David Sporrer von [kaleidoskop]
Beitrag von Janett Cernohuby | 05. Mai 2009
Nach ihrem ersten Studioalbum 'wir geh'n schon mal vor' veröffentlicht die österreichische Alternative-Band [kaleidoskop] im März 2009 ihr zweites Album 'die welt ein tanzparkett'. Von diesem kann man sich einiges erwarten, bewies doch schon der Vorgänger, dass hier wahre Könner und zudem professionelle Musiker am Werk waren. Nun hatten sowohl Ideen als auch Band einige Jahre Zeit, um sich weiterzuentwickeln. Ein guter Grund dem Sänger und Frontmann der Band, David Sporrer, zum aktuellen Album ein paar Fragen zu stellen.
Janett Cernohuby: In euer aktuelles Album 'die welt ein tanzparkett' habt ihr sehr viel Herzblut gesteckt. Was erwartet den Hörer auf selbigem?
David Sporrer: Das Leitmotiv von „die welt ein tanzparkett“ ist die Erzählung vom Werden, vom „auf dem Weg sein“. Und auf diesem Weg trifft man zuerst einmal auf sich selbst.
Die musikalische Reise erzählt vom Leben und Lieben. Und Lieben ist nichts ohne dem „Du“ als Dialogpartner, das den Erzähler am Leben erhält. Das Leben selbst stellt die Bühne vor,
auf der sich Leben abspielt, die Bretter, die die Welt bedeuten.
Der Tag beginnt, es wird Abend, dämmert allmählich und wird Nacht auf dem Album.
Und vielleicht fördert der Schatten der Nacht das eine oder andere Unbewusste zutage.
Was erwartet den Hörer auf unserem Album?
Mehr als ein Quäntchen Selbstironie mit direkten Botschaften und dennoch genügend Platz und Raum für Interpretation.
JK: Was gibt es für stilistische Unterschiede zwischen dem Vorgängeralbum 'wir geh'n schon mal vor' und 'die welt ein tanzparkett'?
DS: Das Album ist lichter. Einerseits heller von der Grundstimmung her, die auch in den Farbtönen des Artworks spürbar wird, andererseits von unserem „aufgeräumteren“ Herangehen an die Aufnahmen. Durch Reduktion steht der Sänger nicht so allein im dunklen Wald, sondern auf einer Lichtung, was ihn fragiler und damit angreifbarer im doppelten Sinne macht. Nicht zuletzt sind ja durch die Studioerfahrung von „wir geh’n schon mal vor“ auch wir selbst gereift.
JK: Womit habt ihr beim aktuellen Tonträger experimentiert? Aufnahmetechnik, Musikrichtungen, beides?
DS: Das ist alles geheim! Nein, im Ernst…
Wir wollten wieder, wie auch auf „wir geh’n schon mal vor“, eine authentische Stimmung durch authentisches Recording schaffen. Das heißt – „handgemachte“ Effekte an Stelle von Samples, ein echtes Klavier an Stelle von Keyboard. Nur bei Lied #2 „sie wollte barfuß gehen“ haben wir auf ein Keyboard vertraut, da das Lied selbst so eine hybride Stimmung hat.
Bei drei Liedern haben wir etwas ganz besonderes gemacht: mit einem Instrument gearbeitet, das man spielt ohne es zu berühren - dem Theremin. Es wir sozusagen dirigierend gespielt, klingt bei Lied #2 „sie wollte barfuß gehen“ wie ein Sturm von Laserstrahlen, bei Lied #9 „au revoir tristesse“ wie Polizeisirene und bei Lied #10 „zwillingsprinzip“ wie ein Violoncello.
Der Gesang ist unmittelbar, weil wir während der Studioarbeit sehen mussten/durften, dass in einem eingespielten Team (nicht zuletzt Produzent mit Andreas Fennes) der „first take“, das Erste Drauf-Los nicht nur am unverfälschtesten, sondern auch am stimmigsten ist.
„The first cut is the deepest“ gilt übrigens auch fürs Schlagzeug.
JK: 'au revoir tristesse' beinhaltet eine Stelle, die sehr an eine Passage eines von Falcos größten Hits erinnert. Ist das gewollt?
DS: Ja und Nein. Wie soll ich sagen… es musste genau so sein.
Ja, der Einstieg „Newsflash“ soll den Nachrichteneinstieg bei Falco’s „Jeanny“ persiflieren.
Nein, es handelt sich für mich um keine Hommage, da unser Newsflash ein völlig anderes Ziel verfolgt - er ist eine Hommage ans Leben selbst.
JK: Bleiben wir bei diesem Lied. Dessen Refrain beinhaltet unter anderem auch den Titel des Albums. Kündigt sich hier die erste Singleauskopplung an?
DS: „au revoir tristesse“ wird nicht nur unsere erste Singleauskopplung sein, sondern auch unser erstes Musikvideo. Und dafür haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen:
Wir haben aus vielen Einzelbildern ein animiertes Video gebastelt, handgemachte zweidimensionale Requisiten fotografiert und auch unser tragischer Held ist eine minimalistisch umgesetzte Comic-Figur, die durchlebt, wovon die Musik erzählt.
Eine Ode ans Leben.
JK: Wer sind eure musikalischen Vorbilder und wie beeinflussen sie eure Musik?
DS: Vorbilder spiegeln irgendwo immer das wieder, wo du dich selbst gerade stehen siehst.
Und mit der eigenen Veränderung kommen und gehen Vorbilder. Ein recht stetes Vorbild von mir ist Dave Matthews Band, die unglaublich lebensbejahend und düster zugleich klingen kann. Auch der apokalyptische Ansatz von Radiohead spricht mich sehr an oder die Erzählweise von Bob Dylan.
Allerdings: Schreibst du Lieder auf Deutsch, hast du neben dem freieren Umgang mit der Sprache selbst nochmal mehr Freiraum, weil du dich beim Songschreiben nicht so bald in ein Netz von Altbekanntem und „Immer-schon-Dagewesenem“ verhedderst.
JK: Wer sind deine härtesten Kritiker?
DS: Mein härtester Kritiker, das bin ich selbst. Und das ist noch nicht einmal gelogen.
JK: Wo kann man [kaleidoskop] dieses Jahr noch live sehen?
DS: Nach den Konzerten in Voll- und Unplugged-Besetzung in nächster Zeit einmal, ganz der Singer/Songwriter-Tradition folgend, in Form von Solo-Abenden, die den intimsten Rahmen bilden für Lieder, die zuallererst vom Text getragen sind.
JK: Wie sehen die künftigen Pläne von [kaleidoskop] aus?
DS: Die Leidenschaft will immer nach vorn, aus den Fehlern lernen, dem inneren Kern näher kommen. Musikmachen an sich motiviert zum Musikmachen. Ich hab schon ein paar neue Lieder im Gepäck. Und ich freu mich schon jetzt darauf, sie auszupacken.
JK: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Viel Erfolg mit eurem neuen Album.