Read. Reflect. Relate. - Die Frankfurter Buchmesse 2024
76. Frankfurter Buchmesse
Beitrag von Janett Cernohuby | 22. Oktober 2024
In Frankfurt wurde einmal mehr die Liebe zum Buch gefeiert. Vom 16. bis 20. Oktober fand die Frankfurter Buchmesse statt - und es gab spannende Entwicklungen im Sektor Phantastik.
Buchmesse in Zahlen
Lassen wir uns zunächst einmal Bilanz ziehen. In diesem Jahr gab es neben inhaltlichen Neuerungen auch organisatorische Veränderungen. So wurde das Kontingent für Besuchertickets am Wochenende begrenzt. Schnell waren diese ausverkauft und trotz der Beschränkungen konnte die Messe einen Zuwachs verzeichnen. Es besuchten 115.000 Privatbesucher*innen die Buchmesse. Zum Vergleich, im Vorjahr waren es 110.000.
Auch sonst hat sich die Wachstumskurve der vergangenen Jahre fortgesetzt. Mit mehr als 4.300 Ausstellenden (Vorjahr: 4.000) und insgesamt 230.000 Besuchenden (Vorjahr: 215.000) gab es die Möglichkeit Bücher aus 153 Ländern (Vorjahr 130 Länder) zu entdecken.
Gastland Italien „Verwurzelt in der Zukunft“
Im Gastland-Pavillon konnte man in diesem Jahr einen Streifzug durch die Italienische Kultur und Buchszene machen. Mehr als 90 Autor*innen gaben Einblicke in die zeitgenössische italienische Verlagsproduktion. Architekt Stefano Boeri gestaltete den Pavillon als Piazza, dessen atmosphärischer Mittelpunkt zu zahlreichen Vorträgen einlud. Am Messesonntag übergab Italien die Gastrolle an die Philippinen, die unter dem Motto „Fantasie beseelt die Luft“ den Ehrengast 2025 stellen.
Phantastik und New Adult
Wer die Frankfurter Buchmesse regelmäßig besucht, weiß um den starken Besucherandrang in Halle 3.0, wo neben den Kinderbüchern auch die Phantastik-Verlage aufschlugen. Egal ob High Fantasy, Science Fiction, Horror oder Romantasy - das Publikum brauchte viel Geduld und staute sich zu seinen Zielen durch.
Das sollte 2024 so nicht mehr sein. Der Phantastik widmete man mit Halle 1.2 eine große und eigene Fläche. Allerdings war man bei der Namensgebung weder kreativ noch fachlich zutreffend und taufte sie schlicht „New Adult“. Lesende der älteren Generation fanden sich in der Bezeichnung zwar nicht wieder, waren aber dennoch willkommen. Hier gab es breite Gänge und viel Raum, Bühnen für Vorträge und Lesungen, sowie Signierinseln.
Hat sich diese Neuerung gelohnt? Und ob! Wirkten an den Fachbesuchertagen die Gänge noch überdimensioniert, änderte sich das schlagartig mit der Öffnung für Privatbesuchende. Nun zahlte sich die großzügige Raumplanung aus. Aufwändig gestaltete Cover lockten junge Lesende, die in den strategisch verteilten Buchhandlungen, aber auch an den Ständen selbst neues Lesefutter erwerben konnten. An diesem Erfolg haben große Social Media-Kanäle und Influencer einen beträchtlichen Anteil. Die Buchbranche freut sich über die Verkaufszahlen, die Kritiker aus dem Feuilletons rümpfen über das Genre nach wie vor die Nase. Für sie ist es ein Massenphänomen, bunte Bücher sind in ihren Augen ein Fetischobjekt.
Ein Stück weit hat ihre Kritik durchaus Berechtigung. Denn wenn junge Lesende zwischen 18 und 25 Jahre schmachtend zu Dark Romance Romanen greifen, die nicht unbedingt zum Genre der Phantastik gehören, in einem „Enemy to Lover“-Roman versinken, muss man die psychologischen Mechanismen dahinter in Frage stellen. Welche Bilder werden hier vermittelt? Welcher Stellenwert für die festgefahrenen Rollenbilder? Sollten Dark Romance-Bücher wirklich unmittelbar neben Romantasy aufgestellt, ja im gleichen pastellfarbenen Ton gehalten werden? Ein spannendes Thema, das in nächster Zeit sicherlich noch diskutiert werden wird.
Die Buchmesse Frankfurt hat mit ihrer Entscheidung für die neue Halle 1.2 jedenfalls einen neuen Weg eingeschlagen. Denn hier haben Fans der Phantastik - ganz gleich welchen dieser untergeordneten Genre - viel Raum für Autor*innenbegegnungen, für Buchentdeckungen und Austausch gefunden. Wir werden die Entwicklungen der Halle in den kommenden Jahren mit Interesse und Neugier beobachten.
Messeinterviews