Luzid

von ComaComics
Rezension von Stefan Cernohuby | 19. Dezember 2016

Luzid

Comics sind im deutschsprachigen Bereich zwar jedem bekannt, werden aber oft noch misstrauisch beäugt. Denn dass es mehr als nur Geschichten rund um Superhelden oder gar das Lustige Taschenbuch gibt, ist keine allgemein verbreitete Information mehr. Kommt man dann zur Bezeichnung „Graphic Novel“, wird man eher auf konzentriertes Stirnrunzeln stoßen. Zum Glück hat das eine Gruppe an Illustratoren nicht davon abgehalten, die Graphic Novel „Luzid“ zu entwickeln, die im Luftschacht Verlag erschienen ist.

Laika ist ein relativ durchschnittlicher Zeitgenosse. Allerdings fehlt ihm eines, nämlich Träume. Als eines Tages ein Bote mit einem Brief bei ihm Eintrifft, der ihm die Teilnahme an einem Traumforschungsprojekt des großen Konzerns Coma in Aussicht stellt, scheint dies genau das zu sein, was er sich gewünscht hat. Obwohl sowohl der Bote als auch die Forschungseinrichtung relativ seltsam sind, nimmt der wortkarge Laika an der Studie teil. Doch diese führt ihn durch unterschiedliche Traumwelten. Nach einer Begegnung mit einem Seemann trifft er auf einen riesigen Roboter und verteidigt sich instinktiv mit seinem plötzlich mechanischen Arm. Doch als er einige Fragen nicht beantworten kann, will man ihm den Prozess machen. Nach dem nächsten Traumübergang findet er sich inmitten einer Geiselübergabe eines Gangsterpärchens wieder. Hier fallen innerhalb kurzer Zeit die beiden Namen Rick und Deckard. Weiter geht es durch eine futuristische Welt am Abgrund, in der die letzte Schlacht kurz bevorsteht. Dabei haben seine Entscheidungen immer mehr Tragweite. Und auch die weiteren Stationen der Reise sind für Laika kein Spaziergang, ob ihm völlig klar und einleuchtend erscheint, was ihm widerfährt – um auch auf diese Weise auf den Titel Bezug zu nehmen – darf zumindest bezweifelt werden.

Sieben unterschiedliche Illustratoren haben sich eines gemeinsamen Plots angenommen. Sieben sehr unterschiedliche Zeichenstile treffen aufeinander, wobei lediglich das erste und letzte Kapitel vom gleichen Illustrator stammen. Die allesamt österreichischen Künstler entwickelten den Plot gemeinsam und übernahmen dann unterschiedliche Parts, die dadurch völlig verschiedene Stimmungen entwickeln. Eine kafkaeske Situation jagt die andere. Das ist nicht nur sehr passend, sondern auch Absicht, ist doch bereits das Cover von Patrick Wagesreither eine Interpretation eine der bekanntesten Fotodarstellungen von Franz Kafka. Darauf nimmt auch eine Textstelle am Ende des Werks, verfasst vom gleichen Illustrator, Bezug. Man hangelt sich als Leser durch verschiedene Situationen, in denen der Protagonist immer direkt auf das Geschehen einwirkt – manchmal aktiv, manchmal passiv. Etwas amüsant ist, dass im Vorstellungstext von Seiten des Verlags mehr Informationen über den Hintergrund des Werks stecken als im Werk selbst. Hier wird beinahe die Grenze zwischen eigenständiger und induzierter Interpretation überschritten. Nichtsdestotrotz ist die Graphic Novel in Schwarz-Weiß, an der auch Sophia Eyb, Lukas Frankenberger, Klaudia Kozma, Lukas Köb, Moritz Mayer und Georg Wolf mitgearbeitet haben, ein äußerst gelungenes Projekt, das man nicht nur Fans des Genres empfehlen kann.

„Luzid“ ist ein Werk mit stark kafkaesken Zügen, das als Gemeinschaftsprojekt sieben österreichischer Comiczeichner und -autoren entstand. Als Leser wird man hier in Traumwelten entführt, die nicht nur dem Protagonisten Rätsel aufgeben. Ein Werk, das man jedem Fan des Genres Graphic Novel nur empfehlen kann. Die sehr unterschiedlichen Zeichenstile der Schwarzweiß-Illustration sind interessant und fügen der Geschichte noch weitere Dimensionen hinzu.

Details

Bewertung

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