Mord in der Villa Mafiosa

von Michaela Küpper, Marlies Müller
Rezension von Stefan Cernohuby | 14. September 2016

Mord in der Villa Mafiosa

Wenn die „Ehrenwerte Gesellschaft“ in Italien zusammenkommt, weiß man, dass Gesprächsthemen nicht unbedingt harmloser Natur sind. Besonders, wenn einer aus ihrer Mitte das Zeitliche segnet. Und wenn der Titel eines abendlichen Krimispiels bereits „Mord in der Villa Mafiosa“ lautet, kann man sich auf einiges gefasst machen. Wir haben keine Mühen gescheut und das abendfüllende Event mit kulinarischem Hintergrund richtig zelebriert.

Denn „Mord in der Villa Mafiosa“ ist nicht nur das erste Spiel aus dem Hause Gmeiner, bei dem man in unterschiedliche Rollen schlüpfen muss und gemeinsam versuchen, den Mörder zu finden, es enthält noch weit mehr. Ein Bestandteil des Spiels ist das gleichermaßen amüsant wie hochwertig ausgearbeitete Kochbuch „Italien – Kochen mit Corleone & Co“, das seine Rezeptideen auf die vorkommenden Charaktere münzt und dadurch Inspirationen bietet, was man passendes für den Abend kochen möchte. Da sind beispielsweise Signor Colerone, der eine Vorliebe für Dolche – pardon, Dolce – besitzt. Und für Ohren, die sich in Form von Pasta und Muscheln niederschlägt. Oder Contessa Caprese, die sich für Gemüse aller Art begeistern kann – egal ob als Antipasti oder als Salat. Da bevorzugt Il Comandante, Sohn eines Metzgermeisters, natürlich schon eher etwas Handfestes.
Doch zurück zum Spiel. Sieben Spieler und der Gastgeber finden sich bei letzterem ein. Dieser erklärt die Spielregeln und verteilt an jeden Spieler sechs Kärtchen. Diese sind in aufsteigender Reihenfolge nummeriert und müssen im Rahmen der Ermittlungen in selbiger wiedergegeben werden. Durch die entstehenden Diskussionen und Streitereien zwischen den Charakteren erfährt jeder Spieler wertvolle Details, über Uhrzeiten und Verdächtigungen. Im Rahmen der letzten Runde äußert jeder Spieler seinen Verdacht, beziehungsweise seine Beschuldigung, danach einigt man sich auf einen Mörder… und zu guter Letzt wird der Fall durch den Gastgeber aufgelöst.

Klingt einfach, ist es auch. Das hat sowohl positive als auch negative Aspekte. So läuft der ganze Fall wie auf Schienen. Die vorgegebenen Statements lassen, selbst bei großzügiger Auslegen, den Verdacht der Spieler auf eine bestimmte Person fallen. Selbst mit wirklich herausragendem Rollenspiel, das durch den engen Rahmen eingeschränkt wird, kann dies kaum verhindert werden. Gleichzeitig muss man natürlich sagen, dass es sich um den ersten Versuch von Gmeiner handelt, ein neues Marktsegment anzusteuern, nämlich ein selbst organisiertes Krimi-Dinner. Zudem kann man das Spiel als Möglichkeit für Einsteiger betrachten, die mit dem Genre bisher noch nichts zu tun hatten – dann funktioniert das Konzept bestimmt. Kritikpunkte gibt es trotzdem einige. Denn das Kochbuch enthält beispielsweise so viele Informationen über die Charaktere, dass man tatsächlich der Gastgeber sein muss, um zu kochen – ansonsten würde eine andere Person zu viel über die Mitspieler wissen. Dann sind da die Notizbögen für alle Spieler, um sich die Zeitabläufe zu notieren, um Alibis zu überprüfen und potenzielle Mörder zu identifizieren. Diese Bögen sind zwar wunderschön designt und detailliert, erwiesen sich im Laufe des Spiels jedoch als völlig irrelevant, beziehungsweise redundant. Denn alle relevanten Informationen konnte man schließlich in zwei Sätzen zusammenfassen.
Auch die Texte sollte man noch einmal gegenchecken. Wenn Mazzini feststellt, dass er Mazzini noch eine Henkersmahlzeit gegönnt hätte, ist etwas schiefgelaufen.
Um die Meinungen zu evaluieren haben alle Mitspieler gebeten, ein kurzes Statement zu ihrer Spielerfahrung von „Mord in der Villa Mafiosa“ bei Gastgeber Toni Travoni abzugeben.

