Julia Kaufhold im Interview
Beitrag von Janett Cernohuby | 09. August 2013
Frauenliteratur ist nicht gleich Frauenliteratur. Da gibt es jene Romane, in denen mutige Frauen vergangener Zeiten tapfer um ihre Selbstverwirklichung kämpfen. In anderen können sich die Heldinnen nicht oft genug in die Arme ihres Geliebten werfen und dann gibt es noch jene nicht ganz ernstzunehmenden Romane, in denen freche, leicht chaotische Frauen versuchen ihre Träume zu verwirklichen. Einen Vertreter der letzten Kategorie präsentiert Julia Kaufhold mit ihrem Debutroman 'Löffelchenliebe', in dem es sich um eine herzerfrischende, charmante Liebesgeschichte, um biologische Uhren, Mr. Right und Babys dreht.
Janetts Meinung: 'Löffelchenliebe' ist ein humorvoller, romantischer Liebesroman, der gleichzeitig ein Thema anspricht, das viele Frauen sehr beschäftigt. Wie kamen Sie auf die Idee?
Julia Kaufhold: Ursprünglich hatte ich vor, lustige Begebenheiten zwischen einer Frau Mitte dreißig und einem zehn Jahre jüngeren Mann zu schildern. Als ich mich gefragt habe: Was könnten Dinge sein, bei denen der Altersunterschied ins Gewicht fällt, kam mir – sozusagen durch die Hintertür – das Kinderthema in den Sinn. Und plötzlich hat sich die Sache verselbstständigt...
JM: Was genau erwartet den Leser im Buch 'Löffelchenliebe'?
JK: An erster Stelle würde ich sagen: Unterhaltung. „Löffelchenliebe“ ist lustig und leicht. Man kann lachen und vielleicht sogar ein Tränchen verdrücken und im besten Fall findet man sich hier und da wieder.
JM: Anna lernt einen wesentlich jüngeren Mann kennen. Zusätzlich setzen ihre biologische Uhr und der Wunsch nach einem Baby sie selbst ziemlich unter Zeitdruck. Spiegelt die Protagonistin persönliche Dinge von Ihnen selbst wider?
JK: Anna Brix ist mir nicht so ähnlich, wie man auf den ersten Blick vielleicht meinen würde. Aber auch ich habe einen jüngeren Mann, allerdings sind es bei uns nur fünf und nicht zehn Jahre Altersunterschied, und auch ich habe mir irgendwann ein Baby gewünscht. Mein Partner zum Glück auch!
JM: Ihre Charaktere sind natürlich und realistisch. Besonders Anna schließt man aufgrund ihrer leicht chaotischen Art sofort ins Herz. Gibt es einen Charakter, der Ihnen während des Schreibens besonders ans Herz gewachsen ist?
JK: Mein Herz schlägt für Opa Richard. Er war als Figur anfänglich gar nicht eingeplant, hat sich aber in seiner schelmischen, liebenswerten Art immer mehr in die Geschichte geschlichen. Er bildet den ruhigen, bodenständigen Gegenpol zu Annas impulsiven Art, lässt Raum für stille Momente, zugleich ist er ungemein auf Trab, und man weiß nie genau, ob er dement ist oder nur so tut. Um es vorweg zu nehmen: Auch mich führt Richard an der Nase herum.
JM: Die gleiche Frage anders herum: Gab es auch eine Figur, die Ihnen während des Schreibens auf der Nase herumgetanzt ist oder sich gar in eine ganz andere Richtung entwickelt hat, als ursprünglich geplant?
JK: Auch hier: Opa Richard. Dass er plötzlich sehr klar ist und mehr zu wissen scheint als alle anderen Figuren zusammen, war nicht geplant. Es gefällt mir aber ziemlich gut.
JM: Ihre Heldin Anna hat ihre Jugend und ihre Freiheit genossen. Nun erkennt sie, dass ihr zum Glück noch eine eigene Familie fehlt. Einigen Frauen geht es ähnlich. Andere wiederum haben diesen Wunsch nie verspürt. An welche Lesergruppe richtet sich ihr Roman?
JK: Da der Roman in erster Linie ein locker-lustiger Unterhaltungsroman ist, müssen die Leserinnen nicht zwangsläufig in einer ähnlichen Situation stecken wie Anna. Genauso müsste ich nicht selbst aufs Land ziehen wollen, um einen humorvollen Roman über eine Frau zu lesen, die aus ihrem großstädtischen Leben ausbricht. Und doch habe ich den Eindruck, dass Kinder früher oder später für jede Frau ein Thema sind, und sei es nur, um selbstbewusst vertreten zu können: Ich will keine Kinder.
JM: Ist 'Löffelchenliebe' an einem speziellen Ort entstanden oder haben Sie den Roman – ganz klassisch – zu Hause in ihrem Arbeitszimmer verfasst?
JK: Ich habe zu Hause im Arbeitszimmer begonnen, bin aber nicht so recht von der Stelle gekommen. Dann habe ich mich im April 2012 für einen Monat nach Cornwall zurückgezogen, habe kaum gesprochen in dieser Zeit, nur geschrieben, gelesen und bin spazieren gegangen. Das war eine großartige, intensive Zeit. Danach war der Roman fertig.
JM: Was macht für Sie den Reiz dieser Art der Frauenliteratur aus?
JK: Ein Reiz liegt für mich darin, Alltägliches sehr genau zu beobachten und so zu beschreiben, dass beim Lesen Bilder erzeugt werden. Neulich habe ich zu einem Freund gesagt: Endlich kann ich mal alles loswerden, was ich schon immer lustig fand. Die Balance zwischen Witz und Tiefgang zu finden, spornt mich ungeheuer an.
JM: Sind weitere Werke in diesem Genre in Planung, gar in Arbeit oder wollen Sie sich in einem ganz anderen Bereich versuchen?
JK: Derzeit arbeite ich – wenn mich mein kleiner Sohn lässt – an einem weiteren Roman desselben Genres, der voraussichtlich im Sommer 2014 wieder bei Page & Turner erscheinen wird. Diesmal geht es um die Freundschaft drei sehr unterschiedlicher Frauen und natürlich auch wieder um Liebe.
JM: Gibt es Vorbilder, die Ihre Arbeit beeinflussen?
JK: Für mich ist die mit Abstand beste Autorin des Genres Sophie Kinsella. Sie schreibt unglaublich pointiert und voller Wärme. Ich kann mich als Leserin in ihren Figuren wiederfinden, ich mag die Settings, die sie wählt, und ich werde immer wieder von ihren aberwitzigen, aber nicht unrealistischen Wendungen überrascht. Ganz große Unterhaltungsliteratur!
JM: Wie und wann haben Sie zum Schreiben gefunden?
JK: Neulich habe ich bei einer ehemaligen Grundschulfreundin einen Blick in ihr altes Reinschreibebüchlein „Meine Freunde“ geworfen. Damals, in der zweiten Klasse, hatte ich dort unter „Berufswunsch“ Schriftstellerin und Bäuerin eingetragen. Ich glaube, ich wollte schon immer schreiben, habe mir aber lange nicht die Zeit genommen, das professionell anzugehen. Irgendwann habe ich gespürt: So, jetzt ist es so weit, jetzt schreibe ich. Tja, und Bäuerin ... höchstens auf einem Resthof!
JM: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihrem Roman und sind auch schon gespannt auf weitere Veröffentlichungen.