die sich der Leser stellt und welche die Handlung aufwirft – selbst die Protagonistin schweigt sich über bestimmte Inhalte aus. All das zusammen ergibt ein spannendes, alternatives und faszinierendes Werk, das in einem postapokalyptischen Szenario angesiedelt ist.

„Borne“ ist ein Roman von Jeff Vandermeer, der sich weder von Genres, noch von konventionellen Erzählformen oder typischem Handlungsaufbau einschränken lässt. Das dystopische Werk deutet viel an, lässt absichtlich Fragen offen und wird vielleicht genau deshalb faszinieren. Die Mär rund um ein fremdes Wesen, einen riesigen Mörderbären und eine Welt am Abgrund wird sicher ihre Leserschaft finden. Insbesondere Liebhaber düsterer Science-Fiction und Endzeitgeschichten können hier bedenkenlos zugreifen.

Details

Bewertung

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  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik: