Wenn es um Ratgeber geht, die das Thema Schreiben behandeln, gibt es derer nicht wenige. Demnach müsste es ziemlich einfach sein, das Schriftstellerhandwerk aus Büchern zu lernen, einen Roman zu schreiben, diesen bei einem Verlag einzuschicken und danach ein Star zu werden, oder? Nicht wenn man das Wesentliche aus den Augen verliert. Genau darum geht es in Hans Peter Roentgens Buch "Vier Seiten für ein Halleluja", das im Sieben-Verlag ein neues Zuhause gefunden hat.
Warum eigentlich vier Seiten? Etwas, was der Autor dieses etwas anderen Schreibratgebers gleich in der Einleitung erläutert. Verlagslektoren prüfen von neu eingegangenen Manuskripten in der Regel nur genau diesen Seitenumfang, bevor sie sich entschließen weiterzumachen oder eine der üblichen Absagen zu verschicken. Aus diesem Grund hat Hans Peter Roentgen Autoren aufgefordert, ihm die ersten vier Seiten ihres Romans zuzuschicken. Mit deren Zustimmung wird nun erläutert, was für Schwachpunkte einige der eingegangenen Texte haben, wobei er sich auf die häufigsten und augenscheinlichsten Fehler bezieht. So geht er unter anderem darauf ein, wie Personen weiterentwickelt werden können und wie man für Geschichten die richtige Erzählperspektive wählt. Er erläutert nebenbei was ein Infodump ist und wie man Abschnitte auf den wesentlichen Inhalt reduziert.
Danach wird behandelt, wie man unnötige Wiederholungen vermeidet, beziehungsweise minimiert, wie Konfliktsituationen glaubhaft dargestellt werden und inwiefern Anlehnungen an bekannte Literatur "erlaubt" sind. Es wird Brainstorming betrieben, der innere Zensor im Zaum gehalten wenn er nicht benötigt wird und auf die Ideen losgelassen, sobald es erlaubt ist. Man kämpft gegen 08/15-Lösungen, versucht die richtigen Erzählzeiten einzuhalten und vermeidet passiv zu schreiben.
Wieso eigentlich "man"? Weil Hans Peter Roentgen für seine Leser in jedem Kapitel zumindest eine Übung zu dem behandelten Thema definiert hat, manchmal auch mehr.
Nach einigen weiteren hilfreichen Kapiteln wird abschließend auch der Umgang mit Kritik angesprochen, sowie die Aussichten einen Verlag zu finden - was vielleicht ein wenig ernüchternd sein mag. Zuletzt werden noch einige häufig verwendete Begriffe erläutert und interessante Links und Literaturhinweise vorgestellt.
Schon das Cover von "Vier Seiten für ein Halleluja" wirkt gegenüber dem Vorgängerverlag, der hier allerdings nicht genannt werden muss, als deutliche Verbesserung. Eine echte alte Schreibmaschine sieht gegenüber einer gezeichneten eindeutig überzeugender aus. Leider ist dem Sieben-Verlag beim rückseitigen Text ein kleines Malheur unterlaufen, denn dieser wurde so formatiert, dass die oberste Zeile zur Hälfte abgeschnitten wurde.
Dies ändert aber nichts am Inhalt. Gleich in der Einleitung lässt Hans Peter Roentgen einige Anspielungen auf andere Werke einfließen, die zum Teil übersteigerte Hoffnungen in Hobbyautoren wecken. So stellt er dezidiert fest, dass er keine todsichere Methode vermittelt, "wie man einen verdammt guten Roman schreibt", sondern dass sein Werk sich der Aufgabe widmet, die Schwächen von Texten zu erkennen, um selbige danach zu verbessern.
So präsentiert sich auch das ganze Buch. Akribisch werden die Auszüge der Texte analysiert und nach dem jeweiligen Themenschwerpunkt Verbesserungsvorschläge zu eindeutigen Schwächen geliefert. Der Leser hat selbst die Möglichkeit, schon während des Lesens die enthaltenen Defizite zu erkennen und kann nach der Analyse anhand eigener Schriftstücke - sofern vorhanden - nach ähnlichen Mankos Ausschau zu halten. Durch den modularen Aufbau des Buchs und die Herangehensweise an Themenblöcke anhand ausgewählter freiwillig eingereichter Romananfänge ist "Vier Seiten für ein Halleluja" eines bestimmt nicht: Ein Werk, das sich mit der kompletten Palette des schriftstellerischen Handwerks beschäftigt und alle Fragen beantwortet. Da dies aber nie die Intention dieses Werks war, sondern vielmehr jene, Ansatzpunkte für Verbesserungspotential zu erkennen und an diesen aktiv zu werden, kann weder Buch noch Autor ein Strick daraus gedreht werden. Somit ist "Vier Seiten für ein Halleluja" tatsächlich ein etwas anderer Schreibratgeber, der all jenen, die sich darauf einlassen, dabei helfen kann, ihre eigenen Texte zu verbessern.
Hans Peter Roentgens Schreibratgeber "Vier Seiten für ein Halleluja" ist ganz bestimmt kein Werk, das alle Fragen im Bezug auf Literatur beantwortet, was aber schon im Vorhinein klargestellt wird. Stattdessen liefert es zahlreiche Möglichkeiten, Schwächen von Texten zu erkennen und selbige zu verbessern. Da sowohl Ausführungen als auch Übungen sehr gut gelungen sind, ist dieses Buch durchaus empfehlenswert.
Details
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Sprache:Deutsch
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Erschienen:11/2008
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Umfang:148 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783940235367
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Preis (D):12,9 €