Iron Man

Der überragende Iron Man

von Tom Taylor, Yildiray Çinar (Illustrator*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. Juni 2017

Der überragende Iron Man

Wenn Genie und Wahnsinn knapp beieinanderliegen, dann gilt das genauso für Überschwang und Alkoholismus sowie Selbstbewusstsein und Gottkomplex. Vereint man all diese Widersprüche in einer Person und darf ein fiktives Universum auswählen, ist Tony Stark – auch bekannt als „Iron Man“ eine logische Wahl. In „Der überragende Iron Man“ werden allerdings Tabus gebrochen, mit denen man nicht gerechnet hätte.

Tony Stark ist in gewisse alte Muster zurückgefallen. Er trinkt wieder, hat gerne schöne Frauen um sich und glaubt mehr denn je an seine überlegenen Fähigkeiten. Allerdings gibt es auch niemanden, der ihm widerspricht, abgesehen von Pepper Potts, die mit seiner Wandlung alles andere als glücklich ist. Doch Probleme gibt es erst, als Tony die Extremis-App, die alle Menschen schön macht, vom Gratismodus auf Bezahlsystem umstellt. Das bringt ihn sofort auf die Liste von Daredevil, der die wahre Natur hinter dem System zwar nicht sieht, jedoch hört. Doch Tony hat seine Mittel, ihn zur Räson zu bringen.
Gemeinsam mit einem Jungen namens „Teen Abomination“, einem Sprössling seines ehemaligen Leibwächters Happy, und seiner neuen Symbionten-Rüstung bereitet er seine weiteren Pläne vor, die unter anderem totale Überwachung beinhalten. Dabei stellen ihm sich letztendlich zwei ernstzunehmende Gegner in den Weg. Die Frau, die er liebt, und sein früheres Ich.

Der Charakter von Tony Stark war schon immer ambivalent ausgelegt. Arroganz und Selbstüberschätzung gehörten stets zu seinem Auftritt, so wie der gut sitzende Maßanzug und wohlgewählte Hintergrundmusik. Doch er hatte immer eine menschliche Seite, Skrupel und Achtung vor dem Leben. All dies scheint er nun verloren zu haben. Er programmiert Menschen um, löscht Erinnerungen und beutet einfache Mitmenschen systematisch aus. Kollateralschäden sind ihm ebenso egal wie die Meinungen seiner Freunde. Oder sind sie längst keine Freunde mehr?
Autor Tom Taylor hat hier den Auftakt eines größeren Handlungsstrangs erschaffen, bei dem man nur davon ausgehen, kann, dass er in den Untergang führt. Dies harmoniert sehr gut mit den Zeichnungen von Yildiray Çinar, auch wenn diese nicht an jene aus der „Extremis“-Vorgeschichte herankommen. Dennoch, der Leser kann auf über 200 Seiten miterleben, wie einer der wichtigsten, einflussreichsten und intelligentesten Helden des Marvel-Universums das Maß verliert. Nicht zum ersten Mal, wenn man an Henry Pym oder Reed Richards denkt. Und dennoch ist das Szenario wieder lesenswert – insbesondere, wenn man an Starks Ressourcen und Reichweite denkt.

„Der überragende Iron Man“ ist eine Geschichte, die nicht von einem Helden handelt. Im Gegenteil, sie erzählt von einem Mann, der alles nach seinem Willen möchte, weil er glaubt alles besser zu wissen. Tom Taylor als Autor hat hier mit Yildiray Çinar zusammengearbeitet und eine beklemmende Handlung gesponnen, bei der man bis zum Schluss nicht die Hoffnung aufgibt, dass der alte Tony noch irgendwo im Protagonisten schlummert, der gleichzeitig sein eigener Antagonist ist. Allen Fans von „Iron Man“ muss man dieses Werk, trotz etwas Bauchweh, empfehlen.

Details

Bewertung

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