Otello darf nicht platzen

Beitrag von Stefan Cernohuby | 18. Juli 2015

Auch wenn wir erst zum zweiten Mal das Vergnügen hatten, die Komödienspiele Neulengbach zu besuchen, war die diesjährige Inszenierung dennoch ein Fixtermin dieses Sommers und wir waren sehr froh, wieder eine Einladung erhalten zu haben. Die Wahl der Intendanten ist 2015 auf das Stück „Otello darf nicht platzen“ von Ken Ludwig gefallen.

Im Vergleich zum Vorjahresstück „Charleys Tante“ handelt es sich bei „Otello darf nicht platzen“ um ein eher zeitgenössisches Stück aus dem Jahr 1986. Auch wenn die eigentliche Handlung in den 1930ern spielt, war es daher nicht ganz so schwierig, die Handlung in der Gegenwart anzusiedeln – insbesondere da die Zeit der „Drei Tenöre“ noch nicht so lange vorüber ist.
Das Stück beginnt im Hotelzimmer des Startenors Tito Morelli (Michael Werner), der allerdings noch nicht vor Ort ist, weil er sich - wie so viele große Stars - verspätet. Die Nervosität von Direktor Edi Neumann (Alois Frank) wird immer größer, ist er doch noch nicht einmal dazu gekommen, irgendeinen Teil der Inszenierung mit Morelli abzustimmen. Während ihn sein Assistent Max (Joseph Prammer) zu beruhigen versucht, trifft Tito Morelli mit seiner Frau Maria (Simone Fuith) ein. Dies trägt jedoch ebenfalls nicht zur Beruhigung von Edi bei, weil der große Tenor an einer Magenverstimmung leidet, die es ihm unmöglich macht, an den Proben teilzunehmen – für die Aufführung am Abend will er aber wieder fit sein. Das verspricht er zumindest. Währenddessen unterhält sich Tito mit Max und gibt diesem Mut, was dessen eigene Singversuche angeht – die beiden singen ein Duett aus Don Carlos.

Währenddessen hat sich Gabi (Barbara Braun), die Tochter von Edi Neumann, im Kleiderschrank der Hotelsuite versteckt, weil sie hofft, so ein Autogramm des Startenors zu bekommen. Als die überaus eifersüchtige Maria Morelli sie dort entdeckt, vermutet die Gattin des Tenors gleich das Schlimmste. Sie verfasst einen Abschiedsbrief und geht. Dieser Brief wirft Tito komplett aus der Bahn. Als er nach zahlreichen Beruhigungsversuchen und der Einnahme von einer Menge Beruhigungsmitteln, die ihm von mehreren Leuten zugesteckt werden, komplett ermattet auf dem Bett zusammenbricht, gelingt es Max und Edi nicht, ihn wieder zu wecken – sie halten ihn sogar für tot. In seiner Panik überzeugt Edi seinen Assistenten, sich selbst als Otello zu verkleiden und aufzutreten.

Natürlich führt das zu einer Menge Komplikationen. Da ist einerseits der überaus engagierte und begeisterte Page (Georg Hasenzagl), der sehr an einem Treffen mit dem großen Tenor interessiert ist und andererseits Diana Hohenberg, die weibliche Hauptrolle der Otello-Inszenierung. Sie erhofft sich durch einige wohlwollende Worte Titos (möglicherweise zu seinem Agenten, Operndirektoren und ähnlichem) über sie, und ist bereit dazu beinahe alles für eine Empfehlung zu tun. Auch Gabi Neumann, die von Max alles andere als heimlich verehrt und umworben wird, hat es auf den Tenor abgesehen. Natürlich wird nun alles kompliziert, weil in Wahrheit Max im Kostüm des Otello steckt. Als sich nach dem Auftritt von Max, der ein voller Erfolg war, herausstellt, dass Tito Morelli keineswegs verstorben ist und selbst als Otello kostümiert unterwegs ist, ist das Chaos perfekt...

Zum mittlerweile achten Mal fanden die Komödienspiele Neulengbach statt, zum ersten Mal mit bereits sechs Spieltagen – wobei jede einzelne Aufführung ausverkauft war. Man merkt also, dass sich die Inszenierungen mittlerweile zu einer fixen Größe etabliert haben.
Die Wahl des Stücks erwies sich für das Format, das auf einer Bühne mit absolut auf das Minimum reduzierten Kulissen stattfand, hervorragend. Denn jeder der Schauspieler kam auf seine Kosten, stand zwischenzeitlich im Mittelpunkt. Gerade diese Ausgeglichenheit in Punkto Spielzeit lässt das Ensemble seine Vielschichtigkeit demonstrieren und die humorvolle Handlung noch besser transportieren.
Obwohl natürlich Joseph Prammer die tragende Rolle innehatte, war die Leistung der kompletten Besetzung energiegeladen, voller Humor, aber ohne jemals zu reinem Slapstick zu verkommen. Man merkte, dass so viel Begeisterung vorhanden war, dass die Schauspieler in der einen oder anderen Situation improvisierten – eine unbeabsichtigte Position auf dem Fußboden für eine besonders witzige Darstellung nutzend oder das unabsichtliche Touchieren des Tisches mit einer Rose für ein gelungenes Augenrollen, die beide für zusätzliche Lacher sorgten. So ist es schade, dass es trotz des zusätzlichen Spieltags nur sechs Aufführungen gibt.

„Otello darf nicht platzen“, eine Komödie von Ken Ludwig, macht auch in der Gegenwart angesiedelt eine gute Figur. Denn Opernstars und ihre Allüren sind allzeit aktuell. Und dank der energiegeladenen und überzeugenden Darstellung des gesamten Ensembles kann die achte Auflage der Komödienspiele Neulengbach sechs komplett ausverkaufte Vorstellungen vorweisen. So hinterlässt die Inszenierung nicht nur einen humorvollen Nachgeschmack sondern einen kompletten, runden Gesamteindruck. Wir sind schon sehr gespannt, welches Stück für das nächste Jahr ausgewählt wird und freuen uns bereits jetzt auf dessen Inszenierung.

 

Joseph Prammer, Michael Werner (v. l. n. r.)

Joseph Prammer, Michael Werner (v. l. n. r.)

Simone Fuith, Barbara Braun, Theresa Prammer (v. l. n. r.)

Simone Fuith, Barbara Braun, Theresa Prammer (v. l. n. r.)