Unsichtbare Bücher


Übersetzung und Vorwort Ulrich Faure
von Thomas Heerma van Voss
Rezension von Gerd Scherm | 22. Februar 2020

Unsichtbare Bücher

"Freud und Leid eines Kleinverlages: Ob in Berlin oder Amsterdam, überall das gleiche Problem. Man macht die schönsten und wichtigsten Bücher, rekrutiert Heerscharen an Facebook-Freunden - aber wie kommen sie unters Volk, wenn sich der Buchhandel sperrt? Thomas Heerma van Voss (*1990), hierzulande bekannt durch den Roman "Stern geht" und den mit seinem Bruder Daan gemeinsam verfassten Thriller "Zeuge des Spiels" war schon während seines Studiums Verleger in einem solchen engagierten Kleinverlag. Mit "Unsichtbare Bücher" hat er einen humorvoll-wehmütigen Rückblick auf seine Zeit als Verleger geschrieben, der nun, nach den Niederlanden und den USA, endlich auch in Deutschland veröffentlicht wurde."

Edition Thomas Seng – noch mehr unsichtbare Bücher?

Die Idee der Edition Thomas Seng ist es, deutsche Erstausgaben von Gedichten, Erzählungen und Essays in schöner Aufmachung herauszugeben. Ein Konzept, über das sich jeder Buchfreund freut – Klasse statt Masse. Doch gab es da in den letzten Jahrzehnten nicht viele, bedauerlicher Weise zu viele, die genau mit diesem Vorhaben gescheitert sind?

Dr. Thomas Seng ist keineswegs ein Newcomer im Verlagsgeschäft, im Gegenteil: Er ist seit vielen Jahren in diesem Bereich tätig. Er weiß, welches Risiko er eingeht, wenn er Bücher jenseits des Stapelverkaufs ansiedelt, dort wo die Gewinnzone sehr schmal ist. Gemäß dem Motto „Verliere nie die Zuversicht“ wagt sich Thomas Seng in den unüberschaubaren Ozean der Literaturerzeugnisse.
Ist es Ironie, dass der erste Titel der neuen Edition das Scheitern besonderer, gut aufgemachter Bücher zum Thema hat? Die Geschichte „Unsichtbare Bücher“ von Thomas Heerma van Voss erzählt die Geschichte von liebevoll ausgewählten und sorgfältig gedruckten Büchern, die im Handel schlicht unsichtbar bleiben. Weil keiner sie sieht, weil niemand sie mit viel Aufwand an Geld und Medienpräsenz in die Regale drückt oder gar den Buchhändler zu Stapelverkäufen animiert.
Warum ausgerechnet dieses Buch zum Start einer neuen Edition? Spiegelt sich Thomas Seng selbst in Reinjan Mulder, dem Finanzier des Verlags Babel & Voss, der in den „Unsichtbaren Büchern“ im Gespräch mit einem Autor sagt „Und ehe ich es vergesse: Ich will höchstens zweitausend Euro mit diesem Titel verlieren“?

Wohnt in jedem, also auch diesem Anfang schon das Ende? Ist es ein morbides Spiel mit dem Misserfolg? Was erhofft sich ein „Buchveteran“ von einer Reihe, die mit dem Titel „Unsichtbare Bücher“ startet? Wo es doch bei Büchern gerade um die Sichtbarmachung von Literatur geht. Ist es kokett oder dreist, ist es das berühmte Pfeifen im Wald oder ist es der Trotz, der Hoffnungen überleben lässt?
Das berühmte Motto der Seefahrer: „Ein Schiff im Hafen ist sicher, aber dafür werden Schiffe nicht gebaut“ - übertragen auf die Buchbranche? Auf zu neuen Gestaden, zu unentdeckten Küsten? Ist es die Sehnsucht, Neues, Fremdes zu entdecken, verborgene Schätze zu heben? Es muss ja nicht gleich der Heilige Gral sein, die eine oder andere Perle wäre auch schon schön. Ich bin sicher, Thomas Seng wird welche finden und ich bin zuversichtlich, dass dieses Projekt einige sehr schöne Früchte tragen wird. Er macht diese Edition, weil er an schöne Bücher glaubt und weiß, dass auch die kleine Form überaus reizvoll ist.

Reich wird mit solchen Büchern keiner, weder Verleger, noch Autor. Aber ohne solche Bücher wäre die Literatur um vieles ärmer.

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