Wenn sich eine gestandene Sterneköchin, übrigens die erste und einzige in Österreich mit zwei Michelin-Sternen, mit dem Thema Kräuter und gesunde Küche auseinandersetzt, dann muss zumindest ein Buch herausschauen. Mit ihrem vierten Kochbuch hat sich Johanna Maier ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. „Ein ‚Lebensbuch‘ sollte es werden, das von einer Generation an die nächste weitergereicht wird und das unser Leben auch in Zukunft bereichern wird.“ Das Interesse für eine gesunde, bodenständige Küche ging bei Johanna Maier im Laufe der Jahre so weit, dass sie schließlich eine Ausbildung in traditioneller europäischer Heilkunde absolviert hat.
Die Erkenntnisse dieser Ausbildung finden sich in den ersten 70 Seiten des Buchs wieder. Hier gibt es eine ausführliche Warenkunde, die zwar jetzt keine echten Überraschungen zutage fördert, aber zumindest nicht ganz so oberflächlich ist, wie in den so populären „Iss-dich-gesund-mit-Superfood XY“-Büchern. In dieser Warenkunde sind auch Basisrezepte eingestreut, die im eigentlichen Rezeptteil immer wieder referenziert werden. Mitten in dieser Wohlfühloase gibt es jedoch auch den einen oder anderen Blick auf die Geschäftsfrau Johanna Maier: Ihre Gewürzmischungen, die bei vielen Rezepten den wesentlichen Kick ausmachen, bleiben weiterhin ein gut gehütetes Geheimnis, mehr als die Inhaltsangaben der käuflich erwerbbaren Gewürzmischungen gibt es im Buch nicht zu lesen. Wer also selbst nicht so gern in der Küche experimentiert, wird im Onlineshop von Johanna Maier gegen Einwurf barer Münze fündig werden.
Dass sie die Sache mit dem „Lebensbuch“ ernst nimmt, wird eigentlich gleich bei einem Blick auf das Inhaltsverzeichnis klar. Die Rezepte werden nicht nach für Kochbücher üblichen Kriterien sortiert, wie beispielweise nach Saison oder Speisenkategorie, sondern nach Lebenslagen. Da gibt es Gerichte für den Familiensonntag, für Verliebte, für Kinder, für spontane Gäste, für morgens, abends oder für die kleinen Unpässlichkeiten des Alltags. Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis lohnt sich übrigens, denn dort wird ganz nebenbei vermerkt, dass (fast) alle Rezepte auf vier Personen ausgerichtet sind. Wem die vorgeschlagenen Lebenslagen etwas zu eklektisch sind, findet die konventionelle Anordnung der Rezepte nach Kategorien im Register. Was man übrigens vergeblich sucht sind Hinweise auf Lebensmittelunverträglichkeiten, die in den letzten Jahren spürbar mehr Laufmeter in den Kochbuchregalen einnehmen.
Die Rezepte sind sehr gut lesbar und übersichtlich gestaltet. Die meisten Gerichte bestehen aus mehreren Komponenten, für die es jeweils eigene Zutatenlisten gibt. Danach folgen die einzelnen Kochschritte, die selbst für anspruchsvolle Gerichte vergleichsweise kurz ausfallen. Die gesamte Zubereitungsdauer, also inklusive der erforderlichen Wartezeiten, bildet den Abschluss. Diese Zeitangaben sind allerdings mit etwas Vorsicht zu genießen, sie sind auf jeden Fall am unteren Ende angesiedelt. Insgesamt sind die Rezepte sehr zutatenlastig, erfordern also mehr Aufwand beim Einkauf. Das hat auch unweigerlich zur Folge, dass Reste entstehen. Diese Nebenerscheinung wird im gesamten Buch jedoch geflissentlich übergangen. Da verschwinden fünf Eidotter im Grießflammeri, während die Salzburger Nockerl entsprechend mehr Eiklarüberhang benötigen. Die Verbindung zwischen diesen beiden Rezepten sucht man vergeblich. Kann eine Küche wirklich rundum gesund sein, wenn sie doch etwas sorglos mit Lebensmitteln umgeht?
„Meine gesunde Küche“ ist ein aufwändig und hochwertig gestaltetes Kochbuch, das mit einem ehrgeizigen Konzept eines Kochbuchs für alle Lebenslagen startet und dann doch nicht mehr ist als eine, zugegebenermaßen originell, angeordnete Sammlung solider, alltagstauglicher Rezepte einer Sterneköchin. Wem das genug ist, der darf allerdings gerne zugreifen.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:10/2016
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Umfang:256 Seiten
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Typ:Hardcover
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ISBN 13:9783710401084
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Preis (D):30 €