Spielerstimmen

Mord in der Villa Mafiosa - Tante Helga

Janett / Tante Helga

Das Spiel läuft sehr geradlinig und einfach ab. Der oder die MörderIn wird schnell gefunden, da er oder sie sich zu keiner Zeit ein Alibi verschafft oder versucht durch Lügen und das Streuen falscher Spuren versucht sich herauszureden. Verwirrend ist auch, dass die Nebencharaktere zwar nicht besetzt werden müssen, dennoch wichtige Informationen im Spiel einfließen lassen sollten, was dann von anderen vorgelesen werden müssen. Somit sollten entgegen der Spielbeschreibung alle acht Charaktere mitspielen.

Mord in der Villa Mafiosa - Mazzini

Manfred / Mazzini

Am wichtigsten ist die Fantasie der Mitspieler. Und das Essen. Es ist aber schon interessant, dass man über die Mafia so viel Späße machen kann.

Mord in der Villa Mafiosa - Signor Corleone

Gabriel / Signor Corleone

Das Spiel bietet den Spielern eine Menge an Informationen rund um ihre Charaktere und das Geschehen. Leider versucht es gleichzeitig durch 'geskriptete' Ereignisse alle auf einen Pfad zu bringen, so dass sich ein freies Spiel kaum entfalten kann. Dennoch sorgt das amüsante Trash-Gangster Szenario mit den richtigen Leuten für witzige Unterhaltung.

Mord in der Villa Mafiosa - Black Betty


Elisabeth / Black Betty

Hercule Poirot wäre vielleicht etwas gelangweilt, aber mit der Ouvertüre eines gemeinsamen Essens macht das Lösen des Falles Spaß, vor allem wenn die Beteiligten auf ihre verborgenen schauspielerischen Talente hervorkramen.

Mord in der Villa Mafiosa - Il Comandante

Michael / Il Comandante

Die unübliche Kombination von Rezepten mit einem Rollenspiel macht nicht nur satt sondern auch noch Spaß.
Leider ergeben sich schon vorab Hinweise auf den Mörder, da manche Rollen optional sind. Nicht besetzte Rollen sind ebenfalls dem Spielfluss nicht zuträglich.
Aber auch wenn man es durch die vorgegebene Handlung nur einmal spielen kann: ein kurzweiliger Abend mit Ermitteln, gegenseitigem Beschuldigen und Verdächtigen ist garantiert.

Mord in der Villa - Schwester Ignatia

Doris / Schwester Ignatia

Für mich (als nicht geübte Rollenspielerin) ;-) war diese etwas andere Art des Spielens auf jeden Fall sehr lustig und unterhaltsam. Ein paar Details sind für mich aber noch verbesserungswürdig (z. B. war teilweise viel zum Ablesen auf den Karten, die Reihenfolge mit den Karten fix vorgegeben etc.). Trotzdem würde ich das Spiel nochmal spielen (wenn ich den Mörder nicht schon kennen würde…).

 

Den zahlreichen Bemängelungen steht allerdings eine relativ einfache Tatsache gegenüber, nämlich der Spaßfaktor des Spiels. Unsere sieben Spieler hatten eine Menge Spaß, mit Antipasti, Wein, dem Likör der permanent häkelnden Tante Helga und auch dem aufgesetzten italienischen Akzent, den alle Mitspieler – bis auf die Kölnerin Helga – kultivierten. Rein von technischen Aspekt her hat das Spiel von Michaela Küpper und Marlies Müller etliche Schwächen, die man in Hinblick auf weitere ähnlich geartete Szenarios besser ausmerzen sollte. Doch insgesamt hat der Abend viel Spaß gemacht, was sich letztendlich auch in der finalen Bewertung niederschlägt.

Details

Bewertung

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