Annett Louisan überrascht in Wien
Beitrag von Stefan Cernohuby | 27. März 2017
Wenn sich deutschsprachige Künstler aus Österreichs liebstem Nachbarland die Ehre geben, muss das Konzert schon etwas Besonderes sein, um in der Wiener Stadthalle stattzufinden. Am 27. März 2017 gastierte Annett Louisan mit einer ganz speziellen Tour in Wien und wollte dies ihre Zuhörer auch fühlen lassen.
Kein neues Album
Tatsächlich ist es in der Regel so, dass Musiker mit einem neuen Album auf Tour gehen um dieses unter die Leute zu bringen. Annett Louisan hat überrascht und den Spieß auf ziemlich unkonventionelle Weise umgedreht und den Konzertbesuchern ihre neuen Lieder vorgestellt, ohne dass diese bereits auf einem Album erhältlich wären. Denn dieses ist noch am Wachsen. Genauso wie etwas anderes unter dem Herzen der Sängerin heranwächst.
Annett Louisan, aktuell noch nicht hoch-, aber dennoch sehr gut erkennbar schwanger legte besonders zu Beginn des Konzertes in einer gut gefüllten Halle D der Wiener Stadthalle mit einer eindrucksvollen Mischung an bereits bekannten und neuen Songs los. Darunter waren unter anderem „Kleine Zwischenfälle“ und „Drück die 1“, aber auch drei neuen Liedern („Zweites erstes Mal“, „Schnappi“, „Ich tu nur weh wenn ich liebe“), die allesamt gut beim Publikum ankamen. Dabei wechselte sie öfters die Gesichter, welche die Musik erzählten und variierte die Stimmung, welche die Musik erzeugte. Von leichter, beinahe kindlicher Textverliebtheit und Komplexität wechselte sie zu traurig-melancholischen und ein wenig nachdenklichen Stücken.
Eigenkompositionen und Coverversionen
Vor der Pause stammte nur ein Lied nicht aus ihrer Feder, bei diesem handelte es sich um einen Song von „Ich + Ich“. Nach der erwähnten Pause ging es zwar mit einer recht amüsanten Interpretation des Rammstein-Songs „Engel“ weiter, aber eben in ihrem Stil. Neben bekannten Songs wie „Er hat’s schwer“ und „Das Spiel“ gab es auch in diesem Abschnitt zwei neue Songs zu hören, wobei besonders „Belmondo“ einen äußerst witzigen und doch nachdenklichen Charakter aufweist. Aus der Fernsehshow „Sing meinen Song“ trat sie mit einem in Liedform gebrachten Hip-Hop-Stück von Samy Deluxe auf, was allerdings nicht wirklich überzeugen konnte. Ihr erklärtes Lieblingslied, den Klassiker „Bye Bye Love“, sang sie als einziges englischsprachiges Stück.
Bei der Zugabe ließ sie mit „Merci chérie“ sogar noch das Stück eines österreichischen Künstlers folgen.
Auch wenn man vermutlich noch eine ganze Weile auf das neue Album von Anett Louisan warten muss, verheißen die bereits präsentierten Stücke eine schöne Bandbreite an Liedern mit unterschiedlichen Stimmungen. Das Konzert selbst war größtenteils ruhig und getragen, wofür zwar sicherlich ein Grund dafür war, dass die Sängerin sich ein wenig schonen musste, es gab auf musikalischer Ebene aber keinerlei Einbußen – und ein Konzert von Annett Louisan besucht man in der Regel nicht wegen ihrer wilden Bühnenshow. Einziger kleiner Negativpunkt des Abends – aus dem Blickpunkt des Kritikers – sind tatsächlich die Coverversionen. Das Repertoire der deutschen Sängerin wäre groß genug um auf diese verzichten zu können und das Konzert konsistenter und stimmungsvoller zu gestalten. Aber das ist vermutlich Geschmackssache.