Rolemaster

Rolemaster Charakterhandbuch

von Erik Dewey
Rezension von Stefan Cernohuby | 11. Februar 2009

Rolemaster Charakterhandbuch

An Pen&Paper-Rollenspiele kann man aus verschiedenen Richtungen herangehen. Zum einen ist da die regeltechnische Variante. Man versucht sich jeden Paragraphen einzuprägen und diesen bei Gelegenheit hervorzuzaubern, um ihn sinnvoll zu nutzen. Das Gegenteil davon stellen hohe Anforderungen an möglichst realistisches Rollenspiel dar. Nur wenige Rollenspiel-Systeme bieten so ausgeglichene Regelwerke an, dass gutes Rollenspiel und sinnvolle Charakterausarbeitung sich auch direkt auf die Charaktere auswirken. "Rolemaster" ist jedoch eines davon, daher erwartete man sich vom "Charakterhandbuch" sehr viel.

Im Zweifelsfall benötigt man für das Spielen eines Rollenspiels nicht mehr als Grundregelwerk, Charakterbögen und einige Würfel. Das ist auch bei "Rolemaster" nicht anders. Trotzdem bietet das neue "Charakterhandbuch" Möglichkeiten, die nicht ungenutzt bleiben sollten.
Gleich zu Beginn wird auf unterschiedliche Schwierigkeitsgrade hingewiesen und wie selbige bei verschiedener Spielausrichtung gehandhabt werden können. Nach dieser kurzen Einführung werden Völker und Kulturen näher behandelt. Hier befindet man sich bereits auf dem ersten Schritt der Vertiefung der normalen Regeln. Denn nutzt man das Charakterhandbuch, wird beispielsweise die Grundrasse der Menschen durch eine zusätzliche Kultur ergänzt, was starke Unterschiede zur Folge haben kann. Neu vorgestellt werden im Charakterhandbuch folgende Völker: hybride Menschen, Grauelfen, Hochelfen, normale Orks, große Orks, Halbelfen und Halborks. Hybride Menschen sind - nur der Begriffserklärung halber - eine Mischung aus Hochmenschen und normalen Menschen. In diesem Kapitel werden gewissermaßen die Standardrassen- und Völker des Fantasy-Genres vorgestellt. Behandelt werden dabei stets ihre Eigenschaften, Fähigkeiten, ihre Kultur, ihr Verhalten und vieles mehr. Auch Attributsboni und -mali werden angeführt.
Danach geht es in anderer Hinsicht weiter in die Tiefe. Im Grundregelwerk wurden ja nur neun Berufe vorgestellt. Diese werden hier durch alle Berufe aus anderen Regelwerken sowie zwei neue ergänzt. Von A wie Animist bis W wie Wunderheiler hat man eindeutig mehr Wahlmöglichkeiten.
Mit Kapitel 4 erreicht man nun etwas, was es in anderen Rollenspielen eigentlich überhaupt nicht gibt: Ausbildungspakete. Was lernt ein Charakter eigentlich, wenn er jahrelang als Abenteurer durch die Wälder zieht? Oder welche Fähigkeiten würde man erwerben, wenn man als Bauer sein Dasein fristet? Mit den notwendigen Punkten und vor allem der entsprechenden Zeit kann jeder Charakter in den Genuss eine solchen "Weiterbildung" kommen und die entsprechenden Fertigkeiten und Steigerungen erwerben.
Auch Talente werden um einiges anders gehandhabt. Eingeteilt in geringe, niedere, höhere und überragende Talente kann man relativ gut steuern wie mächtig oder übermächtig Charaktere werden können oder sollen. Hier hat der Spielleiter auf jeden Fall eine wichtige regulierende Aufgabe. Die Talente selbst decken ein sehr breites Spektrum ab. Sie reichen von einfachen Fähigkeiten wie Beidhändigkeit bis zu spontan möglicher Teleportation.
Nach einem kurzen Kapiteln, das Stand, Reichtum und Gegenstände behandelt, wird es wieder interessant, denn nun kommen Makel ins Spiel. Ob Stottern oder völlige Blindheit, so gut wie alles ist möglich. Es gilt nun eine ausgewogene Mischung aus Makeln und Talenten zu finden, um einen überzeugenden Charakter zu erschaffen.
Anschließend an den Lebenspfad des Charakters widmet sich das Buch in weiterer Folge einigen Zusatzregeln für Fähigkeitseinsatz und dem Erlernen von Fertigkeiten, sowie der Wirkung selbiger.
Abschließend hält das "Charakterhandbuch" noch Optionale Regeln - unter anderem für die magische Balance - sowie Übersichtstabellen für alle Kapitel.

Schon wenn man das "Charakterhandbuch" von "Rolemaster" zum ersten Mal zur Hand nimmt, wird einem klar, dass es sich hierbei nicht um ein halbgares Regelwerk handeln kann. Zu schwer wiegt der Inhalt.
Dieser erste Eindruck ändert sich weder auf den ersten Seiten, noch während des gesamten Rests. Man hat sich hier nicht damit begnügt, einige weitere Regeln in einem Buch unterzubringen. Im Gegenteil, hier wird ernsthaft die Aufgabe in Angriff genommen, zweidimensionales Rollenspiel zu unterbinden. Sowohl im Bereich der Völker, als auch bei Talenten und Makeln hat man die Möglichkeit, nahezu unzählige Konstellationen eines Charakters herzustellen - soweit das der Spielleiter erlaubt und für sinnvoll erachtet. Besonders gelungen sind auch die Ausbildungspakete, auch wenn teilweise in ihren Beschreibungen der eine oder andere unterschwellige Witz untergebracht ist. "Rolemaster" hat allzu starre Regeln immer abgelehnt und sich mehr in Richtung eines Baukastensystems entwickelt. Dieser Quellenband ist ein hervorragendes und gelungenes Beispiel für diese Evolution.
Abgesehen vom Inhalt können sich auch Design und Materialqualität sehen lassen. Nur wenige Regelwerke wirken so massiv und stabil wie das "Charakterhandbuch". Man hat nicht nur ein Bändchen, um den Inhalt zu markieren, sondern derer sogar zwei - Respekt! Was die Illustrationen angeht, bis auf die anfänglichen Völker sind eigentlich alle Bilder ein optischer Hochgenuss. Es gibt also wirklich nur wenige Gründe, sich das "Charakterhandbuch" zum Rollenspielsystem "Rolemaster" nicht zu kaufen. Jeder Spielleiter sollte hier unbedingt zugreifen.

Das "Charakterhandbuch" für das Rollenspielsystem "Rolemaster" ist nicht nur ein unverzichtbares Accessoire für die Dreidimensionalisierung von Charakteren, es enthält auch zahlreiche Regelerweiterungen, Anregungen und optische Leckerbissen. Daher kann dieser Regelband nur empfohlen werden.

Details

  • Autor*in:
  • Serie:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2008
  • Umfang:
    384 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3981171888
  • ISBN 13:
    9783981171884
  • Preis (D):
    44,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
    Keine Bewertung
  • Anspruch:
    Keine Bewertung
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Spieltiefe: