Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit

von Andreas Lehne, Gabriele Roithner
Rezension von Stefan Cernohuby | 05. Dezember 2015

Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit

Über die Zeit verändert sich alles. So machen selbst die ältesten Wahrzeichen von Städten mit langer Geschichte viele Veränderungen durch, auch wenn dies den meisten Menschen gar nicht bewusst ist. Das von Andreas Lehne und Gabriele Roithner verfasste Werk „Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit“ legt nicht nur Zeugnis davon ab, dass sich sogar die ältesten historischen Gebäude die eine oder andere Transformation hinter sich haben, sondern auch von vielen verpassten Chancen, Geschichte zu bewahren.

Bei manchen Gebäuden, die das Wiener Stadtbild schmücken, weiß man, dass irgendwann einmal etwas vorgefallen ist. War da nicht ein Brand? Oder irgendwas im Zweiten Weltkrieg? Meistens treffen solche Erinnerungen zu, aber die Details sind nicht bekannt. Dem Stephansdom, dem Wahrzeichen schlechthin, hat beispielsweise ein durch Plünderer verursachtes Feuer, den alten Dachstuhl gekostet. Dasselbe Feuer zerstöte 1945 auch das erste Haas-Haus am Stephansplatz. Und allen Bedenken zum Trotz wurde Anfang der 1990er das dritte Haas-Haus an derselben Stelle erbaut – ein Bau, der polarisiert. Während ein Brand in den Redoutensälen der Wiener Hofburg niemals wirklich geklärt werden konnte und der große Saal neu gestaltet werden musste, wurde die Albertina, ein Kunstmuseum in Wien, nach mehreren Bombentreffern im zweiten Weltkrieg stark verändert wiederaufgebaut, was ihr ein seltsam hybrides Erscheinungsbild verliehen hat.
Die bewegte Geschichte der „unterirdischen“ Staatsoper wird ebenso beleuchtet wie jene des Palais Ferstl. War es einst als Bank- und Börsegebädue entworfen worden, wurde es später in eine Sporthalle umgebaut und bietet jetzt dem Café Central ein Zuhause. Auch Sofiensäle und Riesenrad wurden Opfer von Bränden aber wieder aufgebaut. Darüber hinaus gibt es Geschichte(n) über Bahnhöfe, Bäder, die Rudolfstiftung und das 21er Haus. Sie alle haben kleinere und größere Veränderungen durchgemacht, einige von ihnen sogar Reisen unternommen. Und doch fibt es auch Gebäude, die das Stadtbild geprägt haben, vernachlässigt, vergessen und abgerissen wurden. So spricht das Buch auch von vergebenen Chancen historisches zu bewahren und dokumentiert einige verlorene Perlen im Stadtbild, die mit ein wenig Anstrengung gerettet hätten können. Darunter das Kaffeehaus auf dem Konstantinhügel, das Palais Erzherzog Rainer oder dem Nordbahnhof. Jedes Kapitel wird durch Schwarz-Weiß-Illustrationen aus unterschiedlichen Jahren ergänz.

Ein bisschen Nostalgie ist selten falsch, besonders wenn man sich in einer Stadt aufhält, die so viel Geschichte beherbergt wie Wien. Dass man viel von dieser Geschichte auch noch ansehen, betreten und unter Umständen auch angreifen kann ist jetzt nicht überall auf der Welt der Fall. Allerdings ist es falsch zu glauben, dass sich an historischen Gebäuden seit ihrem Entstehen niemals etwas geändert hat. Im Gegenteil. „Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit“ zeigt derartige Irrtümer, frischt Erinnerungen auf und führt den Leser an Details und Geschichten heran, die diesem bisher möglicherweise verborgen geblieben sind. Dabei wird man nicht mit Fakten erschlagen sondern lediglich mit den relaventen Informationen für die einzelnen Gebäude und Orte versorgt. Das einzige Manko, wenn man es so nennen will, ist die Vollbebilderung mit Schwarzweiß-Fotos. Natürlich gibt es von vielen der fotografierten Objekte keine Bilder in Farbe, aber gerade wenn es um den aktuellen Zustand geht, sind die farblosen Bilder ein wenig unbefriedigend. Allerdings ist das auch nachvollziehbar, denn gerade einmal die Hälfte des Buchs mit Farbillustrationen zu versehen, wäre wohl auch nicht ideal. Insgesamt ist das Werk jedoch eindeutig allen zu empfehlen, die sich der Stadt Wien und ihrer Geschichte nahefühlen. Denn mit ihm kann man einige Lücken, vor allem was die historische Entwicklung von bekannten Gebäuden angeht, füllen.

„Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit“ ist ein interessantes Werk, das die Veränderung der titelgebenden Sehenswürdigkeiten gekommt einfängt und zusammenfasst. Wissenswerte Details, Entscheidungsträger und Verantwortliche für Erhalt, Veränderung oder auch Zerstörung von Gebäuden sowie die wichtigsten Jahreszahlen sind enthalten. Sie werden ergänzt durch Schwarzweiß-Fotos und illustrieren deren Geschichte bis zur Gegenwart. Für alle Wiener mit starkem Bezug zur Stadtgeschichte und andere Liebhabern der Stadt ist dieses Werk eine Empfehlung wert.

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