Unser gewohntes Leben wird derzeit heruntergefahren, gerät in Stillstand. Homeoffice, geschlossene Kindergärten und Schulen, Ausgangsbeschränkungen - nichts ist aufgrund des neuen Corona-Virus mehr so, wie es noch vor wenigen Wochen war. Was fängt man an mit der vielen Zeit, die man nun zuhause verbringt? Der Griff zum Smartphone ist verlockender denn je. Ole Kretschmann und Robin Bachmann haben eine Idee entwickelt, wie man sich mehr mit Büchern beschäftigt, aber trotzdem das Nutzergefühl eines Smartphones hat.
Von Smartphones und schlauen Büchern
Smartphones sind Fluch und Segen zugleich. Sie bieten uns die Möglichkeit, überall alle wichtigen und unwichtigen Informationen dabei zu haben, man kann mit ihnen spielen, Musik hören, fotografieren, Nachrichten verschicken, Fahrpläne abrufen, Einkäufe tätigen - und sogar telefonieren. Ja, das Smartphone ist zu einem Begleiter geworden, auf den viele Menschen nicht mehr verzichten wollen und können. Es ist aber auch ein Stressfaktor geworden, der uns zwingt, immer und überall erreichbar zu sein. Immer häufiger werden Kinderstimmen laut, die von ihren Eltern mehr Aufmerksamkeit wünschen. Aufmerksamkeit, die viel zu sehr in Smartphones fließt. Immer mehr Pädagogen und Kinderärzte weisen auf Fehlentwicklungen aufgrund zu früher und zu häufiger Smartphonenutzung bei Kindern hin. der sogenannte Handyknochen bringt orthopädische Beschwerden mit. Kurzum: Wir brauchen etwas, um von der smarten Sucht wegzukommen und uns digital zu entgiften. Freilich, das ist kein leichtes Unterfangen, wenn eine Pandemie uns zwingt, zuhause zu bleiben, und doch kann man mit dieser Zeit so viel mehr anfangen. Kreativ werden und spielerisch den digitalen Verlockungen widerstehen, lautet das Motto. Ein entsprechendes Hilfsmittel dafür hat sich Ole Kretschmann mit seinem 15-jährigen Neffen Robin einfallen lassen.
Vom Smartphone zum Smartbook
Zusammen entwarfen sie ein Buch, dass all die Dinge bietet, die ein Smartphone ebenfalls hat, das darüber hinaus aber unsere Fantasie, unsere Kreativität und unseren Einfallsreichtum auf andere Art anregt. Auf eine analoge Art. Dabei liegt dieses Buch genauso gut in der Hand, wie ein echtes Smartphone, wurde es in genau der gleichen Größe und Breite geschaffen. Sein Cover gleicht einem Sperrbildschirm, mit Push-Notification und feld zum Entsperren. Nun nicht lange gezögert und schnell das Buch entsperrt, äh aufgeklappt. Wieder zeigt sich ein typisches Smartphone-Bild: die Eingabemaske für den Zugangscode und den Finger-Scan.
Dieser Stil - die Seiten wie ein Smartphonedisplays aussehen zu lassen - zieht sich durch das gesamte Buch. Wir finden Datenschutzerklärung und Systemeinstellungen, wir können auf den Seiten ein Profil anlegen - inklusive einem selbstgemalten Profilbild - Klingeltöne niederschreiben, Playlists erstellen, mit dem Chatbot lustige Nachrichten austauschen, wichtige Adressen und Telefonnummern festhalten, Kochrezepte nachschlagen. Wir finden hier eine Fitness-App mit Übungen für Finger- und Augenyoga, ja selbst Spiele können wir mit diesem cleveren Buch spielen.
Das Buch ist voller witziger und origineller Ideen, deren Gestaltung an Smartphone-Apps ausgerichtet ist. Genau das ist es, was uns letztendlich an ihm hängen lässt. Denn Beschäftigungsbücher zum Rätseln, Knobeln und Kreativwerden gibt zahlreichen Ausführungen. Doch keines von denen ist wie ein Smartphone konzipiert. Diese Bücher sind genau das: Kreativbücher. Sie verlangen zu viel und sind zu komplex aufgebaut - zumindest für den süchtigen Smartphonenutzer. Denn der will sich ablenken, berieseln lassen und einfach nur Spaß an der Tätigkeit mit seinem Gerät haben. Daher hat auch diese „nicht-dumme Buch“ sehr simple und schlicht konzipierte Anregungen, denen dennoch eine gewisse Raffinesse innewohnt, beispielsweise die Pixel-Art (aka Nonogramm). Wem es gelungen ist sein Smartphone tatsächlich gegen dieses Buch zu tauschen, es für das Buch zu vernachlässigen, der findet am Ende noch weitere tolle Tipps, wie man seiner Sucht nach der digitalen Verlockungen widerstehen kann. Und auch hier sind es keine dummen Inputs, die dem Leser geboten werden.
„Ich bin kein Dummes Buch“ ist auf den ersten Blick eine originelle, witzige Idee: Ein Buch, das wie ein Smartphone gestaltet ist, soll uns von der Nutzung des letzeren ablenken. Auf dem zweiten Blick ist es in der Tat eine originelle Idee, die uns erkennen lässt, wie sehr wir diesem modernen Spielzeug verfallen sind und dass es mindestens genauso viel Spaß macht, analog kreativ zu werden. Wer weiß, vielleicht bringt das Buch ja doch den einen oder anderen zum Umdenken und Einschränken seiner Smartphonenutzung.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:02/2020
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Umfang:112 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783948627003
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Preis (D):12,95 €